Gemeinderat,
60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll -
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ist, dass wir, einmal mehr, den Sozialhilferichtsatz für Kinder auf
jenes notwendige Maß erhöhen, das es braucht, um sicherzustellen, dass kein Kind
in Wien in Armut aufwächst.
Ich denke, dass es das allemal wert ist, dass man dem eine Dringliche
Anfrage widmet. Ich denke, dass es das wert ist, dass sich der Wiener
Gemeinderat diesem Thema detailliert widmet, und ich hoffe, dass es einmal mehr
eine konstruktive Debatte gibt. Denn auch wenn die Wahlkampfhysterie
offensichtlich schon am Höhepunkt ist, wird es möglich sein, zivilisiert über
Kinderarmut zu diskutieren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die Begründung
dieser Dringlichen Anfrage.
Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich die Frau amtsführende
Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales, Frau Mag Sonja
Wehsely, zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Das Thema Armut und ganz besonders das Thema Kinderarmut ist ein ganz
ernstes Thema, wo für mich eines klar ist: Jeder Mensch, der in unserer Stadt
in Armut lebt, und ganz besonders jedes Kind, das in unserer Stadt arm ist, ist
eines zu viel! Man kann sich damit nicht abfinden, und ich werde mich damit
niemals abfinden.
Liebe Frau Klubobfrau Vassilakou! Die Tonalität, die Sie jetzt in der
Begründung der Dringlichen Anfrage an den Tag gelegt haben, ist eine ganz
andere, nämlich eine viel sachlichere, als die Tonalität der Dringlichen
Anfrage selbst. Da frage ich mich schon, wieso das so ist, wenn es doch
angeblich um die Sache geht. Wenn es um die Sache geht, dann wird es ja wohl
nicht so sein, dass die Anfrage, obwohl Sie heute selbst gesagt haben, man soll
doch dieses Thema bitte ohne Pathos diskutieren, vor Pathos nur so trieft und
dann von der Vertreterin der Partei, die diese Dringliche Anfrage gestellt hat,
das Ersuchen vorgebracht wird, diese Frage sachlich und nicht pathetisch zu
bearbeiten.
Das kommt mir ein bisschen so vor, wie wenn sich Bürgerliche im Gewand
von Jung-Designerinnen vor die UNO-City stellen und darunterschreiben, sie sind
weltoffen, und dann meinen, damit sind die Integrationsprobleme dieser Stadt zu
lösen. Genauso wenig ist mit solchen Anfragen die Thematik der Armut oder der
Kinderarmut oder der von diesen Themen Betroffenen zu lösen. (Zwischenrufe
bei den GRÜNEN.)
Daher kann ich den Wunsch nach ernsthafter Auseinandersetzung mit dem
Thema nicht wirklich glauben, insbesondere, wenn ich diese Dringliche Anfrage
ernst nehme - was ich hiermit tue -, denn sie strotzt vor Vermischungen, vor
unzulänglichen Hinweisen auf Studien, in denen es überhaupt nicht um Wien geht,
dass ich nicht glauben kann, dass es um etwas anderes als darum geht, billiges
Kleingeld zu machen bei einem Thema, das Sie sich eben ausgesucht haben, weil
Sie glauben, dass es vielleicht bei der Zielgruppe gut ankommt. Das ist aber
nicht sympathischer als bei anderen Parteien, die sich andere Themen aussuchen,
um nichts anderes zu tun, als politisches Kleingeld zu machen und genau kein
Problem zu lösen! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich sage Ihnen ganz ehrlich, ich halte das gerade beim Thema Armut und
beim Thema Kinderarmut von einer Partei, wie ich die GRÜNEN bisher eingeschätzt
habe - aber auch hier revidieren sich Meinungen und Einschätzungen meinerseits
-, eigentlich für schäbig und unwürdig. (GRin Mag Maria Vassilakou:
Schämen Sie sich! Über alles, was Sie bisher gesagt haben! - Weitere heftige
Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
Sehr geehrte Frau Kollegin Vassilakou! Ich verstehe die Aufregung nicht
so sehr, offenbar dürfte ich genau den Nerv getroffen haben. Sie zitieren eine
Studie aus dem Jahr 2005 ... (GRin Mag Maria Vassilakou:
Persönliche Niedertracht ist das, mehr nicht!) Sie zitieren eine Studie der
UNICEF aus dem Jahr 2005. Mittlerweile gibt es die Studie aus dem Jahr 2010,
aber Sie zitieren aus einer fünf Jahr alten Studie - so viel also zur Relevanz
der Daten, die Sie hier zitieren! (GRin Mag Maria Vassilakou: Und? Ist
das Problem gelöst?)
Eine Anfrage, eine telefonische Anfrage meinerseits bei der UNICEF in
Köln war eben die, dass die Daten alle zwei bis drei Jahre abgefragt werden und
dass Städtedaten dabei keine Rolle spielen. Das heißt, dass Wien in dieser
ganzen Studie, auf die Sie sich in der Anfrage beziehen und auch jetzt in Ihrem
Redebeitrag bezogen haben, in keiner Art und Weise vorkommt und dass es in
dieser Studie weder um die Stadt Wien noch um andere Städte geht.
Wir sind hier im Gemeinderat der Stadt Wien und nicht im Nationalrat,
daher könnte ich jetzt sagen: Damit ist das Thema erledigt. Es ist aber, da es
für mich ein wichtiges Thema ist, nicht erledigt, und daher würde ich alle
bitten, mich kurz auf einer imaginären Reise zu begleiten. Wir tun jetzt ein
bisschen so, als wären wir der Nationalrat, und wir sprechen daher über eine
Studie, die Österreich betrifft. Daher möchte ich auf die UNICEF-Studie, die
Sie angesprochen haben, aber auf die neueste, die aus dem Jahr 2010, natürlich
auch eingehen.
Österreich rangiert in dieser Studie im Mittelfeld. Es gibt ganz konkret
sechs Dimensionen, die angeschaut und verglichen worden sind, von den reichen
Staaten, also den OECD-Ländern. Das betrifft erstens das materielle
Wohlbefinden, zweitens den Bereich Gesundheit und Sicherheit, drittens den
Bereich Bildung, viertens den Bereich Beziehungen zu Gleichaltrigen und
Familie, fünftens den Bereich Verhalten und Risken und sechstens den Bereich
subjektives Wohlbefinden. Im Durchschnitt aller untersuchten Länder und aller
Dimensionen steht Österreich - nicht Wien - an zwölfter Stelle der untersuchten
OECD-Staaten.
Geht es um das materielle Wohlbefinden, liegt
Österreich - ich sage für den Gemeinderat: nicht Wien - an fünfter Stelle der
untersuchten Staaten, nach Nor
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