Gemeinderat, 15. Sitzung vom 21.11.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 150
grünen Verantwortlichen nicht aufschrecken würden. Die Bücher dieses Unternehmens, die vom Kontrollamt geprüft wurden, sind ein Lehrbuch für Spekulationswerkzeuge. Ich nenne Ihnen kurz einige Beispiele.
Ich betone noch einmal: Dabei geht es um den Betrieb, der die Wiener Stadthalle managen soll. Allerdings fand man dort Interest Rate Swaps, Knock-out Put-Devisen-Optionen, Kick-in At-the-End-Devisen-Optionen, Receiver Swaptions und Payer Swaptions. Letztere verstehe ich noch am besten, weil die Stadt Wien immer gezahlt hat!
Aber das Skurrilste kommt jetzt am Ende dieser Aufzählung: Cross Currency Swaps gab es nicht nur in Franken, obwohl dieser in der Stadt Wien sehr begehrt ist, sondern auch in türkischen Lira. Sie haben sich nicht verhört! Es ist Tatsache, dass die Stadt Wien beziehungsweise diesfalls die Wiener Stadthalle Betriebsgesellschaft mit dem Geld der Wienerinnen und Wiener in türkischen Lira spekuliert!
Wem das noch immer nicht genug an Skurrilität, an Verantwortungslosigkeit, an finanzpolitischem Wahnsinn ist, dem muss man noch erzählen, wie das Ergebnis ist, das im Prüfbericht des Kontrollamtes aufgezeigt wurde. Es hat 16 Finanztermingeschäfte gegeben, diese wurden abgeschlossen beziehungsweise laufen noch. 10 Geschäftsfälle sind abgeschlossen und haben mit einem Verlust von 2,5 Millionen EUR geendet. Bei der Wiener Stadthalle – Betriebs- und Veranstaltungsgesellschaft mbH sind 2,5 Millionen EUR für derartige Devisengeschäfte einfach verschwunden! Das ist die nackte Wahrheit, adressiert auch an Herrn Bgm Häupl, der jetzt nicht zugegen ist. Aber vielleicht kann man es ihm erzählen! Nur ein halbes Jahr, nachdem er an diejenigen appelliert hat, die Wahrheit zu sagen, die aufgezeigt haben, dass es Devisenspekulationen gegeben hat – er hat nicht gesagt, dass sie Lügner sind, sondern er hat das berühmte Wortspiel mit der Unwahrheit herangezogen –, liegt die Wahrheit auf dem Tisch. – Also: Zuerst verstecken, dann leugnen.
Heute haben wir die gespielte Empörung erlebt. Die Verluste aus diesen Geschäftsfällen beziehungsweise Spekulationsgeschäften liegen auf dem Tisch. Und gegen wen richtet sich jetzt die Empörung von Rot-Grün? – Wir Freiheitliche haben schon immer unsere Empörung darüber aufgezeigt, dass mit dem Geld der Wienerinnen und Wiener spekuliert wird. – Die Empörung von Rot-Grün richtet sich jetzt gegen Rating-Agenturen und sonstiges Unheil der Welt, aber nicht gegen die Verantwortlichen in den eigenen Reihen, die diese verantwortungslosen Vorgangsweisen zu verantworten haben.
Und es geht weiter: Das Ganze sei nur halb so schlimm, weil der Schaden, der aus diesen verantwortungslosen Geschäftsfällen entstanden ist, ganz einfach auf jede Wienerin und jeden Wiener verteilt wird. Man greift den Wienerinnen und Wienern in die Tasche, sei es in Form von Wassergebühren, sei es in Form von Parkgebühren, und es wird auch im Fall der Friedhofsgebühren nicht vor den Toten zurückgeschreckt.
Ich frage Sie hier an dieser Stelle: Wie bezeichnet man eine derartige Vorgangsweise? – Ich habe jetzt eine Zeit lang überlegt, welche Wortwahl ich treffen soll, und dann habe ich mir ganz einfach gedacht: Ich schließe mich einem Kollegen hier im Raum an, und zwar Herrn Kollege Strobl, und sage: Das ist unerträglich und widerlich! Und ich sage Ihnen noch etwas, Herr Kollege Strobl: Ich bezeichne die Vorgangsweise als ungeheuerlich, unerträglich und widerlich! (Beifall bei der FPÖ.)
Dabei ist mir etwas sehr wichtig, und deshalb wiederhole ich es: Ich beziehe diese Wortwahl nie auf Personen, sondern – noch einmal – auf die Vorgangsweise. Und ich sage Ihnen, auch wenn Sie keinen Ordnungsruf bekommen haben dafür, dass Sie diese Wortwahl für Kollegen hier im Saal gewählt haben: Uns Freiheitlichen ist es unfassbar und eigentlich – mit derselben Wortwahl – unerträglich und widerlich, wenn Personen so bezeichnet werden. Uns verbietet der Respekt vor jedem Menschen, egal, welcher politischen Fraktion er angehört, ihn als unerträglich und widerlich zu bezeichnen. (Beifall bei der FPÖ.)
Nach diesem kurzen Abriss frage ich Sie am Ende: Wer ist dann Ihrer Meinung nach eine Schande für den Berufsstand? – Damit habe ich, glaube ich, den Bogen gespannt. Es gibt auch immer die Möglichkeit, sich zu entschuldigen. Ich glaube, es war am Ende auch nicht das, was Sie gemeint haben, sondern in der Erregung ist in den Wortmeldungen der FPÖ halt ganz einfach die Wahrheit auf den Tisch gekommen.
Nun komme ich schon zum Ende. Herr Bürgermeister! Frau Vizebürgermeister! Ich appelliere an Sie: Beenden Sie das Geldverschleudern durch Spekulation, und schaffen Sie Vorsorge für noch laufende Spekulationsgeschäfte, oder – auch das ist eine Möglichkeit – übernehmen Sie persönliche Haftung mit Ihrem persönlichen Geld und Vermögen und spekulieren Sie nicht weiter mit dem Geld der Wienerinnen und Wiener!
Abschließend: Übernehmen Sie die politische Verantwortung für jenen Schaden, den Sie der Stadt Wien durch Nichtwahrnehmen Ihres längst fälligen Rücktritts verursacht haben! Tun Sie es für die Wienerinnen und Wiener! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Jung. Ich erteile es ihm.
GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!
Ich muss meinen Vorredner ein bisschen relativieren: Es gibt schon ein paar Zustände, die zumindest ich persönlich als unerträglich in dieser Stadt empfinde.
Eingangs bringe ich den Beschlussantrag der GRe Mag Wolfgang Jung, Mag Johann Gudenus, Gerhard Haslinger und Angela Schütz betreffend den fünfjährigen Finanzplan ein. Wir stellen folgenden Antrag:
„Der Gemeinderat möge beschließen: Der Bürgermeister und die zuständige amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration,
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