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Gemeinderat, 62. Sitzung vom 30.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 108

 

Kollege Ulm, ich habe Ihnen vorletztes Mal - wir diskutieren das ja schon sehr oft - die Ziffern genannt, wie oft es denn in manchen dieser Verordnungen zu Beanstandungen kam, überhaupt zu Kontrollen kam. Die wissen wir ja alle sehr genau.

 

Ich möchte daher eingangs und, ich hoffe, doch sehr unmissverständlich feststellen, dass wir trotz gestiegener Kriminalität noch immer zu den sichersten Großstädten der Welt gehören. Und das ist nicht in erster Linie ein Verdienst des Innenministeriums oder der Politik, die im Innenministerium gemacht wird, sondern es ist primär das Verdienst der Polizistinnen und Polizisten in Wien, die sich tagein, tagaus um die Sicherheit in diesem Land, in dieser Stadt sehr, sehr bemühen. Und ich möchte ihnen dafür von dieser Stelle aus sehr herzlichen danken, denn nur ihnen gebührt das Lob und nicht der Politik (GR Mag Wolfgang Jung: Auch nicht immer der Polizeiführung in Wien!), die für diese Stadt für Sicherheit und für die Bekämpfung der Kriminalität zu sorgen hätte. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Sie leisten eine wirkliche Schwerarbeit für die Sicherheit der Wiener Bevölkerung. Und warum sage ich das? - Ungefähr die Hälfte der Kriminalität in ganz Österreich passiert in Wien. Das Innenministerium stellt für die Bekämpfung dieser Kriminalität nicht einmal ein Viertel des gesamten Personalstandes hier zur Verfügung. Und ich glaube persönlich, hier wird fahrlässig von den Innenministern der ÖVP - weil erst seit dieser Zeit radikal eingespart wurde - eine Verantwortung nicht wahrgenommen. Ich halte das für ein wirklich großes Problem.

 

Die Aufgabe der Wiener Polizei ist, glaube ich, auch nicht zu 100 Prozent vergleichbar mit jener einer Polizei im ländlichen Raum. Und was hat man gemacht bei Team 04? – Man hat - und das sage ich wirklich, liebe ÖVP und FPÖ - die Erfahrungen der Gendarmerie den großartigen Erfahrungen der Wiener Polizei übergestülpt und hat dadurch Strukturen zerschlagen und zwar bewusst zerschlagen! (GR Mag Wolfgang Jung: Die Gendarmerie ist aber um einiges effektiver als ...)

 

Ich sage, der ländliche Raum ist deshalb nicht vergleichbar mit jenem der Stadt, weil das Arbeitsaufkommen acht Mal so hoch ist! Interne Untersuchungen der Polizei selbst sagen das. Die Belastung eines Einzelnen nämlich ist acht Mal so hoch wie jene im ländlichen Raum.

 

Man hat in Wien Verwaltungsaufgaben der Polizei übertragen, die in diesem Ausmaß, wie man sie übertragen hat, unverantwortlich waren, weil der Polizist am Land hat Zeit genug für die Behandlung eines Falles, aber nicht bei Vorfällen, die zwei, drei, vier, zehn Mal am Tag für eine Person, die im Dienst ist, vorkommen. Daher sage ich, es ist verantwortungslos gewesen, was man damals gemacht hat. Es war zusätzlich verantwortungslos zu einem Zeitpunkt, wo die Kriminalität so angestiegen ist. Damals, im Jahr 2004, und das ist nachschaubar, gab es eine Steigerung um 40 Prozent. Gleichzeitig hat man den Prozess der Umstrukturierung durchgeführt. Das ist unverantwortlich gewesen, weil in dieser Zeit die Polizisten etwas anderes zu tun gehabt hätten, als sich tatsächlich über diese parteipolitischen Aktivitäten, die damals gesetzt wurden, zu beschweren, wo man Personen, die hoch qualifiziert waren, ausgewechselt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Jetzt sage ich dazu, das sind nicht meine Worte, sondern die des bisherigen Vorsitzenden des Kuratoriums Sicheres Österreich, nämlich des ehemaligen Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit, Michael Sika, der in der Zeitung der Kriminalpolizei, und ich glaube, jemand, der sich für Sicherheit interessiert, wird diese auch bekommen, Folgendes gesagt hat, er stellte fest: „... dass durch die Reform 04 ein Graben zwischen den Behörden und dem Wachkörper errichtet wurde und die Polizeiarbeit vor allem in den Ballungsgebieten, das heißt, auch in Wien, erheblich beeinträchtigt wurde. In Wien habe man die Bundespolizei nachhaltig zerstört. Man hat den Kriminaldienst mehr oder minder abgeschafft und man hat das Generalistenthema der Gendarmerie für die Polizei erfunden. Dies hätte dazu geführt, dass Beamte, die dafür nicht ausgebildet sind, kriminalpolizeiliche Arbeit besorgen müssen und die wenigen, die sich noch auskennen, irgendwo ein Randdasein fristen." – Originalzitat, und das beende ich damit, vom ehemaligen Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Sika.

 

Jetzt sage ich dazu, Reformen sind grundsätzlich nichts Schlechtes. Reformen sind immer notwendig, insbesondere auch in einem Bereich, wo sich das Aufgabengebiet ständig verändert. Die Kriminalität verändert sich ständig von Monat zu Monat. Daher sind auch hier ständig Reformen angebracht. Dagegen hat niemand etwas. Aber wenn ich Derartiges tue, wie es damals passiert ist, muss man sehr schwer etwas dagegen haben, noch dazu, wo man uns ausgegrenzt hat, und zwar mutwillig ausgegrenzt hat, obwohl wir mit einer Kooperation einverstanden gewesen wären.

 

Ich würde gerne dem Kollegen Ulm Folgendes mitgeben, diese Information, die ständig kommt: „Wir haben mehr Personal denn je.", stimmt ganz einfach nicht. Ich sage dazu, es muss ein riesiges schlechtes Gewissen im Innenministerium geben, weil sonst hätte man nicht im Februar dieses Jahres der Frau Nationalratsabgeordneten Becher, die nur gefragt hat, wie hoch der Personalstand bei ihr im 22. Bezirk ist, mitgeteilt, dass es eine Aufschlüsselung nicht mehr gibt, weil diese nicht aussagekräftig ist. Das gibt es nicht mehr, sagt die Frau Innenministerin. (GR Robert Parzer: Das sagen Sie!)

 

Jetzt habe ich mir gedacht, sie wird nicht die Unwahrheit sagen, das kann es ja nicht sein. Eine Ministerin wird hoffentlich einer Nationalrätin nicht irgendetwas erzählen. Nur als Hinweis zum Nachschauen, es ist das Schreiben vom 2. Februar 2010 an die Frau Nationalratspräsidentin Prammer zum Weiterreichen. Ich habe mir dann gesagt, ich muss doch einmal bei den Freunden bei der Polizei nachfragen, ob es nicht doch wieder diese Monatsstatistiken gibt oder noch immer gibt. Und schauen wir einmal, es gibt sie. Es gibt diese Statistiken.

 

Ich habe mir dann die Statistik vom 1. Mai 2010 genommen. Heute war eine wirklich schöne Feier und man hat eine Fahne an das Landespolizeikommando übergeben, auch anlässlich fünf Jahren Zusammenlegung der

 

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