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Gemeinderat, 9. Sitzung vom 01.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 35

 

Beispiel gesagt, das mit der 3-Prozent-Grenze für den Haushalt in Griechenland war von Anfang an eine Fiktion. Das hat er zugegeben. Dann hat er 2009 an einem Tag noch weitere 29 000 Beamte eingesetzt.

 

Dann kam wieder eine sozialistische Regierung, und im Februar sagte Papakonstantinou im Interview mit der „Welt am Sonntag", mein Hauptproblem ist, dass niemand meine Zahlen glaubt, dabei habe Griechenland nun der EU alle Daten, alle Informationen, alles auf den Tisch gelegt. Seither wurde das Haushaltsdefizit zwei Mal nach oben korrigiert, zuletzt bei Eurostat am 22. April, und noch immer bestünden von den Inspektoren her Zweifel an der Qualität der griechischen Daten.

 

Meine Damen und Herren! Ich habe schon gesagt, was die Beamten für Privilegien haben. Die Frau Kollegin Vana hat von den Rüstungsausgaben geredet. Griechenland hat 10 Milliarden Rüstungsausgaben. Das sind, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, mehr Rüstungsausgaben als die Vereinigten Staaten.

 

Einen Verstaatlichtenstatus wie Griechenland ihn hat, hatten wir in den 70er Jahren. Also hier ist alles verstaatlicht von Wasser über Strom bis hin zu Gas. Dazu kann man stehen, wie man will, das ist Daseinsvorsorge, aber bei Casinos, Flughäfen, Seehäfen, Raffinerien, Versicherungsunternehmen, Hotels ist das nicht mehr so.

 

Die Weltbank hat untersucht, welche Staaten ein wirtschaftsfreundliches Umfeld bieten. Da landete Griechenland auf dem 109. von 183 Plätzen.

 

Meine Damen und Herren! Das kommt alles nicht von ungefähr, das sind ja alles desaströse Zahlen. Und ich gebe Ihnen noch ein paar solche Zahlen.

 

Wussten Sie, dass man in Griechenland mit 95,7 Prozent des letzten Bruttobezuges in Pension geht; in Deutschland zum Beispiel mit 40 Prozent. Das sind Zahlen von Transparency International. Also auch keine populistischen Zahlen der FPÖ, sondern von Transparency International. In Pension geht man natürlich statistisch gesehen viel früher als bei uns. Das brauche ich ja nicht dazuzusagen.

 

Die Schwarzarbeit wurde von Frau Kollegin Vana angesprochen. 20 Milliarden im Jahr entgehen Griechenland durch Schwarzarbeit. Das sind dann Leute, die nur schwarzarbeiten. Die haben keine Versicherung, die müssen dann auch irgendwie erhalten werden. Die Rentenkassen stehen deswegen wieder vor dem Ruin, weil keiner was einzahlt in die Rentenkassen. Also das geht weiter.

 

Die Sparprogramme, die bis jetzt durchgeführt worden sind mit der Mehrwertsteuer und so, das sind lauter Peanuts, wenn man an diese Privilegien denkt.

 

Bestechungsgelder. Mit schätzungsweise einer halben Milliarde müssen Beamte in Griechenland pro Jahr bestochen werden, und trotzdem braucht man hundert Genehmigungen für alles. Das ist ein völlig unflexibler Apparat, wo nichts unternommen wurde, dass das irgendwie geändert wird. Wir haben den One-Stop-Shop – so nennt sich das bei uns; das gibt es ja auch in der Stadt Wien, das sei jetzt durchaus positiv bewertet –, da geht man irgendwo hin und kann von dort aus alle seine Dinge regeln, die man an Behördenwegen haben kann.

 

Griechenland ist kilometerweit von dem entfernt. Ein durchschnittlicher Grieche gibt ungefähr 1 500 EUR für Bestechungsgelder im Jahr aus. Das regt mich nicht so auf, aber als Finanzjurist muss ich sagen, es ist die Unfähigkeit, Steuereinnahmen zu erzielen. Das wurde schon immer gefordert, und so gesehen hat die Frau Kollegin Vana natürlich nicht recht. Sie hat zwar recht, wenn sie sagt, es muss konsequent gemacht werden, aber die Geschichte zeigt uns, dass es 20 Jahre nicht gemacht wurde, von konsequent gar keine Rede.

 

Sie müssen sich vorstellen, dass es in Griechenland nur 15 000 Leute gibt, die mehr als 100 000 EUR verdienen laut Steuerbehörden. Heute habe ich gelesen, in Österreich gibt es 30 000 Millionäre, in Griechenland verdienen nur 15 000 über 100 000 EUR. Der jetzige Premierminister hat festgestellt, im besten Bezirk von Athen hat jeder selbstständige Arzt 30 000 EUR Jahreseinkommen deklariert. Durchschnittlich deklarieren Freiberufler wie Ärzte, Architekten und Rechtsanwälte 10 493 EUR Jahreseinkommen. Das ist weniger, als ein Arbeiter dort deklarieren muss, weil er ja Lohnsteuer bekommt. Die sind bei 16 000 EUR.

 

Meine Damen und Herren! Da fragt man sich, wofür man die ganzen Beamten hat, wenn das nicht kontrolliert wird. Wie kann das sein? Da kann kein Staat existieren, wenn es eine derartige Steuermoral gibt, meine Damen und Herren. Und da – das muss man sagen – hört sich einfach die Solidarität auf. Ich kann nicht hergehen und sagen, wir haben eine Solidargemeinschaft, wir müssen immer zahlen. Die müssen zuerst ihre Hausaufgaben machen, und die Geschichte zeigt, dass sie sie wahrscheinlich ohne einen massiven Druck nicht machen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Der massive Druck kann aber nicht so ausschauen, dass ich sie ständig entschulde, dann versuchen sie es wieder, und nach zwei Jahren haben wir das gleiche Desaster, weil wieder nichts passiert ist.

 

Ich meine, es gibt viele Experten, die sagen, das ist kein Todesstoß, sondern das ist die Rettung für Griechenland und die Rettung für den Euro. Aber wenn nicht ein radikaler Schnitt gemacht wird, dann, meine Damen und Herrn, ist das Ganze ein Todesstoß für uns alle. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Mag Jung zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

11.56.28

GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Wir haben vorher einen zugegebenermaßen höchst unerfreulichen Vorfall gehabt, der aber bereinigt wurde, wie es hier im Haus vorgesehen ist. Und jetzt kommt dann der Herr Kollege Margulies heraus und erklärt – man kann nicht mehr tun, als sich entschuldigen, und man kann nicht mehr tun, als der Vorsitzende getan hat, nämlich unverzüglich und ohne Pause, wie wir es gestern und vorgestern erlebt haben, einen Ordnungsruf erteilen; darin unterscheiden sich nämlich manche Vorsitzführungen (Beifall bei der FPÖ) –, er kommt heraus und erklärt mit Grabesstimme – wenn es von einem anderen wäre, wäre es glaubwürdiger, aber gerade er –,

 

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