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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 81 von 102

 

entweder dazugehört und mitmachen kann oder aber nicht dazugehört und nicht mitmachen kann.

 

Diese Kinder, von denen ich vorhin gesprochen habe - nämlich dass ihre Entwicklung in sprachlicher Hinsicht oder auch in motorischer Hinsicht verlangsamt ist -, begegnen uns ja einige Jahre später wieder. Das sind dann nämlich die Kinder, die bei der Schuleinschreibung in die Vorschulklasse geschickt werden, das heißt, auch von der Institution Schule her bereits herausgegriffen werden, separiert werden, ausgegrenzt werden und dann in eigene Klassen hineinkommen.

 

Da stelle ich jetzt auch einmal die erste Frage, und zwar an Sie, meine lieben Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Haben Sie sich das wirklich gut überlegt, das mit der Ausgrenzung der Kinder in Vorschulklassen? Ist Ihnen vielleicht irgendwann einmal schon die Idee gekommen, dass Sie damit die Gesamtschule, die Sie immer wünschen, konterkarieren, und zwar gleich zu Beginn des Schuleintrittes dieser Kinder? Haben Sie sich schon einmal überlegt, dass Sie vielleicht von institutioneller Seite her an dieser Ausgrenzung mitarbeiten? Wenn ja, würde ich Sie bitten, an diese Überlegung anzuschließen, dass man diese Vorschulklassen auch wieder abschafft.

 

Es ist daher kein Wunder, wenn bei diesen Kindern, wo wir alle wissen, dass es sie gibt und wir uns nur über die Anzahl nicht einigen können, sich etwas einstellt wie Schamgefühle, Minderwertigkeitsgefühle, ein Mangel an Selbstwertgefühl. Ich denke, das darf eine Gesellschaft nicht zulassen. Es muss in unser aller Interesse sein, dass die Begabungen dieser kleinen Kinder, ihre Interessen, ihre Wünsche und Vorstellungen gefördert werden, dass sie unterstützt werden und dass sie mithalten können mit allen anderen Kindern.

 

Wir kennen das Phänomen, dass den Kindern - den kleinen Kindern, manchmal bis sie sechs, sieben, acht, neun oder zehn Jahre alt sind - gar nicht bewusst ist, dass sie arm sind. Trotzdem merken wir ihnen schon an - und es sind die Kindergärtnerinnen und Kindergärtner, die Lehrerinnen und Lehrer, die ihnen das anmerken -, dass die Toleranzschwelle dieser Kinder niedriger ist, dass sie Stress weniger gut aushalten und dass sie viel leichter in Panik geraten als andere Kinder. Das heißt, bereits an diesem Punkt merken wir, dass die Kinder instinktiv auf diese Situation reagieren, selbst dann, wenn ihnen noch gar nicht bewusst ist, dass sie arm sind, dass ihre Eltern arm sind.

 

Wenn sie dann älter sind, wenn sie eher schon Jugendliche sind, entwickeln sie spezielle Strategien. Die einen ziehen sich zurück, die anderen wollen auffallen und werden betont aggressiv. Etliche begehen dann auch kleine Diebstähle, andere flüchten sich in irgendeine Scheinwelt, und wieder andere sind auf der Suche nach Anerkennung. Wenn wir alle diese Kinder und Jugendlichen betrachten, mit allen diesen Erscheinungsformen, Reaktionsweisen und Strategien, die sie entwickeln, dann wissen wir, dass wir als Gesellschaft etwas falsch gemacht haben. Deswegen wiederhole ich es noch einmal: Kinderarmut ist in einer reichen Gesellschaft wie Wien ein Skandal! Es ist ein Skandal, an dem wir arbeiten müssen und den wir entfernen müssen.

 

Es hat die Frau Stadträtin - und ich zitiere jetzt - folgenden Satz gesagt: Im Schulbereich leistet die Stadt präventive Armutsverhinderung. Diesen Satz hätte ich gerne erklärt bekommen: Wie? Inwiefern? Was tun Sie im Schulbereich, um Armut präventiv zu verhindern? Meinen Sie die Tatsache, dass Kinder nicht auf Ausflüge mitfahren können, weil ihre Eltern kein Geld haben und die Stadt genau nichts tut, obwohl die GRÜNEN längst diesbezügliche Anträge auf Finanzierung gestellt haben? Meinen Sie die Kinder, die nicht mit auf Skikurs fahren können, weil es sich die Eltern nicht leisten können? Nehmen Sie Bezug ... (GR Heinz Vettermann: ... Elternverein!)

 

O ja, das war jetzt ein guter Einwand: der Elternverein! Kommen wir auf die Elternvereine zu sprechen. Sie wissen sehr, sehr gut, dass es mittlerweile Schulen gibt, die so arm sind - und arm sind sie ja deswegen, weil die Eltern arm sind -, dass man leider nur noch feststellen kann, dass auch die Elternvereine arm sind und genau das jetzt nicht mehr leisten können: Ausflüge nicht mehr finanzieren können, Skikurse nicht mehr finanzieren können, Schullandwochen nicht mehr finanzieren können.

 

Wir wissen alle, wie das dann endet. Die Kinder melden sich zu einem Skikurs oder zu einem Ausflug an, sie wollen mitfahren, und kurz vorher sagen sie ab, weil die Eltern zu Hause sagen: pass auf, das Geld ist nicht da, du bleibst zu Hause und sagst, du bist krank!, und dann schreiben sie eben eine Entschuldigung. So endet das ja an vielen Schulen.

 

Oder meint die Frau Stadträtin, es geht um die unverbindlichen Übungen, die Sie ab dem Jahr 2000 in so großer Anzahl abgeschafft haben und die es nunmehr in veränderter Form an vielen Schulen wieder gibt. Aber die veränderte Form ist folgende: Die unverbindlichen Übungen sind nicht mehr gratis und für alle Kinder da, sondern es gibt Angebote wie Theaterspielen oder Musikmachen oder alles, was den Kindern so Spaß macht, was es zwar mittlerweile wieder gibt, was aber etwas kostet. Das heißt, es können sich nur jene Kinder anmelden, deren Eltern auch das Geld haben.

 

Unterm Strich - Frau Stadträtin, ich weiß nicht, ob Sie mich jetzt hören - kommt von meiner Seite her ein scharfer Einwand gegenüber Ihrer Bemerkung, dass die Stadt im Schulbereich präventive Armutsverhinderung leistet. Das tut die Stadt nicht! Die GRÜNEN haben entsprechende Anträge eingebracht und mussten zur Kenntnis nehmen, dass Ihnen das kein Anliegen ist, dass Ihnen das vollkommen egal ist, wenn es in den Schulen Kinder gibt, die teilnehmen können, und Kinder gibt, die nicht nur nicht teilnehmen können an dem, was schön ist, nämlich Theater machen, Musik machen und so weiter, sondern die auch noch

 

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