Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 108 von 126
der Bürgermeister zu Beginn der Legislaturperiode die Ansage gemacht hat, dass er Integration zur Chefsache machen wird. Wie viele andere Ankündigungen in dieser Stadt ist auch das nur als Lippenbekenntnis in die Geschichte eingegangen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und wurde tatsächlich nicht verwirklicht.
Wir als der treibende Motor der Integrationspolitik in dieser Stadt haben viele Punkte zu Themen gemacht und Defizite aufgezeigt. Einiges davon wurde auf unser Betreiben hin von der Stadtregierung dann auch tatsächlich umgesetzt. Ich erinnere etwa an die Deutschkurse. Deutschkurse wurden hauptsächlich in diversen Hinterhöfen abgehalten, eine Zertifizierung gab es nicht, und die Lehrerinnen und Lehrer waren nicht qualifiziert. Wir haben sehr hartnäckig daran gearbeitet, dass diese Kurse endlich zertifiziert werden und auch das Umfeld und die Räumlichkeiten stimmen.
Wir haben diese 1+1-Förderung für Kinder gefordert. Wir haben das Gratiskindergartenjahr gefordert. In der heutigen Rede von Finanzstadträtin Brauner habe ich einen Satz vernommen, der mir ein bisschen ein Lächeln auf die Lippen gezaubert hat. Sie hat gesagt: Wir wissen, wie wir das finanzieren! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe genau die Worte der zuständigen Stadträtin – damals war sie nicht Finanzstadträtin – in den Ohren, die damals, als wir den Gratiskindergarten gefordert haben, gesagt hat: Wie sollen wir denn das finanzieren? Wir wissen nicht, wie wir das finanzieren sollen!
Irgendwann haben Sie dann aber eingesehen, dass Sie das umsetzen und dieses Gratiskindergartenjahr endlich sozusagen ins Leben rufen müssen. Und jetzt auf einmal sagen Sie: Wir wissen, wie wir es finanzieren! – Das heißt, wenn der Wille da ist, wenn Sie wollen, dann geht es auf einmal!
Aber so leicht ist es in den letzten Jahren nicht gegangen. Ich erinnere daran, dass ich von Tür zu Tür gegangen bin und 5 000 Unterschriften allein bei den Migranten gesammelt habe, damit diese Forderung überhaupt Berücksichtigung in diesen heiligen Räumlichkeiten findet. Auch damals haben Sie – im Sinne der Genossen – „Njet!“ gesagt. Jetzt geht es aber auf einmal doch! Das wurde umgesetzt.
Ich bin mir sicher, dass Frau Kollegin Krotsch auch hinsichtlich des Frauenbereichs sagen wird, wie toll alles auch im Migrantinnenbereich funktioniert. – Darauf sage ich: Nein, es funktioniert vieles nicht! Gewalt ist bei Migranten noch immer ein Thema.
Stichwort Zwangsheirat: Wir haben vehement gefordert, dass endlich einmal zumindest eine Studie zur Zwangsheirat erstellt wird, damit man weiß, wie der Ist-Zustand ist. Das haben wir 2005 gefordert, und wir mussten diese Studie drei Jahre lang fordern, bis sie irgendwann vorgelegt wurde. (Zwischenruf von GRin Mag Nicole Krotsch.) Sehr geehrte Frau Kollegin! Ich vermisse noch immer die Umsetzung jener Forderungen, die in dieser Studie genannt werden!
Stichwort kultursensible Einrichtung: Jene Einrichtung – Stichwort Kolpingwerk –, die das anbietet, muss ums Überleben kämpfen. Sie wissen genau, dass diese Einrichtung prädestiniert dafür ist, auf diesem Gebiet zu arbeiten. Sie muss aber immer ums Überleben kämpfen! Dort arbeitet eine Kraft, die nur für einen Halbtag bezahlt wird und ihre Freizeit opfert, damit jene Arbeit angeboten werden kann, um jene Frauen zu unterstützen, die unsere Hilfe brauchen.
Ich weiß, dass es leicht ist, sich herzustellen und alles toll und rosarot zu reden! Es gibt da draußen aber Tatsachen, mit denen auch wir immer wieder konfrontiert werden, beziehungsweise wenden sich diese Menschen an uns, wollen Hilfe und sagen: Dort bekommen wir keine Unterstützung! So ist es! (GRin Nurten Yilmaz: So ein Blödsinn!)
Entschuldigen Sie, Frau Yilmaz! Ich werde diese Menschen gerne auch an Sie weiterleiten, damit sie ihre Forderungen auch an Sie stellen können! Ich glaube nämlich, dass sie bei Ihnen nicht einmal Termine bekommen, denn offensichtlich müssen sie sich an uns wenden, um ihr Anliegen überhaupt vorbringen zu können.
Nächster Punkt, die „Mama lernt Deutsch“-Kurse. Das war auch eine langjährige ÖVP-Wien-Forderung! Ich weiß! Die SPÖ schmückt sich gerne mit fremden Federn! Ich sehe auch aus Ihren Reaktionen, dass Sie etwas nervös sind! All das, was ich sage, gefällt Ihnen nicht! (Zwischenruf von GRin Nurten Yilmaz!) Ich weiß! Die Wahrheit schmerzt, Frau Kollegin, aber damit müssen Sie leben! Ich gehöre nicht zu jenen, die so etwas sozusagen aus der Westentasche ziehen, sondern all das sind Tatsachen, all das ist belegt. Das war auch unsere Forderung, und dieser Kurs wurde Gott sei Dank umgesetzt.
Unser Vorschlag lautet jetzt, diesen Kurs weiter zu entwickeln zu „Eltern lernen Deutsch". „Papa lernt Deutsch"-Kurse wurden vor Kurzem mit einer Begründung abgelehnt, die ich nicht nachvollziehen kann, dass Männer sozusagen nicht jene Priorität genießen sollten wie Frauen. Für mich ist das nicht verständlich! Zwei Tage später gab es dann aber eine Presseaussendung, in der die Stadträtin sagt, dass wir auch die älteren Migranten und Männer ins Boot holen und dafür sorgen müssen, dass sie Deutsch lernen. – Gewisse Punkte sind für mich nicht nachvollziehbar und unverständlich, und das zeigt mir, ehrlich gesagt, auch, dass es da kein Konzept gibt. Es gibt Einzelprojekte, es gibt da und dort ein Projekt, aber ich vermisse bis heute ein Gesamtkonzept, das alle Bereiche berührt und abdeckt! (GRin Mag Nicole Krotsch: Wie eine tibetanische Gebetsmühle!)
Wenn die zuständige Frau Stadträtin sagt, dass sie sich gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus einsetzt und ein Bekenntnis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ablegt, dann sage ich: No na! Als zuständige Stadträtin werden Sie nicht sagen: Ich bin für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit! Selbstverständlich müssen Sie dieses Bekenntnis abgeben! Das ist das Mindeste! Aber ich möchte letztlich auch Maßnahmen sehen, die greifen und fruchten, damit die Stimmen draußen, die immer rauer werden, beruhigt werden und man sagen kann, dass die Kluft zwischen Alteingesessenen und Zugewanderten geschlossen wird und die Gräben nicht immer
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