Gemeinderat, 21. Sitzung vom 29.03.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 97
gebnisoffenheit dieses Verfahrens. Wenn ich jetzt die Frage der Frau Kollegin Leeb im besten Fall interpretiere, dann steht ja dem Wunsch nach Schutz des Ensembles und des Areals die Befürchtung gegenüber, dass es zu einer Zerstörung dieses Kulturerbes kommen könnte.
Wie sehen Sie die bestehenden Möglichkeiten des Schutzes oder auch andere Möglichkeiten über diesen Weltkulturerbestatus hinaus für das Areal?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Also nun zunächst einmal, es ist ja nicht schutzlos. Wir haben in Österreich, vielen sei Dank und ich würde auch niemals daran rütteln, einen sehr starken Denkmalschutz. Wir haben es zusätzlich auch hier mit Beschluss als Schutzzone ausgewiesen. Das sind sehr starke Schutzinstrumentarien, die die Stadtverwaltung zur Verfügung hat, und ich denke, das ist fürs Erste auch hinreichend, um die Ergebnisoffenheit des Diskussionsprozesses zu gewährleisten. Aber ich wiederhole einmal mehr: Ja, wenn man das gesamte Areal als schutzwürdige Zone interpretiert, dann ist in der Tat mit dem ursprünglich vorgelegten Projekt eine Gefährdung im Ostbereich gegeben, wobei ich dazusagen muss, dass wenn man sich ein bisschen mit der Geschichte dieses Areals vertraut gemacht hat, dann weiß man, dass es in diesem Ostbereich des Areals eine ganze Reihe von Baulichkeiten gegeben hat und gibt. Und noch einmal: Die Beeinträchtigung oder Zerstörung des historischen Otto-Wagner-Ensembles ist nicht angedacht, war nicht angedacht und wird jedenfalls solange ich für dieses Wort auch geradestehen kann, nicht angedacht werden. Denn es ist überhaupt keine Frage, dass dies ein ganz besonderes Kulturdenkmal in unserer Stadt auch darstellt. Und nicht zuletzt hat ja die Stadt auch ziemlich viel Geld ausgegeben, um etwa die Jugendstilkirche entsprechend wiederherzustellen, um sie in den Zustand, in dem sie heute ist, zu versetzen, ein echtes und großartiges Juwel. Also ich denke, wir kommen mit den derzeitigen Schutzeinrichtungen aus. Ich stehe dafür, dass dieser Diskussionsprozess bestmöglich geführt wird. Selbstverständlich werden wir uns dann mit dem Ergebnis auch auseinandersetzen und die entsprechenden Maßnahmen, die sich aus diesem Ergebnis heraus ableiten lassen, so hoffe ich, möglichst einhellig beschließen.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke. Die 3. Zusatzfrage wird von GR Ing Rösch gestellt, bitte.
GR Ing Bernhard Rösch (Klub der Wiener Freiheitlichen): Guten Morgen, Herr Bürgermeister!
Zum Weltkulturerbe und zum Denkmalschutz gehören nicht nur die Gebäude, sondern auch das damit verbundene Inventar und die Einrichtungen, so auch die Kapelle in der ehemaligen Prosektur. Und in dieser Kapelle befinden sich Holzskulpturen, die von Koloman Moser sein sollen und ich wollte fragen: Wem gehören eigentlich diese wertvollen Skulpturen und wird auch dieses ganze Gebäude innen nach Denkmalschutzrichtlinien renoviert werden?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Den ersten Teil der Frage kann ich mit jener Sicherheit, die man in der Beantwortung in einer Fragestunde haben sollte, so nicht beantworten. Ich reiche Ihnen aber gerne die Eigentumsverhältnisse der Inneneinrichtung nach. Und was die zweite Frage betrifft, so ist außer jedem Zweifel, dass dies genau nach den Denkmalschutzrichtlinien zu behandeln ist wie in jedem anderen Denkmalschutzfall. Ich sage nur dazu, nachdem die ganze Prosektur ja ein großartiges architektonisches Gesamtkunstwerk darstellt, wird man sich hier sehr genau überlegen müssen, was in Zukunft damit auch passieren soll.
Denn es ist ja überhaupt gar keine Frage und da stimmen wir ja, so nehme ich an, auch mit Ihnen überein, dass nach der Dezentralisierung in der Organisation auch die räumliche Dezentralisierung der Psychiatrie zu erfolgen hat. Daher ergeben sich natürlich in verschiedenen Bereichen auch Nachnutzungsfragen und da soll man in aller Ruhe und in aller Gelassenheit auch darüber nachdenken. Die Zielsetzung allen Nachdenkens hat allerdings zu sein, dass wir auch dieses Kunstwerk, auch die etwas abseits stehende Prosektur, in ihrer Schönheit und ihrer Attraktivität entsprechend erhalten. Sie ist aus meiner Sicht heraus gesehen ein ganz wertvoller Bestandteil unserer Kulturgeschichte.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. Die letzte Zusatzfrage zu dieser 2. Frage wird von GRin Ing Leeb gestellt. Bitte.
GRin Ing Isabella Leeb (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Ja vielen Dank. Sie haben gerade vorhin davon gesprochen, dass die Schutzmechanismen, die derzeit vorhanden sind, eigentlich ja auch ausreichend seien. Ich meine, das liegt im Auge des Betrachters. Wenn man sich die Bebauung jetzt allein durch das Rehabilitationszentrum anschaut, über die Qualität der Architektur ließe sich trefflich streiten, so frage ich mich dann halt schon, wenn alles so klar und so toll ist, warum es dann 40 000 Unterschriften braucht und ein massives Eintreten der Bürger, um da ein Umdenken in der Stadtregierung herbeizuführen.
Aber zum Schluss würde ich Sie gerne fragen: Es hat in der vergangenen Woche ein Treffen der Vorstandsmitglieder der Organisation für Weltkulturerbestätten auf Ihre Einladung hin hier in Wien gegeben und wir würden gerne wissen, ob das Thema Steinhof-Gründe da auch schon besprochen wurde und wenn nein, warum nicht.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Bürgermeister!
Bgm Dr Michael Häupl: Es war eine rein internationale Veranstaltung, wo weder Zerstörungen, die im Krieg am Hindukusch passieren, besprochen wurden noch Zerstörungen in Afrika, weil im Vergleich dazu ist ja die Diskussion um die Steinhof-Gründe, offen gestanden, ein sehr angenehmer Teil für die Weltkulturerbe-Leute, die international gesehen mit ganz anderen Problemen konfrontiert sind. Und da muss man schon ein bisschen, mit Verlaub gesagt, den Blick über den Tellerrand hinaus erheben.
Aber ich sage es Ihnen noch einmal: Ja, ich verstehe,
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