Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 126
der Stadt Wien. Es ginge noch teurer, das wissen Sie auch. Ein Stellplatz in der Zentralfeuerwache Wien kostet über 200 000 EUR. (Beifall bei der ÖVP.)
Damit möchte ich wieder zurückkommen zu dem, worum es eigentlich hier heute gehen sollte. Sie haben zwar jetzt versucht, eine Wahlkampfrede zu schwingen, was auch ganz spannend war, denn jetzt wissen wir, wofür die GRÜNEN stehen: für Planwirtschaft und Höchststeuerquoten. Das ist Ihr gutes Recht. Dass das System bereits vor mehreren Jahrzehnten gescheitert ist, ist auch nicht unbekannt.
Zurück zum Rechnungsabschluss. Es ist natürlich auch verständlich, dass sich die Frau Vizebürgermeisterin heute hier herstellt und den Rechnungsabschluss verteidigt. Das ist ihr gutes Recht, das würde jeder von uns aus seiner eigenen persönlichen Sicht genauso tun, denn dieser Rechnungsabschluss widerspiegelt ja Ihre Politik, die Wirtschaftspolitik der SPÖ, die in dieser Stadt praktiziert wird. Sie sagen uns, wie großartig alles ist, und, ja, es ist vieles gut in dieser Stadt, das können wir alle jeden Tag erleben, aber dass alles nicht ganz so großartig ist, vergessen Sie vielleicht, weil Sie mittlerweile wahrscheinlich schon „zugemercert" sind und die Realitäten nicht mehr erkennen können. Aber dazu noch etwas später. (Beifall bei der ÖVP.)
Dass Sie die Wirtschaftspolitik nach Ihren Vorstellungen machen, ist auch gut so, denn das bietet uns die Möglichkeit, heute Unterscheidungsmerkmale herauszuarbeiten und zu differenzieren. Wir können uns heute anschauen, wie die sozialdemokratische Vorstellung von Wirtschaftsbelebung ausschaut, und die findet ja durchaus statt. So etwa – wir haben es heute schon gehört – die Belebung der Werbewirtschaft durch den Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien. Da werden wir dann tagtäglich durch inhaltsleere Inserate beglückt, die uns mitteilen, dass Wien Bäder, Schulen, Altenheime hat. Die größte Chuzpe bei der Inseratenkampagne finde ich allerdings das, dass Sie sich wirklich herausnehmen, damit Werbung zu machen, dass die U-Bahn, sagen wir einmal, haarscharf am Zentralbahnhof vorbeifährt. Das wird auch beworben für unser Steuergeld.
Ein anderes Beispiel: das vielgepriesene Konjunkturpaket. Das kommt allerdings – und das haben wir heute auch schon mehrmals gehört – leider nicht der Wiener Wirtschaft, sondern fast ausschließlich den Wiener Linien zu Gute, damit das Geld schön in der Familie bleibt.
Frau Vizebürgermeisterin! Sie haben gemeint, Investitionen in die Infrastruktur lösen einen Investitionshebesatz von 1 zu 1,2 aus. Das stimmt. Aber das zeigt auch, wie falsch die Mittel eigentlich eingesetzt werden. Denn wenn Sie den Löwenanteil in die Infrastruktur statt in arbeitsplatzintensive Bereiche stecken, dann betreiben Sie nicht aktive Arbeitsplatzpolitik, und die könnten wir durchaus brauchen in Zeiten sehr hoher Rekordarbeitslosigkeit. Warum nicht eine Sanierungsoffensive, wo Sie sofort und unmittelbar einen Hebesatz von 1 zu 10 auslösen könnten?
Sie haben den Bereich Wohnbau angesprochen. Ja, auch im Baubereich wird munter in den Neubau hineininvestiert, wo weniger Arbeitsplätze geschaffen werden als im Sanierungsbereich, denn wer neu baut, hat einen wesentlich höheren Maschineneinsatz, der kann sich Fertigteile bedienen, aber wer in die Sanierung investiert, hat einen höheren Anteil an Mannstunden, und Mannstunden sind Arbeitsplätze für Männer und Frauen in dieser Stadt. (Beifall bei der ÖVP.)
Noch eines, was mich wundert in diesem Zusammenhang: Wenn Sie mehr in die Stadterneuerung und in die Sanierung investieren würden, könnten Sie auch der Ghettoisierung entgegenwirken und auch sozialpolitisch endlich einen Schritt in die richtige Richtung setzen und eine Rückdurchmischung erreichen.
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen noch eine Frage stellen, die sich vorhin aufgeworfen hat: Was die Umlenkung der Investitionsanreize auf den privaten Sektor mit Privatisierung zu tun hat, hätte ich gerne einmal erklärt, denn der private Investor wird in dieser Stadt nicht gerade verwöhnt. Wir haben gerade letzte Woche hier ein neues Gesetz beschlossen – wir haben nicht mitgestimmt –, das Wohnbauförderungs- und Sanierungsgesetz. Auch damit werden nicht gerade Investitionsanreize für Private geboten. Oder das Stichwort Abfallwirtschaftsgesetz, das Monopolisierungstendenzen weiter ausbaut. Es geht mir nicht darum, Wien schlechtzureden, es geht einfach nur darum zu zeigen, was besser ginge und wie es besser ginge.
Wenn der Herr Kollege Strobl meint, keine Neuverschuldung und gleichzeitig sparen, das geht nicht, dann ist das eigentlich ein Armutszeugnis für die Sozialdemokratie. Herr Strobl ist selbst Unternehmer, und wenn er noch nie etwas von effizientem Mitteleinsatz gehört hat, dann tut es mir wirklich leid für ihn. (Zwischenruf von GR Friedrich Strobl.) Ja, man kann trotzdem investieren, wenn man sich überlegt, die Mittel, die man hat, effizient einzusetzen.
Ein kleines Beispiel dazu: In Wien brauchen wir 600 EUR, um ein Verkehrszeichen aufzustellen, in anderen Städten in Österreich, nehmen wir Innsbruck her, da geht es um 88 EUR, in Linz geht es um 140 EUR. Jetzt frage ich mich: Sind unsere Leute in Wien dümmer, langsamer? Woran liegt es? Kann man da vielleicht ein bisserl über Effizienz nachdenken, oder ist das zu viel verlangt? (Beifall bei der ÖVP.)
Dann haben Sie noch etwas gesagt, und da möchte ich jetzt gleich anschließen: die kleinen und mittleren Unternehmen in Wien. Das sind 80 Prozent aller Unternehmen in Wien. Ja, mit denen sprechen wir. Wir sprechen mit denen wahrscheinlich viel intensiver als Sie es tun. Und wissen Sie, was man dort hört? Am Samstag erst bin ich mit etlichen von diesen Unternehmern zusammengesessen, und die haben mir gesagt: Die wollen uns gar nicht in der Stadt. Hier werden Hürden aufgebaut, die unglaublich sind. Genehmigungsverfahren, die bürokratisch und kompliziert sind, die unendlich dauern. Die Stadt Wien hat sich selbst zum Ziel gesetzt, dass man innerhalb von drei Monaten ein Betriebsgenehmigungsverfahren umsetzt. Das ist ein selbst gesetztes Ziel, das nicht erreicht wird. Das kann Monate, oft sogar Jahre dauern. Ich habe selbst schon etliche ... (GR Karlheinz Hora: Sagen Sie auch, warum!) Ja, weil Sie es
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