Gemeinderat, 19. Sitzung vom 24.02.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 82
Umweltminister oder seine Partei hier Probleme damit hat, dann finde ich eher das problematisch. Denn wenn man dem zustimmen kann, dann müsste man ja sagen, das Beste, was man für den Umweltminister tun kann, ist, ihn in dieser Hinsicht zu unterstützen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Wir unterstützen ihn gerne; schauen wir, was kommt. Ich habe mich bis jetzt ohnehin zurückgehalten, aber Entschuldigung - wir sind jetzt beim Thema Stresstest und damit beim zweiten Atomgipfel, der gerade stattgefunden hat -, wie peinlich ist das denn, dass hier zwei Parteien kommen, die sich im Unterschied zur Umweltstadträtin, wie ich gerade geschildert habe, im Unterschied zur Umweltpolitik der Stadt Wien, die seit Jahren in unzähligen Veranstaltungen, Studien, Aktivitäten, internationaler Vernetzung, Kritik auf der EU-Ebene dagegen kämpft, zwei Mal kommen, nämlich bei der Debatte im Gemeinderat zum ersten Atomgipfel und bei der Debatte jetzt, und sagen, Moment, wir tun das schon immer, aber die Stadt Wien ist ja nur auf Effekthascherei aus!
Ich meine, das ist eine bisschen eine interessante Verkehrung der Realitäten. Aber wirklich interessant ist, dass das gesagt wird von Leuten, die bei diesem Atomgipfel überhaupt nicht dabei waren! Da wäre nämlich eine Gelegenheit gewesen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Gemeinsamkeit ist sehr wichtig, genau deshalb gibt es diese Gipfel. Ich hoffe, in Zukunft werden Sie wieder den Weg dorthin finden, so wie beim ersten Atomgipfel, wo Sie dabei waren, den Sie unterschrieben haben und über dessen Ergebnisse sich jetzt Kollege Unger da trefflich lustig gemacht hat.
Das finde ich gerade im Zusammenhang mit Antiatompolitik letztklassig. Wenn es so wäre, dass irgendwer, eine Bundesregierung oder eine Landesregierung allein, Atomkraftwerke abschalten könnte, dann müsste ja in den segensreichen Jahren von Schwarz-Blau irgendetwas geschehen sein! Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendetwas geschehen ist. Zumindest hat die damalige Regierung kein Atomkraftwerk abgeschaltet.
Vielleicht ein bisschen weniger peinlich, aber auch relativ peinlich ist, bei diesem Atomgipfel teilzunehmen, bei dem Atomgipfel zu unterschreiben - die Resolution nämlich -, beim Foto dabei zu sein, nachher aber wieder ein bisschen ein Problem mit dem Ergebnis zu haben. Das wäre jetzt die Rolle der ÖVP, falls das noch jemand nicht geschnallt hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die Resolution, die Sie unterschrieben haben, ist - ich erinnere noch einmal daran - ein Moratorium für AKW-Neubauten inklusive in Bau befindlicher Meiler, die Schließung der Reaktoren ohne Containment, ein gesamteuropäischer Atomausstieg und die Offenlegung aller Dokumente, die im Stresstestverfahren einfließen. Ich freue mich ohnehin, wenn das nicht stimmt, und es ist nach wie vor so, dass wir da einer Meinung sind. Dann wäre das ja das Ergebnis dieses Treffens, und das hat ein bisschen mediativ gewirkt.
Ich meine zum Stresstestverfahren: Im Zusammenhang mit Atomkraft und im Zusammenhang mit zig - ich weiß es jetzt nicht auswendig, ich glaube, fast 30 - tickenden Zeitbomben, die Österreich umgeben, die Politik zu vertreten, wir warten jetzt ein bisschen ab, was da herauskommt, und dann Schritte zu setzen, halte ich für eine vertane Chance, ja nachgerade für gefährlich. Daher finde ich, wenn wir schon wissen, dass ein Verfahren zahnlos ist, dann müssen wir schnelle Schritte setzen, im Sinne einer Unterstützung des Umweltministers hier schnelle Schritte setzen.
Die schnellen Schritte sind Schritte gegen ein Verfahren, das jetzt eine Farce ist. Staaten liefern Alibiunterlagen, werden geprüft von einer Institution, die nicht nur, aber auch aus vielen Atomstromstaaten besteht, und bekommen am Schluss ein Gütesiegel für ihre schrottreifen Reaktoren, auch für die ohne Containment. Das ist eine Farce, gegen die wir uns richten müssen. Da dürfen wir nicht abwarten - keinen Tag, keine Woche, kein Jahr -, bis irgendwelche Zwischenergebnisse herauskommen, denn wir kennen sie schon! (Beifall bei der SPÖ.) Insofern freue ich mich sehr, diesen Antrag heute mitunterstützen zu dürfen.
Der zweite Antrag betrifft ein Atomstromimportverbot. Ich finde, das ist das beste Beispiel dafür, zu sagen, dass es unterschiedliche Ebenen politischer Verantwortung gibt, dass aber alle Ebenen dazu beitragen können. Die Stadt Wien tut das in ihrem Verantwortungsgebiet. Unser Stromerzeuger ist von Global 2000 und Greenpeace, wenn man so will, zertifiziert atomstromfrei. Damit wir nicht die Debatte führen müssen, ob nur das Zertifikat von Greenpeace gilt oder die Selbstausstellung einer Beurteilung durch Tirol, bräuchten wir ein österreichweites Atomstromverbot. Ich hoffe, auch da können wir uns durchsetzen.
Ich sehe das als konstruktiven Beitrag und freue mich auf die vielen Ja, die wir dazu auf allen Ebenen ernten werden in den nächsten Wochen und Monaten. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Heinz Hufnagl: Hoher Gemeinderat!
Die eigentliche Thematik der Post 35, nämlich die jährliche Subvention an die Wiener Landes-Landwirtschaftskammer in Form von Verwaltungs- und Ausbildungskostenübernahmen von 550 000 EUR, hat - ich würde fast sagen, erwartungsgemäß - wie zuvor im Umweltausschuss weder Kritik noch Widerspruch ausgelöst.
Der Vollständigkeit halber sei Folgendes erwähnt: Zusammen mit der heute schon am Beginn der Sitzung beschlossenen Post 34, nämlich agrarischen Landesförderungsmitteln in der Höhe von 2 130 000 EUR, schafft Wien auch in diesem heurigen Jahr eine solide Grundlage für die Garten-, Obst-, Wein- und Ackerbaubetriebe Wiens zur Versorgungsautarkie vor allem im Gemüse, aber auch einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung, Kultivierung und Pflege des so wichtigen Grünfreiraums in unserer Bundeshauptstadt. Dass dabei die verstärkte Kolokalisierung der Wiener Stadt-
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