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Gemeinderat, 62. Sitzung vom 30.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 108

 

Schauen wir uns jetzt die Arbeitsplätze von 1994 bis 2010 an! Wien hatte im 1. Quartal 1994 780 059 unselbstständig Beschäftigte und im 1. Quartal 2010 – die Zahlen haben wir schon! – 773 906. Das ist ein Minus von 6 153 Beschäftigten. Wien ist das einzige Bundesland in ganz Österreich, das in diesem Zeitrahmen Beschäftige verloren hat, denn alle anderen Bundesländer gemeinsam haben insgesamt ein Plus von 322 055 Arbeitnehmern.

 

In der Arbeitslosenrate liegt Wien im Mai 2010, also vorigen Monat, mit 8,1 Prozent eindeutig an der Spitze aller Bundesländer. Der Durchschnitt beträgt 5,7 Prozent.

 

Arbeitslose gab es in Wien in absoluten Zahlen 78 924 im 1. Quartal 2010, das ist eine Zunahme um plus 2 015. Wenn ich die 30 529 Schulungsteilnehmer dazurechne, was man fairerweise tun sollte, dann kommen wir auf eine Zunahme um 9 376 Personen. Das heißt, insgesamt ist die Zahl der Arbeitslosen auf etwa 109 000 und somit um 11 000 Personen gestiegen.

 

Gehen wir weiter und kommen wir zu den Insolvenzen, die auch eine sehr interessante Geschichte sind. Die Zahl der Gesamtinsolvenzen in Wien, also privater und geschäftlicher Insolvenzen, hat von 2008 auf 2009 um 7,2 Prozent zugenommen. Der Anteil an der gesamtösterreichischen Zahl beträgt – und das ist unglaublich! – 34,8 Prozent! Wien hat also insgesamt mit Abstand die meisten Insolvenzen!

 

Jetzt kommen wir zu den Unternehmerinsolvenzen. Bei Unternehmerinsolvenzen betrug die Zunahme in Wien zwischen 2008 und 2009 9,9 Prozent. Der Anteil Wiens an den Unternehmerinsolvenzen ganz Österreichs betrug ebenfalls 31,5 Prozent. Das ist unglaublich! Hier spiegelt sich auch etwas wider, wovor wir seit vielen Jahren warnen, nämlich das Sterben der kleinen Geschäftsstraßen, der Gewerbebetriebe und Handelsbetriebe. Es mag sein, dass wir international sehr wichtige Unternehmen bekommen! Es sterben aber jene Firmen und Kleinbetriebe aus, die in Wien und in Österreich von null bis fünf Beschäftigte haben, und diese sind das Rückgrat der Wirtschaft.

 

Natürlich sind auch die internationalen Unternehmen wichtig. Diese haben wir aber nicht im Griff, diese kann man finanziell und steuertechnisch nicht immer hier belangen, wenn etwa Gewinne verschoben werden. Das brauche ich gerade Ihnen nicht zu erzählen! Da sind Sie als aufrechte Linke sicherlich besser beschlagen als ich! Ich habe mich aber auch damit beschäftigt: Die Großen hat man in Wirklichkeit nicht in der Hand, die können abziehen, die Kleinen hingegen müssen bleiben.

 

Meine Damen und Herren! Von der Mercer-Studie habe ich schon gesprochen. Es gibt aber auch eine andere Studie von Cushman & Wakefield betreffend internationale Wirtschaftsstandorte. In dieser Reihung ist Wien im letzten Jahr von Platz 26 auf 28 zurückgefallen, wobei vor 19 Jahren Platz 20 unser bester Platz war. Auch hiebei handelt es sich um ein angesehenes Institut. Wie bei der ECA-Studie werden hier allerdings beim Ranking auch Kriterien wie Klima, persönliche Sicherheit, Integrationsmöglichkeiten, politische Stabilität, Wohnungsmarkt, Freizeitmöglichkeiten und so weiter beurteilt. Bei der internationalen ECA-Studie 2010 liegt Wien auf dem 13. Platz.

 

Das war jetzt nur eine kleine Replik, damit man in Zukunft, wenn man einen neuen STEP entwickelt, auch ein bisserl in Richtung Erhaltung, Förderung und Stabilisierung der Klein- und Mittelbetriebe und der Geschäftsstraßen geht. Diesbezüglich ist für mich zu wenig enthalten, und es ist meiner Ansicht nach wenig geschehen in den Geschäftsstraßen und auch am Westgürtel. Der Herr Stadtrat hat davon gesprochen. Man hat halt ein paar Künstler gefördert. Das ist schön! Die Künstler sollen ausstellen! Das ist schon richtig! Aber Galerien können nicht die Gesamtzukunft einer Geschäftsstraße sein! Man kann Künstlerviertel schaffen, aber Ottakring, Hernals und Meidling sind keine Künstlerviertel! Man muss dort vor allem auch andere Dienstleister hineinbringen!

 

Auf Seite 33 steht: „Sicherstellung von zeitgerechtem und erschwinglichem Wohnen.“ – Damit stimme ich voll überein! Das Problem dabei ist aber, wie wir schon gestern besprochen haben und wie es auch Kollegin Gretner angesprochen hat, dass dabei etwas fehlt, nämlich diese Zweiteilung. Erschwinglich muss eine Wohnung immer sein, aber sie muss auch für jene Leute erschwinglich sein, die nur 800, 900 oder 1 100 EUR verdienen, und jetzt haben wir auch die Mindestsicherung. Auch diese Leute müssen sich eine Wohnung leisten können, und für alle anderen sollen die Wohnungen auch erschwinglich sein.

 

Man muss das kategorisieren. Jedenfalls fehlt mir aber ein gewisser Anteil an tatsächlichen Sozialwohnungen. Es ist eine alte freiheitliche Forderung, dass die Gemeinde Wien endlich wieder selbst Sozialwohnungen bauen soll. Diese müssen ja nicht allen Luxus haben, die Leute wollen nämlich gar keinen Luxus, sondern die Leute mit einem oder zwei Kindern wollen eine Wohnung mit zwei Zimmern, einer Küche, einer Toilette und einem Nassraum. Das ist das Entscheidende! Das fehlt mir hier! Es muss einen Anteil an Sozialwohnungen geben, die für verschiedene gesellschaftliche und soziale Schichten wirklich leistbar sind.

 

Meine Damen und Herren! Die Förderung bekommen sowieso alle. Wenn aber jemand unter das Mindesteinkommen fällt, dann bekommt er nicht einmal eine Gemeindewohnung und wird abgelehnt. Das wissen wir auch. Auch solche Fälle gibt es. Diese Leute bekommen keine Wohnung, weil es heißt: Die Miete muss mindestens 350 EUR ausmachen. Er hat aber leider nur 740 EUR und bekommt daher nicht einmal einen Vormerkschein, meine Damen und Herren. Das ist auch ein wichtiger Punkt, aber das ist in einem anderen Kapitel zu betrachten.

 

Hauptbahnhof Wien, Erdberger Mais, Seite 42: Das ist in Ordnung! Wir haben diesem Projekt immer zugestimmt. Auch dazu könnte ich sagen: Das war schon die Auffassung des leider zu früh verstorbenen Rainer Pawkowicz, der immer gesagt hat, dass der dorthin gehört, als andere noch gesagt haben: Den Hauptbahnhof brauchen wir nicht! Es geht jetzt aber nicht um einen Streit,

 

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