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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 27.04.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 90

 

von Denkmälern ungeschehen machen, wenn es sich nicht wie bei Hitler oder Stalin um gewalttätige Verbrecher und Massenmörder handelt. Was die geforderte Umbenennung des Karl-Lueger-Rings anbelangt, so könnte man mit ähnlichen Rechten die Umbenennung des Karl-Renner-Rings verlangen, weil Renner 1938 für den Anschluss und die Bejahung desselben bei der Volksabstimmung, die diesen Namen nicht verdient hat, eingetreten ist.“

 

Das sind, wie gesagt, nicht meine Worte, sondern die Worte Norbert Lesers, und daran sollte man sich ein Beispiel nehmen.

 

Wir haben auch von Karl Renner gesprochen. Sie kennen seine Aussprüche wahrscheinlich besser als ich. Er hat gesagt: „Die besondere Nation der Österreicher ist wirtschaftlich, politisch und kulturell gesehen eine Vision, und eine traurige dazu.“ Man könnte auch über Otto Glöckel nachdenken, der Ihnen auch bestens bekannt ist. Er hat gesagt: „Wir haben als Österreicher und Deutsche allen Grund, das Deutschlandlied der Jugend näher zu bringen.“ Richard Bernaschek sagte: „Das Programm der Nationalsozialisten steht uns näher.“ – Und, und, und.

 

Meine Damen und Herren! Es gibt aus Ihren Reihen unzählige Aussagen – Aussagen von GRÜNEN in diesem Zusammenhang kann es nicht geben, weil es die GRÜNEN damals noch gar nicht gab –, die braune Flecken aufweisen und in Richtung Antisemitismus oder Nationalsozialismus weisen. Dennoch wird im Hinblick auf diese Personen nichts getan, weil diese Stadtregierung eben auf einem Auge blind ist. Oder in Anlehnung ...

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik (unterbrechend): Herr Kollege! Bitte ums Schlusswort.

 

GR Mag Alexander Neuhuber (fortsetzend): Ich komme zum Schlusswort und sage in Anlehnung an ein Zitat Luegers: Was gut oder schlecht ist, das wollen Sie bestimmen, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP, FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Mag Werner-Lobo gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

11.12.53

GR Mag Klaus Werner-Lobo (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich freue mich sehr über die Debatte, die wir hier führen. Ich freue mich sehr, dass die eigentlich kleine Sache, dass wir jetzt den Ring endlich umbenennen werden, dazu führt, dass wir hier eine Geschichtsdebatte und eine kritische Auseinandersetzung mit unserer eigenen Geschichte führen. Genau das ist es nämlich, was wir damit erreichen wollen.

 

Ich muss jetzt aber angesichts Ihrer Redebeiträge noch ganz kurz in die jüngere Geschichte gehen: Auch mir fällt nämlich auf, dass die ÖVP hier, wie David Ellensohn schon gesagt hat, eigentlich wirklich nicht mehr vom rechten Flügel hier im Gemeinderat unterscheidbar ist.

 

Ich war letzten Freitag in einem Theaterstück, das Bernhard Görg geschrieben hat, der ehemals Vizebürgermeister dieser Stadt war. Dieses Theaterstück ist sehr amüsant und gut. Und wer war dort? – Bernhard Görg war dort, und der Peter Marboe war, also lauter Leute, die liberale, bürgerliche ÖVP repräsentieren. Und wer war sonst noch dort? – Präsident Kopietz war dort, StR Ludwig war dort, GRin Bluma war dort, und ich war dort. – Das war eine gute Zusammensetzung, sie bestand aus einer liberalen, bürgerlichen ÖVP, einem GRÜNEN, aus Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen. Aber das gibt es hier nicht mehr. Wir haben euch verloren! Wer von euch vertritt noch irgendeine liberale, bürgerlichen Weltsicht, eine Form, in der man gemeinsam die Stadt gestalten kann? – Das einmal zur jüngeren Geschichte.

 

Zweiter Punkt zur jüngeren Geschichte: Ich habe hier einen Beschluss- und Resolutionsantrag vom 27. März 1992. Es war dies eine der ersten Aktionen, die die GRÜNEN hier in diesem Saal gesetzt haben. Diesen Antrag stellten die GemeinderätInnen Pilz, Jerusalem, Huemer, Sander, Margulies – nicht Martin Margulies, sondern noch sein Vater – Weber und Kenesei. Kenesei war noch einer der letzten Liberalen, die in der ÖVP waren. Er ist ja dann zu euch gegangen. Diese Gemeinderäte haben einen Antrag auf Umbenennung des Lueger-Rings gestellt. Heute, 20 Jahre später, sind wir so weit.

 

Als ich vor eineinhalb Jahren angetreten bin, hat mir Maria Vassilakou erzählt, dass sie, als sie – das war eine ihrer ersten Aktionen als Vizebürgermeisterin dieser Stadt – in New York war, alte jüdische Österreicher und Österreicherinnen getroffen hat, die ins Exil gehen mussten. Diese alte Menschen haben gesagt, Frau Vizebürgermeisterin, wenn Sie etwas tun wollen für uns, dann sorgen Sie dafür, dass der Lueger-Ring umbenannt wird, denn das ist eine Schmach und Schande, die für uns als exilierte österreichische Juden und Jüdinnen nicht mehr mittragbar ist!

 

Ich selbst war vor zwei Wochen auf Einladung des Austrian Cultural Forums in New York, und auch ich habe mit alten österreichischen Juden und Jüdinnen in New York gesprochen, die mir dasselbe gesagt haben. Und wir haben diesen Menschen versprochen, dass wir alles tun werden, uns dafür einzusetzen, dass diese Schmach und diese Schande in Form des Dr-Karl-Lueger-Rings in Wien nicht mehr weiter bestehen darf. Deswegen freue ich mich beziehungsweise kann unsere Freude vorwegnehmen, dass wir herzeigen können, wie dieser Ring in Zukunft heißen wird, nämlich Universitätsring. – Ich danke Ihnen sehr herzlich. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Mag Jung zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

11.16.37

GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Ich antworte gleich dem Kollegen Vorredner kurz wegen der Exilanten: Lueger wurde auch dort sehr unterschiedlich gesehen. Sie kennen vielleicht, wenn Sie sich nicht nur für die neueste Literatur, Musik und Musikgeschichte Wiens interessieren, auch das „Lueger-Lied“.

 

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