«  1  »

 

Gemeinderat, 18. Sitzung vom 26.01.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 76

 

Nach dieser Novelle können nun Auslandstaten von Österreichern besser geahndet werden. Es wurden Mindeststrafen neu festgelegt bei Gewaltdelikten von Volljährigen an Unmündigen. Es wurde die exterritoriale Gerichtsbarkeit erweitert, das heißt, Zuständigkeit für österreichische Gerichte geschaffen bei Straftaten, die nicht von Österreichern oder nicht in Österreich begangen worden sind. Ferner wurden zwei ganz neue Straftatbestände geschaffen, nämlich zum einen der Straftatbestand des Grooming; das ist die Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen über das Internet. Und es wurde ein neuer Straftatbestand geschaffen betreffend Betrachtung pornographischer Darbietungen Minderjähriger.

 

Dieser Novelle hat im Nationalrat auch die FPÖ zugestimmt, das Gesetz wurde letztendlich einstimmig beschlossen. Anträge, die keine Mehrheit im Nationalrat gefunden haben, finden wir jetzt in diesem Beschlussantrag der FPÖ. Dazu muss ich Ihnen sagen, auch wenn ich Sympathien für Ihre Intention und für die Intention Ihres Antrages habe, werden wir diesem Antrag jetzt nicht zustimmen. Nicht, weil ich mich generell einer Debatte zur Novellierung des Strafgesetzbuches im Sexualstrafrecht verschließen würde, aber Sie sehen da rechtspolitisch doch derart tiefgreifende Veränderungen vor, dass es notwendig ist, sich auch in ähnlicher Art und Weise mit dem Thema zu beschäftigen, wie das vor der Beschlussfassung und vor der Debatte am 6. Dezember im Nationalrat sehr lange der Fall war, nämlich monate- und jahrelang, wo es Enqueten gegeben hat, wo es Hearings mit Experten gegeben hat. Um derart tiefgreifenden Veränderungen nähertreten zu könne, glaube ich auch, dass diese ausführliche Auseinandersetzung mit der Materie erforderlich wäre.

 

Ich möchte aber auch die Gelegenheit wahrnehmen, einen Antrag einzubringen, der sich mit weiteren Missbrauchsfällen beschäftigt, mit vermuteten Missbrauchsfällen, mit denen sich auch die Helige-Kommission auseinandersetzen sollte. Wir haben aus den Medien von Fällen erfahren, und zwar betrifft der eine mutmaßliche Missbrauch das städtische Vertragskinderheim Pitten. Dort soll es jahrelangen Missbrauch durch einen Betreuer gegeben haben. Und dann wurden zwei weitere mutmaßliche Missbrauchsfälle in Heimen bekannt, in die zwei ehemalige Wiener Kommunalpolitiker verwickelt waren und als Täter beschrieben werden.

 

Ich glaube, dass man diese Vorwürfe nicht unkommentiert und unbearbeitet im Raum stehen lassen darf und dass sich die Helige-Kommission damit selbstverständlich auseinandersetzen kann, und darf daher namens meiner Fraktion folgenden Beschlussantrag einbringen:

 

„Der Wiener Gemeinderat spricht sich, aufbauend auf der aktuellen Arbeitsweise und dem aktuellen Arbeitsauftrag, für eine Ausweitung des Prüfauftrags und der Prüfkompetenz der unabhängigen Kommission Wilhelminenberg unter Vorsitz von Dr Barbara Helige auf die genannten aktuellen mutmaßlichen Missbrauchsfälle aus.“

 

Wir beantragen die sofortige Abstimmung und ersuchen um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Nepp. Ich erteile es ihm.

 

14.35.12

GR Dominik Nepp (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Kollege Ulm hat schon von diesem Antrag gesprochen. Es gab einen Beschluss der Strafgesetz-Novelle 2011 am 6. Dezember, der im Nationalrat von allen Parteien beschlossen wurde. Aber dieser Beschluss kann nur als erster zaghafter Schritt gewertet werden, und deswegen möchten wir einen Beschlussantrag einbringen, einen, der ein bisschen weiter geht, einen Beschlussantrag, der Präventivmaßnahmen beinhaltet wie zum Beispiel eine konsequentere Bestrafung der Täter und auch eine Anhebung der Strafunter- und -obergrenzen für strafbare Handlungen gegenüber Kindern und deren Integrität.

 

Beispielsweise beträgt die Strafuntergrenze des Vergewaltigungsdelikts sechs Monate. Dieselbe Strafuntergrenze gibt es auch bei sexuellem Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person. Das ist wirklich als Armutszeugnis zu werten, ein Armutszeugnis im österreichischen Rechtssystem. Deswegen sehen wir hier einen Änderungsbedarf, dass diese Strafuntergrenzen aufgehoben und eben erhöht werden.

 

Auch die Verjährungsfristen, die ja erst nach dem vollendeten 28. Lebensjahr beginnen, wenn das Opfer zum Zeitpunkt der Tatbegehung minderjährig war, sind eine nicht restlos befriedigende Regelung. Auch hier fordern wir daher, dass diese Straftaten und diese strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung nicht verjähren dürfen. Auch die Einführung einer Anzeigepflicht, die wir Freiheitliche schon seit Langem fordern, gehört endlich umgesetzt, um eine Verhinderung weiterer möglicher Übergriffe auf andere Kinder und Jugendliche im Umfeld der verdächtigen Person zu unterbinden.

 

Viele Misshandlungen finden traurigerweise im Familienverband statt, denn hier haben die Eltern und die Täter besonders die Möglichkeit, Anzeichen solcher Misshandlungen nicht nach außen in Erscheinung treten zu lassen. Deswegen fordern wir hier, weil eben die Kinder nicht über einen längeren Zeitraum von einem Arzt untersucht werden, eine Ausweitung des Mutter-Kind-Passes, sodass weitere Untersuchungen darin beinhaltet sind. Wenn diese nicht eingehalten werden, sollen Sanktionen folgen.

 

Weiters fordern wir eine Verschärfung des Tätigkeitsverbots in ein absolutes Berufsverbot im Bereich der Erziehung, Ausbildung und Beaufsichtigung Minderjähriger für Personen, die auf Grund solcher strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung einer minderjährigen Person verurteilt wurden. Denn nur so kann man mit Sicherheit gewährleisten, dass diese Menschen nicht weiter auf unsere Kinder losgelassen werden. Derzeit gibt es nur ein Tätigkeitsverbot von ein bis fünf Jahren, und nur ausnahmsweise gibt es Verbote auf bestimmte Zeit.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular