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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 29.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 110

 

die Hera ein sehr schönes, ein attraktives, ein freundliches Haus ist. Sie tun das deshalb, weil es in vielen Fällen Sinn macht und es wesentlich sinnvoller ist, in ein großes Spital zu gehen und nicht etwa sich in der Hera operieren zu lassen, wo keine adäquaten Rahmenbedingungen bestehen, was die Auslastung betrifft, was die Fallzahlen betrifft und was die Versorgungswirksamkeit des Hauses betrifft. In dem Fall zitieren wir nicht den Rechnungshof, sondern bloß den Wiener Krankenanstaltenplan, der Mitte Juni im Stadtsenat beschlossen wurde, und da heißt es, ich zitiere: „Für unwirtschaftliche Krankenanstalten, insbesondere mit den im Verhältnis zur Betriebsgröße geringen Fallzahlen und unzureichender Versorgungswirksamkeit, sind in der Planung Konzepte zur Umwidmung in alternative Versorgungsformen zu entwickeln. Dabei sollen auch neue Modelle wie Gesundheitszentren und, und, und in die Überlegungen einbezogen werden.“ Machen wir das einfach! Tun wir das! Verbrennen wir nicht das Geld der Versicherten, denn das, was Sie hier mit der Erhaltung von unwirtschaftlichen Strukturen tun, ist, das Geld der Versicherten zu verschwenden! (GR Ing Christian Meidlinger: Sie wissen aber schon, wer dagegengestimmt hat!) So viele Bedienstete der Stadt und so viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt brauchen eine verbesserte Gesundheitsförderung. Sie brauchen nicht mehr vom Gleichen, nicht mehr Akutbetten, von denen wir mehr als genug haben, sondern sie brauchen Gesundheitsförderung. Und es ist eine zentrale Aufgabe der KFA, dafür zu sorgen, dass es eine Gesundheitsförderung gibt, die den Namen verdient. (GR Ing Christian Meidlinger: Haben die GRÜNEN mitgestimmt? Haben die GRÜNEN auch mitgestimmt bei dem Thema?) Das heißt für uns, dass die Hera schrittweise ihr stationäres Angebot herunterfahren soll und stattdessen einen nachgehenden, einen flexiblen, einen modernen Ansatz der Gesundheitsförderung wählen soll. Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt, denn Betten zu haben, auch wenn sie weder gebraucht noch ausgelastet noch kostengünstig sind, ist auch ein Renommee. Aber ich erinnere an den Wiener Krankenanstaltenplan: Verschwenden Sie das Geld der Versicherten nicht, sondern setzen Sie es dafür ein, dass die Bediensteten ihre Gesundheit erhalten können und sie unterstützt werden in den Anstrengungen um ein gesünderes Leben! Jeder, der sich mit Gesundheitspolitik beschäftigt, weiß, dass es dann, wenn man krank ist, in vielen Fällen schon zu spät ist, dass man vielmehr um gutes Geld durch Gesundheitsförderung erreichen kann, dass die Menschen gesund bleiben. Und dieses Gesundheitsförderungszentrum am Standort der Hera würde für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine positive Zukunftsperspektive bieten und für die Menschen dieser Stadt ein modernes, ein zeitgerechtes, ein vernünftiges, ein wirtschaftliches und vor allem ein qualitatives Angebot darstellen, das wir hier in Wien so sehr vermissen.

 

Nun komme ich zu den Punkten, die seit all der Zeit, seit dem ich hier im Gemeinderat tätig bin, ein Ärgernis sind, weil sie Unterversorgung darstellen, Unterversorgung und Fehlversorgung. Wir wissen, dass in Österreich und auch in Wien die Depressionen im Vormarsch sind, dass es eine Volkskrankheit geworden ist, eigentlich die schlimmste. Für Deutschland gibt es Zahlen, dass nahezu jeder zehnte Krankenstandstag einer ist, der wegen psychischer Erkrankungen genommen werden muss. 2001 waren es nur 2 Prozent, jetzt sind wir bei fast 10 Prozent. All das bedeutet, dass wir in diesen Bereich investieren müssen. Und auch der regionale Strukturplan „Gesundheit für 2015“ geht davon aus, dass es künftig eine verstärkte Inanspruchnahme der psychosozialen Leistungen geben wird und wir meinen, dass wir uns darauf vorbereiten müssen und nicht mit diesem mangelhaften und Flickwerkkonzept, das wir gegenwärtig in Wien haben. Wir wollen nichts weniger wie einen integrativen Psychiatrieplan für psychiatrisch erkrankte Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Und es geht um die Optimierung des stationären und ambulanten Angebotes und um die Schnittstellen, sei es zur Jugendwohlfahrt, sei es zur Behindertenhilfe. Dieser Plan soll Leitlinien ausarbeiten, die sicherstellen, dass wir ein bedürfnis- und bedarfsgerechtes dezentralisiertes System in Wien etablieren, wo der Vorrang ambulant vor stationär sichergestellt ist, wo alle Einrichtungen koordiniert werden, die Dienste anbieten und wo endlich mit der Dezentralisierung ernst gemacht wird. Wir glauben auch, dass es an der Zeit ist, mit der Unsitte aufzuhören, dass man sich, wenn man stationär aufgenommen wird, an die Abteilung wenden muss, für die man rein geographisch zuständig ist. Die freie Arztwahl, die freie Wahl des Spitals soll auch für die psychisch Kranken gelten. Sie sollen nicht mehr gezwungen sein, in eine Abteilung zu gehen, nur weil sie im vermeintlich richtigen oder falschen Bezirk wohnen. Wir haben hier einen entsprechenden Beschlussantrag vorbereitet, den ich dann vorlegen werde.

 

Zur psychiatrischen Versorgung gehört mehr als je der PSD, der psychosoziale Dienst, der mit Herrn Dr Psota zu Beginn dieses Jahres eine neue chefärztliche Leitung bekommen hat. Ich meine, dass der Herr Dr Psota mit seinem Team jetzt wirklich alle Anstrengungen der Stadt braucht, damit er die dringenden überfälligen Reformmaßnahmen in der Psychiatrie in Angriff nehmen, finanzieren und umsetzen kann.

 

Es kann nicht sein, dass wir seit 1979 für die psychiatrische und psychosoziale Versorgung zwar einen Zielplan haben, aber dass wir nie nachgeschaut haben, ob der überhaupt noch passend ist, ob die Ziele erreicht worden sind, ob wir nicht den einen oder anderen Modifizierungsbedarf haben. Und statt dass wir hinschauen, woran es hier mangelt, ob wir wohl unser Kerngeschäft noch mit der ausreichenden Qualität leisten können oder ob die Dinge wirtschaftlich nicht schon so schlecht beieinander sind, dass es in allen Nähten und Ecken kracht, diesen Blick erspart sich die Stadt bisher. Es ist an der Zeit, dass wir hier evaluieren. Wir wollen, und auch da haben wir einen entsprechenden Antrag gestellt, Evaluierung dieses Zielplanes aus 1979 mit dem Ziel, künftighin besser zu vernetzen, mehr nachgehende Versorgung. Niedrigschwelligen Zugang und multiprofessionelle Betreuung. Wenn es stimmt, was ich höre, dass aus Ersparnisgründen Posten nicht besetzt werden, dann

 

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