Gemeinderat, 62. Sitzung vom 30.06.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 108
nicht besonders weit gedacht haben in diesem Zusammenhang.
Sie haben wieder releviert, dass Sie es verfassungsrechtlich für nicht möglich erachten, einen Wachkörper in Wien einzusetzen. (GR Christian Deutsch: Da gibt es ein Rechtsgutachten!) Da gebe ich Ihnen ja völlig recht, und das habe ich ja auch schon bei meiner ersten Wortmeldung gesagt, nur, wenn ich bestehende Ordnungsdienste der Stadt Wien zusammenfasse, dann habe ich noch keinen Wachkörper ins Leben gerufen. Und da sind Sie der Meinung, dass Sie jetzt schon Wachkörper haben. Na, das wäre interessant für mich. Dann wären diese aber jetzt schon verfassungswidrig. Sie haben ja jetzt schon die Parkraumüberwachungstruppe, Sie haben ja jetzt schon die Blaukappler, die Weißkappler, die Orangekappler und viele andere. Was ist damit? Ist das verfassungswidrig? (Beifall bei der ÖVP.)
Nach Ihrer Argumentation wäre das jetzt schon verfassungswidrig. Ich möchte nichts anderes als eine Neuorganisation des Bestehenden, ohne dass es zu einer Bewaffnung kommt oder zu einer besonderen militärischen Organisation. Und das kann ja dann wohl nicht verfassungswidrig sein. (GR Godwin Schuster: Gesagt haben Sie das nicht so! Sie haben gesagt, dass die bewaffnet sein sollen!)
In einer dritten Ausbaustufe kann man darüber reden. In einer ersten Ausbaustufe geht es nur um die Zusammenlegung des Bestehenden, in einer zweiten wäre ich dafür, dass man sich überlegt, wie man die Polizei entlasten kann von Aufgaben, die sie für die Stadt erledigt, weil sie immerhin zehn Landesgesetze zu vollziehen hat, und in einer dritten Ausbaustufe – aber das wird noch eine Zeit lang dauern – kann man auch über eine Bewaffnung reden.
Und jetzt komme ich zu den Kompetenzen, und dort zitieren Sie Ihr wunderbares Rechtsgutachten, das da diese Linz SicherheitsGmbH betrifft, und darum sage ich Ihnen auch, ein viel besser Beispiel als Linz ist das Grazer Beispiel. Wahrscheinlich deshalb, weil es dort ÖVPler machen und nicht SPÖler. (Beifall bei der ÖVP. – GR Godwin Schuster: Die Frau Marek hat selbst das Linzer Beispiel genannt!)
Aber ich will ja nicht so demagogisch werden wie Sie und bin ja gerne bereit, Ihnen zu erklären, warum es in Graz leichter geht. Dort gibt es nämlich die Zusammenarbeit mit dem Landesgesetzgeber. (GR Godwin Schuster: Der ist unverdächtig!) Dort in der Steiermark hat man in der Tat ein Steiermärkisches Aufsichtsorgangesetz beschlossen, und das gibt dann die Möglichkeit, dass man entsprechende Zwangsmaßnahmen setzen kann. Ein solches wäre in Wien aber noch viel, viel leichter als in Graz und in der Steiermark zu beschließen, weil Wien bekanntermaßen, nicht zufälligerweise und sehr praktischerweise, Gemeinde und Bundesland ist.
Letztes Argument von Ihnen: Sie wollen es mit einer Wache eigentlich nicht haben, das ist Ihnen irgendwie zuwider, Stadtwache, das klingt irgendwie sehr militärisch und sehr unangenehm. Es scheint an Ihnen vorübergegangen zu sein, dass Sie hier im Rathaus eine Rathauswache etabliert haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Und jetzt komme ich noch zum Herrn Kollegen Schuster und zu seinen Märchen, was den verringerten Personalstand in Wien anbelangt. Nichts davon ist wahr, was er uns gesagt hat. Wahr ist vielmehr, dass man die Planstellen und auch die Ist-Posten innerhalb der Bundespolizeidirektion Wien vergleichen muss, wenn man das seriös machen möchte, weil es natürlich Reformen gegeben hat und zu Verschiebungen von Einheiten gekommen ist. (GR Godwin Schuster: Nehmen Sie nur die in Wien tatsächlich verwendeten!)
So und jetzt sage ich Ihnen die Planstellen, die wir im Jahr 2000 hatten und jene im Jahr 2009.
Im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien gab es im Jahr 2000 7 044 Planstellen und im Jahr 2009 7 050 Planstellen. Wir haben damit um 6 Planstellen mehr bekommen in diesen vergangenen 10 Jahren, und wir haben viel mehr Polizisten auf der Straße als je zuvor, und darauf bin ich auch sehr stolz. (Beifall bei der ÖVP.)
Dem Herrn Kollegen Schuster ist es zwar gelungen, in Wahrheit kein einziges Wort über die Wiener Stadtwache zu sagen und über die Missstände in Wien, aber er hat eigentlich doch ein achtes Gegenargument gegen diese gefunden, auch wenn er sich inhaltlich damit nicht auseinandersetzen musste. Nämlich: Die ÖVP hat die Wiener Polizei zerstört (GR Godwin Schuster: Richtig!) durch Umfärbung, durch Einsparung und durch Reformen.
Ich sage Ihnen, die Reformen waren notwendig, damit wir heute personell, technisch, strategisch und taktisch so dastehen und der Kriminalität derart die Stirn bieten können, wie wir das heute tun. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Es gab nicht nur keine Einsparung, sondern einen Zugewinn an Polizisten, und was die Umfärbung betrifft, so sage ich Ihnen, es ist schon wahr: Die vier schwarzen Innenminister haben aus einer roten Wiener Polizei eine rot-weiß-rote gemacht! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr GR Schuster gemeldet. (GR Siegi Lindenmayr: Sag's ihnen jetzt!)
GR Godwin Schuster (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates) : Sehr geehrter Herr Kollege Ulm! Ich gebe Ihnen dann diese offizielle Information der Polizeidirektion, und Sie werden sehen, dass der Personalstand inklusive Kriminalbeamten mit 1. Mai 2010 als Soll-Stand, das heißt, Stellenplanposten, 6 244 Dienstposten betrug. Wenn Sie den Kopf schütteln, sagen Sie, diese Statistik ist falsch. (GR Dr Wolfgang Ulm: 6 822!)
6 244 Soll-Stand, der tatsächliche Ist-Stand – das steht hier auf diesem Zettel der Bundespolizeidirektion Wien, Landespolizeikommando Wien – betrug 5 246. Und ich würde Sie bitten, diese Ziffer zur Kenntnis zu nehmen, weil es die Ziffer des Landespolizeikommandos Wien ist.
Das heißt in realiter, im Jahr 2010 waren in ganz Wien, alle Dienstposten nach dem Stellenplan zusammengerechnet, lediglich 84,02 Prozent besetzt. Das
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