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Gemeinderat, 19. Sitzung vom 24.02.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 82

 

dabei war zum einen, einen wirklich guten inhaltlichen Überblick darüber zu bekommen, welche Anlagen, mit welcher Technologie in Planung sind, und zum anderen natürlich auch ein Instrument zu schaffen, damit diejenigen, die sich dagegen wehren wollen, einen besseren Überblick darüber haben, was jetzt eigentlich tatsächlich an der Tagesordnung ist.

 

Im April 2011 fand unsere Gedenkveranstaltung „25 Jahre nach Tschernobyl – 1 Monat nach Fukushima“ unter dem Motto „Gedenken – Nachdenken – Vordenken" statt. Das war einen Monat nach dem tragischen Ereignis in Fukushima. Weiters sind natürlich die vielen Wiener Nuklearsymposien zu erwähnen, nämlich in den Jahren 2010, 2011 und auch jetzt im März 2012. Das Nuklearsymposium widmet sich jedes Jahr einem anderen wichtigen Thema aus dem Bereich der Atomfragen, seien es rechtliche oder inhaltliche Fragen.

 

Seit dem letzten Jahr haben wir begonnen – übrigens auch auf Wunsch der Antiatomszene –, regelmäßig Atomgipfel im Rathaus abzuhalten. Der erste Gipfel hat im April 2011 stattgefunden, der zweite war jetzt Anfang dieser Woche. Wir haben vereinbart, dass wir im September beziehungsweise Oktober 2012 den nächsten abhalten möchten. Vorrangiges Ziel dabei ist, dass wir uns wirklich miteinander vernetzen, mit den NGOs, mit den AntiatomaktivistInnen aus ganz Österreich, und ich muss sagen, es wird sehr gut angenommen, das sieht man an der regen Teilnahme. Es gibt einen gewissen Bedarf, sich ein oder zwei Mal im Jahr zu treffen, sich miteinander auszutauschen und gemeinsam über Aktivitäten zu reden beziehungsweise gemeinsame Vorgangsweisen festzulegen.

 

Beim ersten Gipfel haben wir eine Resolution für einen Stufenplan für den europäischen Atomausstieg verabschiedet, und es gab einige sehr konkrete Wünsche an die Stadt Wien, was wir im Kampf gegen benachbarte Atomkraftwerke noch an Know-how beitragen können und sollen. Das haben wir natürlich gerne erfüllt. Ein Wunsch war es, ein hochrangiges Symposium mit anerkannten Nuklearexperten abzuhalten. Nuklearrecht war da vor allem gewünscht, weil es in diesem Bereich einfach sehr wenig Experten gibt. In Österreich kann man sie wirklich an einer Hand abzählen, aber auch europaweit braucht man nicht mehr als zwei Hände dafür. Wir haben uns bemüht. Am 15. März wird dieses von der Wiener Umweltanwaltschaft veranstaltete Symposium in der Urania stattfinden, wo wir eben einige wirklich sehr drängende Themen des Nuklearrechts, nicht nur die Haftungsfragen – die haben wir schon einmal extra beleuchtet –, sondern auch andere rechtliche Fragen, abhandeln werden. Das war eben einer der Wünsche des ersten Gipfels, den wir hiermit sozusagen erfüllt haben.

 

Gewünscht war auch eine bessere Vernetzung in Österreich. Wir haben daraufhin bei der Landesumweltreferentenkonferenz am 10. Juni 2011 einstimmig einen Antrag verabschiedet, dass es endlich Bund-Länder-Koordinationstreffen geben soll. Und siehe da, nächsten Montag ist es das erste Mal soweit, da wird es ein Treffen zwischen dem Bund und allen Ländern zu Atomfragen geben. Das ist meiner Meinung nach überfällig. Das hätte schon seit vielen, vielen Jahren stattfinden sollen, aber okay, besser spät als nie.

 

Wir haben auch versucht, uns mit anderen Städten zu vernetzen. Wir haben begonnen, auf Grundlage der Resolution vom ersten Antiatomgipfel, ein Städtenetzwerk zu gründen, wo es eben um einen Stufenplan zum Ausstieg geht. Wir haben schon einige Städte als Unterstützer werben können: Antwerpen, Bergen, Köln, Manchester, München, Nikosia. Wir haben einige Städte, die großes Interesse an einer Zusammenarbeit haben, und wir stehen auch in Kooperation mit den Mayors for Piece, das ist ein weltweites Netzwerk von mehr als 5 000 Städten. Ich freue mich, dass es für eine so zentrale Frage für Wien eine gute Basis für Übereinstimmung und ein gutes Netzwerk gibt. Wir werden da auch dran bleiben, das noch weiter auszubauen.

 

Aber auch auf wissenschaftlicher Ebene sind wir in den letzten Jahren nicht untätig gewesen. Die Studien, von denen ich Ihnen vorher erzählt habe, sind alle aus den Jahren 2005, 2006, 2007 und 2008 gewesen. Wir haben beim Gipfel, der am Montag dieser Woche stattgefunden hat, eine sehr, sehr interessante Studie vorstellen können, da ging es um die Energiebilanz der Nuklearindustrie. Sie wissen vielleicht, dass die Atomindustrie immer ganz stark damit geworben hat, dass sie ach so klimafreundlich ist. Das ist ein Mythos, ein Märchen. Auf jedem Klimagipfel – ich selbst war schon auf einigen –, gibt es einen riesigen Stand der Atomindustrie, der Nuklearlobby, die dort wirbt, wie toll und klimaneutral sie nicht sei. Dieses Märchen konnten wir mit der Studie wirklich ganz eindeutig enttarnen. Also von einem Beitrag zum Klimaschutz durch Stromerzeugung mit Atomkraftwerken kann auf keinen Fall die Rede sein. Wenn man wirklich sozusagen eine Gesamtbilanz zieht, nämlich über den Uranabbau, über alle Teilstationen, bis hin zur Entsorgung, dann ist die Klimabilanz eine unglaublich schlechte, von klimaneutral kann überhaupt nicht die Rede sein.

 

In der zweiten Präsentation, die wir beim Gipfel hatten, die für mich sehr, sehr interessant war, ging es um die Geologie und um die Seismik in Bezug auf das Atomkraftwerk Mochovce. Herr Dr Lahodynsky hat das präsentiert und hat uns wirklich ganz eindeutig sagen können, dass Mochovce direkt an einer Störungszone liegt. Das ist etwas, das mich nach Fukushima natürlich noch viel mehr beunruhigt, weil es nun erstmals wirklich einen Präzedenzfall gibt. Man hat immer über Erdbebensicherheit diskutiert, aber es war immer eine sehr theoretische Diskussion. Das ist etwas, wo wir auf jeden Fall noch ansetzen möchten, das ist sehr beunruhigend.

 

Noch beunruhigender ist, dass von den Geologen und Experten in der Slowakei andere Karten gezeichnet werden. Da sieht man nämlich, dass die Grenze der Störungszone kurz vor Mochovce rechts abbiegt, da ist wirklich so eine kleine Kurve eingezeichnet. Das finde ich fast schon ungeheuerlich, was hier betrieben wird. Ich

 

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