Gemeinderat,
60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll -
Seite 71 von 102
drinnen, dann sind dort 7, 8 Kinder, wo daheim Sozialhilfe
notwendig ist, damit man sich das Überleben organisieren kann. Auch das ist
Wien 2010! Ich weiß schon, dass es die schönen Seiten auch gibt. Über die reden
Sie ausführlich genug. Ich hätte aber gerne das gute Leben nicht nur für mich
und für Sie alleine, sondern für alle, die da draußen sind. Davon sind wir weit
entfernt!
Ich weiß gar nicht, ob jeder, ob alle hier wissen, wie hoch der
Sozialhilferichtsatz für Kinder ist: 137 EUR im Monat. 137 EUR!
Reicht das? Ich glaube nicht! Wie viel kriegt man Wohnbeihilfe, wenn man zu
zweit ist, zwei Erwachsene, und wie viel kriegt man, wenn man ein Kind dazu
hat? Wie viel mehr für die Wohnung? Eine größere Wohnung wird man ja im
Normalfall brauchen. Man kriegt übrigens gleich viel, egal, ob es ein Kind ist
oder zwei Kinder sind, das macht schon keinen Unterschied, also zwei Erwachsene
und ein Kind, zwei Erwachsene und zwei Kinder: Gleich viel? Wie viel
Unterschied zwei Erwachsene ohne Kinder, zwei Erwachsene zwei Kinder
Mietenzuschuss: 100 EUR, 50 EUR, 30 EUR, 20 EUR?
Nein, 12, 13! Reicht das? Das reicht natürlich auch nicht!
Ein Antrag lautet heute, den Sozialhilferichtsatz in Wien zu verdoppeln,
ungefähr zu verdoppeln, dann sind wir ziemlich genau dort. Da gibt es so viele
Zahlen dazu, wie viel man braucht und das alles, wo belegt ist, wie viel eine
Frau braucht, wenn sie mit zwei Kindern alleine ist, wie viel sie fürs Heizen
und fürs Einkaufen und fürs Essen ausgeben muss - und all das liegt immer
darunter. All diese Hilfen sind zu wenig. Besser wie nichts, da brauchen wir
nicht lange zu reden, aber immer zu wenig. Sozialhilferichtsatz 137 EUR im
Monat.
Das, was man den Kindern raten müsste, damit ihnen auch geholfen wird,
wäre natürlich, auch alle grünen Anträge, die heute noch von meinen KollegInnen eingebracht werden, zu unterstützen. Aber das,
was man ihnen abseits jeder Polemik raten müsste, ist: Liebe Kinder, tut’s euch
zusammen, gründet’s eine Bank, führt sie an den Rand
des Konkurses und geht’s jammern. Dann gibt es Geld, dann gibt es Geld, weil
Geld haben wir in diesem Land gehabt, als es darum
gegangen ist, irgendwelche Banken über Nacht und über das Wochenende zu retten.
Dafür war Geld da und das versteht niemand. Niemand da draußen versteht das,
wieso wir jedes Mal, wenn wir über andere Sachen reden, kein Geld haben,
sondern den Gürtel enger schnallen müssen. Ich möchte wissen, wie eng diese
Gürtel für diese 5- und 6-Jährigen werden. Ich weiß das nicht, ich möchte es
mir auch nicht ausmalen. Aber immer, wenn irgendjemand anders Geld gebraucht
hat, hat es das schon gegeben. Da war es dann schon da.
Die Sonntagsreden, die es alle rund um Kinderarmut gibt, kann man
schnell beenden. Fangen wir damit an, dass wir dem Antrag heute zustimmen,
nämlich machen wir eine Studie dazu. Dann haben wir die gleichen Zahlen. Dann
können wir uns hinsetzen und darüber reden. Und anschließend gehen wir her und
sagen, wir halbieren die Kinderarmut. Dann reden wir wieder drüber, was alles
notwendig dafür ist. Ich weiß nicht, ich glaube nicht, dass irgendjemand in dem
Haus eine Freude damit hat, dass die Zahlen von 53 000 auf fast
100 000 bis 2008 hinaufgeschnalzt sind. Ja, das war zum größten Teil
außerhalb der Krise, also darf man und muss man leider davon ausgehen, dass die
Hunderttausendermarke schon längst überschritten ist, und es geht ja immer
weiter. Ist das lustig? Das ist nicht lustig.
In dem Kindergarten, in den ich gehe, hätte ich gerne – in den meine
Kinder gehen –, dass nicht 30 Prozent am Schluss auf Sozialhilfe
angewiesen sind, sondern wünschen würde ich den Leuten ein selbstbestimmteres
Leben. Solange es ist, wie es ist da draußen, können wir uns entscheiden, ob
wir Geld für Banken aufstellen oder für Kinder. Meine Antwort ist klar:
Halbieren wir die Kinderarmut in Wien! Machen wir das in den nächsten fünf
Jahren! - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort
gemeldet ist Herr GR Mag Ebinger und ich erteile es ihm.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Herr Vorsitzender!
Zugegebenermaßen beängstigende Zahlen – 100 000 armutsgefährdete
Kinder leben in armutsgefährdeten Haushalten. Ein bissel erschreckt hat mich
das, dass die Frau Stadträtin den Unterschied Klavier spielen möchte. Mir wäre
es recht, wenn auf meinem Klavier solche Oktaven gar nicht vorhanden wären.
Armutsgefährdet sind Alleinerzieher, Alleinerzieherinnen und
Mehrfamilienkinder. Die Zahlen, die die Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN
vorgebracht haben, sind meines Erachtens durchaus alarmierende Zahlen. Wenn wir
davon ausgehen, dass wir in Wien zirka 100 000 Sozialhilfeempfänger haben,
ebenso viele Arbeitslose, 90 000 manifest Arme und heute eine Vielzahl von
Armutsgefährdeten, aber 90 000 manifest arme Personen in Wien ist auch
nichts Lustiges und in ganz Österreich 1 Million Menschen, die an der
Armutsgrenze leben, so müsste man sich doch ein bissel mehr das Ganze
verinnerlichen und sich ein bissel mehr Gedanken darüber machen.
Wenn die Frau Stadträtin sagt, man muss die
Frauenbeschäftigung unterstützen, das ist die beste Möglichkeit, dass man die
Kinderarmut verhindert - ja, hundertprozentig! Ich weiß nicht, es sind noch
immer die Frauen unterbezahlt. Ich weiß nicht, was haben all diese Jahrzehnte
sozialistischer Frauenpolitik bewirkt? Nichts! Aber wenn ich das recht
verstanden habe, wollen Sie mehr Sachleistungen statt Geldleistungen. Es gab ja
einmal gute Beispiele. Der Kollege Troch - leider
nicht da - hat uns ja vom klassischen Roten Wien erzählt – (GR Dr Harald Troch steht zwischen
den Sitzreihen.) da steht er -, wo solche Dinge durchaus
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular