Gemeinderat, 63. Sitzung vom 01.07.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 26
mit 500 000 Einwohnern, ist seit 24. Dezember, also seit Weihnachten, in Haft und bisher noch nicht herausgekommen, und er wird auch weiterhin verhaftet bleiben und mit ihm tausende Funktionäre, wie gesagt, 1 500 führende Funktionäre. Und heute noch sitzen Teilnehmer am Newroz-Fest 2008, an welchem es Zusammenstöße gegeben hat, aber die nichts angestellt haben, die einfach verhaftet wurden, noch immer wegen des Besuches dieses Neujahrsfestes im Gefängnis.
Des Weiteren, meine Damen und Herren, und das ist eigentlich überhaupt der größte Skandal: Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 16, 17 Jahren sitzen zu Tausenden, man redet von bis zu 4 000 an der Zahl, in Haft, weil sie Steine geworfen haben, verbotene Abzeichen getragen haben, also Dinge gemacht haben, die natürlich falsch sind, die sicherlich auch da und dort bestraft werden, aber auf keinen Fall in der Art und Weise, wie es geschieht. Diese Kinder und Jugendlichen von 12 bis 17 werden nämlich zu vier oder fünf Jahren Gefängnis verurteilt und sitzen sie auch ab, und zwar im Erwachsenengefängnis. Ein unglaublicher Menschenrechtsskandal, der hier in Österreich bekannt sein muss, weil die Parteien, die sagen, dass sie sich um kurdische Angelegenheiten kümmern, müssen und werden das wissen. Aber es geschieht nichts, es wird in Österreich nicht bekannt gemacht.
Wir waren ja, wie gesagt, mit einer Delegation auf Besuch in Diyarbakir und in anderen Städten, und wir haben zum Beispiel bei einem Wirt ein Mittagessen eingenommen, dessen Tochter hat so was gemacht, hat ein Abzeichen getragen, war in eine Rangelei verwickelt und wird – es wird jetzt schon der Prozess gewesen sein – mit einer Strafe von 5 Jahren Haft rechnen müssen, in einem Alter von 14 Jahren.
Das sind Zustände, die ungeheuerlich sind, die eines Rechtsstaates wie der Türkei offensichtlich nicht unwürdig sind, und bei einem Staat, der so etwas macht, müssen wirklich Maßnahmen seitens der Europäischen Union ergriffen werden, dass diese Dinge abgestellt werden und endlich Sprache, Kultur, politische Tätigkeit von 25 Prozent bis ein Drittel der Bevölkerung, das sind die Kurden eben, anerkannt werden und ihre Gleichberechtigung angestrebt wird. Das bloße Betreiben eines Fernsehsenders, wo Regierungspropaganda gemacht wird, ist sicherlich nicht etwas, was die Kurdenfrage als solche lösen wird.
Dem hätten oder haben diese Anträge gedient, und ich werde jetzt hören, was die Frau Vorsitzende dazu erklärt. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster (unterbrechend): Oder der Herr Vorsitzende, in dem Fall.
StR Johann Herzog (fortsetzend): Ich habe gesagt, ich bin neugierig, was der Herr Vorsitzende zu den Anträgen jetzt zu sagen hat.
Vorsitzender GR Godwin Schuster (unterbrechend): Ich habe jetzt noch keinen Antrag bekommen, (Heiterkeit im Saal.) aber ich kenne den Entwurf zu diesen Anträgen und ich möchte den Gemeinderat informieren, dass wir aus Anlass des Antrags, den wir beim letzten Gemeinderat beschlossen haben, nämlich das Thema Gaza betreffend, in der Präsidiale sehr ausführlich diskutiert haben. Auch aus den Gründen, weil in der Formulierung des Antrags zur Problematik Gaza auch einige Unrichtigkeiten gestanden sind, wie zum Beispiel 10 Tote und nicht 9 Tote, und wir große Vorwürfe bekommen haben und noch bekommen aus der ganzen Welt. Deshalb haben wir in der Präsidialkonferenz über Vorschlag von Herrn DDr Schock und Dr Tschirf vereinbart, dass wir künftighin keine Anträge mehr in dieser Form zu internationalen Fällen ohne vorhergehende Prüfung des realen Tatbestands weitergeben und auch beschließen wollen.
Und ich sage hier als Vorsitzender, dieses Thema passt auch nicht zu dieser Tagesordnung, nämlich dem Thema des heutigen Gemeinderats. Ich sage es auch deshalb, weil wir auch vorher die Praxis hatten, wenn etwas nicht zur Tagesordnung passt und nicht alle Fraktionen im Hause einverstanden sind mit dem Einbringen dieses Antrags, dass wir diesen auch nicht zulassen, weil es die Geschäftsordnung auch nicht zulässt. Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich hier so formell argumentiere.
Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass hier einzelne Personen sitzen, die sich in der Kurdenfrage sehr stark engagieren, viel Sympathie zur kurdischen Problematik, nämlich zu einer tatsächlichen Lösung dieses Themas haben, aber die Beschlusslage des Gemeinderats ist heute in dieser Form, mit diesen vorgeschlagenen Anträgen, unmöglich. Ich würde die Vereinbarung in der Präsidialkonferenz brechen und das tue ich nicht. Deswegen lasse ich auch diese beiden Anträge nicht zu. (Beifall bei der SPÖ.)
StR Johann Herzog (fortsetzend): Ich nehme die Entscheidung des Vorsitzenden mit Bedauern zur Kenntnis und stelle fest, dass die Anträge nicht zugelassen werden.
Ich wollte Ihnen nur sagen, der zweite Antrag beschäftigt sich mit dem Stopp des Staudammprojektes in Ilisu, wo ja die österreichischen Firmen trotz Ausscheidens der Kontrollbank und ihrer Gegenstücke in Deutschland und der Schweiz in der Sache dort weitermachen. Das wäre in diese Richtung gegangen. Wir werden am Thema bleiben, gar keine Frage.
Ich glaube, dass wir im Interesse aller hier in diesem Hause uns dafür einsetzen müssen, dass Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit in einem Staat, der in irgendeiner Form in die EU will und vielleicht in irgendeiner Form eingebunden werden wird, verwirklicht werden und nicht Zustände herrschen wie in der tiefsten Sowjetunion. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als nächste Rednerin zum Wort gemeldet ist Frau GRin Frank.
GRin Henriette Frank (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir bedauern natürlich sehr, dass diese Anträge nicht zugelassen werden, vor allem auch deshalb, weil ja jetzt die Stadt Wien ganz intensiv - und Herr StR Ludwig war ja vor nicht allzu langer Zeit in Ankara, wo man auch von Seiten der Stadt Wien den Willen sehr deutlich kundgetan hat, dass man, und es geht heute auch um den Wirtschaftsstandort - wirtschaftliche Beziehungen mit der Türkei aufnimmt. Er hat sich in Ankara mit dem
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