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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 126

 

natürlich erhoffen wir uns dafür ein absolutes Vertrauen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zur allgemeinen Beratung des Rechnungsabschlusses für das Jahr 2009 liegt keine Wortmeldung mehr vor.

 

Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke. Ich möchte darauf hinweisen, dass in der Präsidialkonferenz für die Spezialdebatte folgende Redezeiten vereinbart wurden: für den Erstredner 25 Minuten, für die weiteren Redner 15 Minuten. Zu Wort gemeldet ist Herr GR Stark. Ich erteile es ihm.

 

13.09.24

GR Rudolf Stark (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Im „WirtschaftsBlatt" vom 19. Februar, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, wurden Sie zu Wien als Dienstleistungsmetropole und anderem befragt. Auf die Frage: „Was ist zu tun, damit Wien weiterhin die lebenswerteste Stadt der Welt bleibt?", haben Sie geantwortet: „Jetzt gilt es, Wien weiterhin gut durch die Krise zu steuern, und die ist noch lange nicht vorbei. Bei all den positiven Prognosen ist keine dabei, die so bald ein Wirtschaftswachstum von über 2 Prozent vorsieht, und wir wissen alle, dass die Arbeitslosigkeit erst dann zurückgehen wird. Die Krise ist erst vorbei, wenn die Menschen wieder Arbeit, die Jugend wieder Ausbildung und die kleinen und mittleren Unternehmen wieder Aufträge haben."

 

Generell, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, muss man diese Überlegungen anerkennen und unterstützen. Ihre in der Zeitung angestrebten Ziele, all das zu meistern, haben Sie noch nicht erreicht.

 

Arbeitslosigkeit: Die aktuelle Arbeitslosenrate im Mai 2010 belegt, dass die Arbeitslosenrate in Wien bei 8,1 Prozent, also um 2,4 Prozentpunkte über dem Schnitt der anderen Bundesländer, liegt. Der Schnitt der anderen Bundesländer beträgt 5,7 Prozent.

 

Dazu das „WirtschaftsBlatt": „Das Geschäft mit der Arbeitslosigkeit boomt." Und: „227 089 Personen waren im Mai arbeitslos gemeldet. Das sind um 5,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Tatsächlich sind aber heuer um 1 293 mehr Menschen arbeitslos als im Vorjahr, denn die 78 178 Schulungsteilnehmer, plus 13 981 Personen im Vergleich mit 2009, gelten offiziell nicht als arbeitslos."

 

Das bedeutet, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, dass die Arbeitslosigkeit gestiegen ist und Sie Ihr gestecktes Ziel noch nicht erreicht haben.

 

Nächster Bereich: Wie geht es den kleineren und mittleren Unternehmen wirklich? Ich darf erinnern, dass der größte Dienstgeber Wiens noch immer die KMUs, also die Klein- und Mittelbetriebe sind. Immerhin sind 98 Prozent der Dienstnehmer Wiens in KMUs beschäftigt und nur 2 Prozent der Dienstnehmer arbeiten in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten. Wir alle wissen, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, dass es diesen Betrieben überwiegend schlecht geht und nicht so gut, wie Sie es in Ihrem Impulsreferat dargelegt haben.

 

Dazu einige Schlagzeilen: „Die Finanzierung von KMU ist noch immer ein Problem." Oder: „KMU tragen die Kosten der Krise." Oder: „Kleinbetriebe auch 2010 von Pleiten stärker betroffen." Oder: „Bei Klein- und Mittelbetrieben gibt es eine Liquidationskrise."

 

Schon vor mehreren Jahren hat die Frau Wirtschaftskammerpräsidentin Jank festgestellt, dass es bei den KMUs in Wien Handlungsbedarf gibt. Damals Schlagzeile im „WirtschaftsBlatt": „Finanzierung: Wirtschaftskammer Wien sieht ein Drittel der KMU bedroht." Und im Detail – ich zitiere: „17 Prozent der 72 500 Wiener Klein- und Mittelbetriebe befinden sich in einer katastrophalen Situation. Sowohl die Eigenkapitalquote als auch die Umsatzrendite sind negativ. Nimmt man KMUs mit niedriger Eigenkapitalquote, 0 bis 10 Prozent, und niedrigem Gewinn vor Steuern, 0 bis 2,5 Prozent, dazu, sind 31 Prozent der Wiener KMUs extremst gefährdet." – So die Frau Wirtschaftskammerpräsident Jank.

 

Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Überträgt man dies linear auf die Arbeitsplätze, könnte das für den größten Dienstgeber Wiens bedeuten, dass fast ein Drittel aller Arbeitsplätze bei den KMUs in Wien in Gefahr sind. Und das ist doch entsetzlich, Frau Vizebürgermeister!

 

Erst vor zwei Monaten hat die Frau Wirtschaftskammerpräsident Jank wieder auf die Situation in Wien hingewiesen. Jank: „Wien braucht eine neue Wirtschaftspolitik." Dieser Forderung muss man sich im Hinblick auf die Situation der KMUs voll anschließen.

 

Das Hauptproblem der KMUs ist die schlechte Eigenkapitalquote dieser Unternehmen. Von den Betrieben mit 1 bis 9 Dienstnehmern haben fast 55 Prozent ein negatives Eigenkapital, von den Betrieben mit 10 bis 49 Beschäftigten haben immerhin noch 35 Prozent ein negatives Eigenkapital. Das bedeutet, dass 90 Prozent dieser Betriebe überschuldet oder sogar Krisenbetriebe sind.

 

Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Auf diese katastrophale Situation verweise ich hier anlässlich der Budget- und Rechnungsabschlussdebatten schon seit vielen Jahren mit dem Ersuchen an die sozialdemokratischen Finanz- und Wirtschaftsstadträte beziehungsweise -stadträtinnen, sich für diese Unternehmen einzusetzen. Konkrete Handlungen seitens des Landes Wien haben wir bisher leider nicht feststellen können. Die Ausgaben für die Wirtschaftsförderung für Klein- und Mittelbetriebe betrugen 2008 49 Millionen und 2009 51 Millionen; budgetiert für 2009 waren übrigens 52 Millionen. Glauben Sie wirklich, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, dass mit diesen zusätzlichen 2 Millionen EUR tatsächlich eine Verbesserung der Situation bei den Klein- und Mittelbetrieben erreicht werden kann, und das in Zeiten einer Finanzkrise und in Zeiten von Basel II?

 

Mangels Eigenkapital sind die Betriebe auf Fremdkapital angewiesen, und da kommen wir schon zum nächsten Problem. Auch auf dieses habe ich hier schon oftmals hingewiesen, auf Basel II. Die Banken haben mit Basel II bereits seit vielen Jahren ein eigenes Rating für ihre Kreditvergaben geschaffen. Und was bedeutet das Rating für diese Betriebe? Nun, nicht nur, dass sich die Kreditkosten bei schlechtem Rating enorm erhöhen, gibt es für viele solcher Betriebe überhaupt keine Kredite

 

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