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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 25.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 117 von 125

 

man sich als gelernter Österreicher gar nicht vorstellen! Unter diesen Staaten befinden sich Finnland – also eine gute bildungspolitische Benchmark – Norwegen, Spanien und auch die USA und Kanada. Dort liegt die Zäsur bei 16 Jahren. Es gibt einige Länder, in denen diese Entscheidung mit 15 Jahren gefällt werden muss, und in vielen Ländern mit 14. Außer in Österreich muss nur in Deutschland diese Entscheidung bereits mit 10 Jahren getroffen werden.

 

Was geschieht bei diesen Zäsuren? – Bei all diesen Zäsuren wird ausgesiebt, und zufälligerweise werden bei all diesen Zäsuren immer genau die ausgesiebt, deren Eltern nicht Akademiker sind oder deren Eltern keine Matura haben. Ich bin Soziologe, lieber Kollege Aichinger, und ich kann Ihnen sagen: Dafür gibt es sogar einen Begriff, das heißt Bildungstrichter. Das heißt, dass zum Beispiel bei Kindern von Akademikern im Durchschnitt bei jeder Zäsur zwischen 2 Prozent und 10 Prozent ausgesiebt werden; höchstens 10 Prozent, das kommt aufs Bildungssystem an. Bei Kindern von Pflichtschulabgängern beträgt dieser Anteil hingegen pro Zäsur, an der ausgesiebt wird, zwischen 30 und 50 Prozent.

 

Nun kann man sich das überlegen: Im österreichischen Bildungssystem gibt es eine, zwei, drei, vier Zäsuren. Das ist himmelschreiend ungerecht! Das ist das Gegenteil von individueller Förderung! Das sind zwei Gruppen. Wie heißt es da: Ins Kröpfchen und ins Töpfchen!? Das sind Gruppen, die als leistungshomogen bezeichnet werden – wirklich toll! –, und in diesen Gruppen geschieht genau was nicht? – Es wird nicht individuell gefördert.

 

Frau Kollegin Leeb! Sie reden von Zwei-Klassen-Bildung in Wien: Diese Art von Zwei-Klassen-Bildung haben Sie erfunden, diese verteidigen Sie und dagegen kämpfen wir an! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Jetzt zu Wien und zu uns: Was wollen wir genau, und was wollen wir nicht? – Wir wollen einen massiven Aufbau von elementaren Bildungseinrichtungen. Wir wollen einen massiven Ausbau auch von ganztägiger Betreuung am Nachmittag. Übrigens beträgt die Quote der ganztägigen Betreuung am Nachmittag in Wien 50 Prozent und im Österreichdurchschnitt 24 Prozent. Da dürfte sich in Wien auch etwas verändert haben, nachdem wir ja schon seit Jahren Zeit haben!

 

Das wollen wir: Wir wollen gemeinsame Schulmodelle, wir wollen Ganztagsschulen, wir wollen einen massiven Ausbau an elementaren Bildungseinrichtungen und individueller Förderung. Die FPÖ will diese Schritte nach vorne nicht mitgehen. Im Gegenteil: Sie will zurück. Der Parteivorsitzende der Freiheitlichen Partei Kärnten fordert die Widereinführung der Tätschen im Unterricht. Wirklich toll! Das ist ein Rückschritt der Pädagogik vor das 19. Jahrhundert! – So viel zur Bildungspolitik nach vorne.

 

Die ÖVP will ungefähr das, wie es auf Stand ist. Das finde ich auch schade! Kollege Spindelegger hat gestern in der „Kronen Zeitung“ gesagt, wir zahlen nur noch für Kinder, wenn man das so macht wie die SPÖ. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie wollen die Wahrheit nicht hören! In Ihren Kinderheimen hat es Tätschen gegeben! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Ich wollte es kurz machen, Herr Kollege Jung! Jetzt muss ich warten, bis Sie fertig sind. Dann bringe ich das Spindelegger-Zitat. Interessiert Sie das auch? – Herr Kollege Spindelegger sagt im Zusammenhang mit der SPÖ-Forderung zum Bildungssystem, dass wir „nur noch für Kinder zahlen, und die Eltern ihre Kinder so früh wie möglich den ganzen Tag in einer staatlichen Einrichtung abgeben, sie in eine Ganztagsschule schicken und auf diese Weise nicht mehr Eltern sein“ sollen. – Wissen Sie, das ist ein kollektives Verunglimpfen von Eltern, nämlich von zig Tausend Eltern, die ihre Kinder in Kinderbetreuungseinrichtungen haben, und das als Stadtpartei! Na, viel Glück! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Ich wollte zehn Minuten reden, aber das habe ich nicht geschafft!

 

Was tun wir in Wien? – Es gibt Rekordinvestitionen in den Kindergarten. Wir sagen es nicht nur, wir tun es. Wir investieren 590 Millionen EUR in den Kindergarten! Kein anderes Bundesland ist auch nur prozentweise so nahe dran! Wir hatten im Jahr 2011 89 000 Kindergarten- und Hortplätze. Wir haben also allein in den letzten 2 Jahren 6 500 Kindergartenplätze geschaffen. Das geht auch, obwohl es einen Mangel an PädagogInnen gibt. Das wurde gesagt, und das stimmt auch. Wir bilden aber auch als einziges Bundesland mit einzelnen Lehrgängen PädagogInnen aus. 2011 sind 67 Studierende nicht als Osttanten, sondern als AbgängerInnen des Lehrgangs „Change“ gekommen, und im März werden 4 neue Lehrgänge gestartet.

 

Wir ziehen das Schulsanierungspaket durch, und zwar massiv mit 142 Schulen, an denen zum gegenwärtigen Zeitpunkt gearbeitet wird. Bis 2017 werden 570 Millionen EUR in 242 Schulen investiert worden sein. Und natürlich betreiben wir auch Schulsozialarbeit, und zwar nicht nur mit 20 Schulsozialarbeitern, sondern mit 27 Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern. Dazu gibt es 149 BeratungslehrerInnen und 48 psychologische BetreuerInnen. Es kann mehr sein, überhaupt keine Frage! Deswegen ist Zuweisung gut, wir diskutieren gerne darüber. Frau Kollegin Schmied beziehungsweise Frau Ministerin Schmied diskutiert ja auch gerade darüber, ob man diese im Rahmen des Dienstrechts auch zu den Lehrern dazunehmen kann: Das ist eine spannende Idee!

 

36 Ganztagesschulen mit verschränktem Unterricht zeigen auch, dass wir nicht von Wien nicht reden wollen, sondern dass sich das bei zu kurzen Redezeiten manchmal einfach nicht ausgeht.

 

Zum Thema Lesen: Jetzt hätte ich noch eine ganze Seite! Wir tun ziemlich viel. Der Lesetest war zum ersten Mal eine wirklich großartige Sache. Zugleich gibt es einen Intensivkurs Lesen für jene, die es brauchen. Das ist ein Crashkurs für jene, die neu dazu kommen und geringe Deutschkenntnisse besitzen.

 

Zum Thema Deutsch nur eine Bemerkung: Wenn Sie uns vorwerfen, dass wir meinen, dass es nicht relevant

 

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