Gemeinderat, 62. Sitzung vom 30.06.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 108
entspricht etwa der vierfachen Einwohnerzahl von St Pölten. Insgesamt überwiegen in Österreich Geldleistungen mit über 70 Prozent, Sachleistungen, Hoher Gemeinderat, sind aber für die soziale Lage bedeutend wichtiger. Die Stadt Wien achtet in der Vergangenheit und auch in Zukunft bei ihrer Sozialpolitik auf einen ausgewogenen Mix an Leistungen, um generell armutspräventiv zu wirken und im Notfall bereits bestehende Armut zu bekämpfen.
Meine Damen und Herren, ein starkes öffentliches Spitalswesen, ein starkes öffentliches Bildungswesen, der beitragsfreie Kindergarten, ein leistbarer öffentlicher Verkehr, ein starkes städtisches Engagement bei den Gemeindebauten und dem geförderten Wohnbau, all das sind Leistungen, die Menschen davor schützen, in Not zu geraten - das hat ja auch schon vor wenigen Monaten unsere Frau Gesundheits- und Sozialstadträtin erklärt -, Arbeitsintegrationsprojekte zur beruflichen Integration, mobile Dienste für 27 000 Wienerinnen und Wiener oder der Wiener Mobilpass als Beispiel für Sachleistungen, Geldleistungen von der Sozialhilfe, über den auf 200 EUR verdoppelten Heizkostenzuschuss bis zur Wiener Heizbeihilfe sind erst der zweite Schritt, wenn Menschen trotz zahlreicher Präventivmaßnahmen dringende und konkrete Hilfe brauchen. Es gilt, Klientinnen und Klienten möglichst früh mittels sozialarbeiterischer Beratung und Betreuung zu begleiten.
Meine Damen und Herren, das Bundesland Wien hat sich intensiv in die Verhandlungen zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung eingebracht. Dadurch ist es gelungen, viele Standards, die in Wien schon seit Langem Gültigkeit haben, auch bundesweit umzusetzen und auszurollen. (Beifall bei der SPÖ.) So haben wir zum Beispiel die sechsmonatige Behaltemöglichkeit von nicht sofort liquidierbarem Vermögen, dazu zählt zum Beispiel Auto und Grundbesitz, festgelegt. Wir haben die Einkommensfreibeträge bei den Dazuverdienstmöglichkeiten in Wien. Der Einstieg von SozialhilfebezieherInnen in das Arbeitsleben erfolgt sehr oft schrittweise, über eine geringe oder eine geringfügige Beschäftigung oder Teilzeit, sodass nur geringes Erwerbseinkommen erzielt wird, das jedoch, sofern es keinen Einkommensfreibetrag gibt, voll bei der Berechnung der Mindestsicherung berücksichtigt wird. In den Fällen, in denen das Erwerbseinkommen geringer ist als der Mindeststandard, hat Wien - ebenfalls bereits seit 2001 - Dazuverdienstmöglichkeiten in der Sozialhilfe geschaffen, auf die im neuen Wiener Mindestsicherungsgesetz auch ein Rechtsanspruch besteht.
Die Höhe liegt zwar unter der bisherigen Dazuverdienstmöglichkeit – das könnte man jetzt kritisieren - dafür ist diese für einen längeren Zeitraum, nämlich wie bisher nicht von einem halben Jahr, sondern für eineinhalb Jahre beantragbar. Wir haben ebenfalls bei uns die Richtsatzsystematik und die Einführung von pauschalierten Richtsätzen beziehungsweise Mindeststandards. Das ist auch bei einem Mietselbstbehalt beinhaltet, in Wien schon eine lange Tradition, in anderen Bundesländern nicht.
Der Wegfall des Verwandtenregresses: Auch da hat sich Wien durchgesetzt. Nunmehr gibt es, meine Damen und Herren - und es zählt ja auch die Gleichbehandlung in allen anderen Bundesländern in ganz Österreich -, keine Regressverpflichtung von Eltern für ihre volljährigen Kinder beziehungsweise von volljährigen Kindern für ihre Eltern. Das ist für ganz Österreich auch ein sozialpolitischer Meilenstein. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren, wir sehen aber auch gemäß der Art 15a-Vereinbarung einer bundesweiten Bedarfsorientierten Mindestsicherung neben einem Verschlechterungsverbot auch die Möglichkeit vor, bessere Leistungen zu gewähren.
Das Land Wien hat das Verschlechterungsverbot tatsächlich ernst genommen und bereits im Vorfeld und nicht erst im Einzelfall geklärt, bei welchen Fallkonstellationen es zu Verschlechterungen kommen kann. Die rechtlichen Voraussetzungen wurden daher angepasst, sodass es in keiner Standardfallkonstellation zu Verschlechterungen kommt. Demnach erhalten, im Unterschied zu anderen Bundesländern, nicht nur bisherige SozialhilfebezieherInnen, sondern auch alle künftigen MindestsicherungsbezieherInnen mehr als bisher. Da möchte ich darauf hinweisen, dass sich einige Bundesländer dazu entschieden haben, das Verschlechterungsverbot nur auf Altfälle zu beziehen, wir in Wien haben aber bereits folgende Maßnahme gesetzt:
Mindeststandards bei Kindern. Hier ist ebenfalls unsere klare Vorgabe nachzulesen.
Beibehalt von Dauerleistungen und Mietbeihilfen für SeniorInnen.
Die zusätzliche Mietbeihilfe, die es in Wien gibt.
Auch wohnungslose Menschen erhalten künftig ebenfalls den vollen Richtsatz in der Höhe von 744 EUR.
Einige Bundesländer sehen den Abzug des Wohnungsselbstbehaltes vor. Da aber Wohnungslose, meine Damen und Herren, in der Regel sehr wohl einen finanziellen Aufwand für Wohnen haben, sieht die Stadt Wien von einem Abzug ab. Ebenfalls keinen Abzug gibt es für die Bezieherinnen und Bezieher einer Mindestsicherungsleistung, die eine geringere Miete haben als der Selbstbehalt, also unter 186 EUR. Das Land Wien hat in den Verhandlungen zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung darauf gedrängt, dass der Zugang von SozialhilfebezieherInnen zu Maßnahmen des AMS verbessert und zusätzliche Maßnahmen geschaffen wurden. Das geht auch mit einer stärkeren Erwerbsorientierung in der Mindestsicherung einher. Mit dem Pilotprojekt „Step to job“ steht Sozialhilfebezieherinnen und Sozialhilfebeziehern in den Bezirken 21 und 22 eine neue arbeitsmarktpolitische Maßnahme zur Verfügung, die zum Ziel hat, Sozialhilfe- und Mindestsicherungsbezieher ohne Anspruch auf eine AMS-Leistung intensiv bei der Reintegration in den Arbeitsprozess zu unterstützen.
Weitere Vorteile der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Vergleich zur bisherigen Sozialhilfe: Die Krankenversicherung und E-Card. Alle SozialhilfebezieherInnen, die bisher Krankenhilfe erhielten, sind nun in der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen und erhalten ab 1.9.2010 die
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