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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 102

 

Greifen die Maßnahmen, die man bis jetzt gesetzt hat? Und was kann man tun, um die Situation für diese Kinder ganz einfach zu verbessern? Wo gibt es die Möglichkeit, an Schrauben zu drehen, mit denen wir sicherstellen können, dass Kinder in einer der reichsten Städte der Welt in Würde aufwachsen?

 

Hier habe ich zwei Maßnahmen, einfach zwei, die wir heute zur Diskussion stellen. Die erste ist, den Sozialhilferichtsatz für Kinder - ich wiederhole: erst einmal für Kinder, denn heute dient diese Debatte sozusagen der Erörterung, was man gegen Kinderarmut tun kann -, also den Sozialhilferichtsatz für Kinder zu erhöhen, nämlich von aktuell 137 EUR auf jene 285 EUR, von denen wir laut aktuellen Zahlen wissen, dass sie erforderlich sind, um Armut effektiv zu bekämpfen.

 

Als zweite Maßnahme schlagen wir vor, eine Kinder-Aktiv- Card zu schaffen, das heißt, eine Karte, die Jugendlichen und Kindern, die von Armut betroffen sind, zur Verfügung gestellt wird, die sie vorweisen können und die sicherstellt, dass sie kostenlosen Zugang haben zu Kulturveranstaltungen, zu Freizeitaktivitäten, zu Bädern, dass sie Freifahrt haben mit den Wiener Linien und vieles mehr.

 

Denn eines ist klar - und ich gehe auch davon aus, dass mir jeder recht geben wird -: Armut in der Kindheit und vor allem auch in der Pubertät bedeutet nicht nur schlechtere Chancen, voranzukommen, es bedeutet nicht nur schlechtere Chancen fürs Leben, es bedeutet nicht nur Stigmatisierung. Es bedeutet auch Wut und Isolation! Vor allem diese Isolation sollten wir bekämpfen, und wir sollten sicherstellen, dass einmal mehr Kinder, die von Armut betroffen sind, eben mit dieser Kinder-Aktiv-Card die Möglichkeit haben, kostenlos alles zu genießen, was von der Stadt Wien angeboten wird beziehungsweise was mit Subventionen der Stadt Wien überhaupt möglich gemacht wird.

 

Meine Damen und Herren! Das sind nur zwei der Vorschläge, die wir heute zur Debatte stellen. Es wird auch eine Vielzahl von Anträgen geben, die meine Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN noch einbringen werden.

 

Ich möchte abschließend noch zwei Dinge erwähnen. Erstens: Ich meine gerade angesichts der Entwicklung, der Entwicklung der Finanzmärkte, der Entwicklung unseres Budgets, der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen und auch der Entwicklung der Armutszahlen der letzten Jahre, von der ich befürchte, dass sie jedenfalls in den kommenden Jahren nicht unbedingt rosiger werden wird, denn in der Regel kann man solche Entwicklungen, selbst wenn man alles gut machen will und die allerbesten Maßnahmen trifft, nicht über Nacht umdrehen.

 

Wenn man also weiß, dass die nächsten Jahre auch Jahre sein werden, in denen hunderttausende Menschen und darüber hinaus nahezu hunderttausend Kinder es nicht schön haben werden in diesem wunderschönen Wien, dann macht es Sinn, darüber nachzudenken, welche Maßnahmen wir setzen können, damit Familien, die von Armut betroffen sind und Kinder haben, also Haushalte, in denen Kinder und Jugendliche leben, nicht von Delogierung bedroht sind, zumindest dann nicht und auf alle Fälle dann nicht, wenn sie im Gemeindebau wohnen. Welche Maßnahmen können wir ergreifen, damit solchen Familien der Strom und das Gas und die Heizung nicht abgedreht werden?

 

Mir geht es nicht darum zu sagen: Wenn Sie von so einem Fall wissen, kommen Sie zu mir, erzählen Sie mir das, und dann werde ich mich darum kümmern, wie unsere Stadträtin in solchen Situationen immer wieder sagt. Ich finde es nett, dass man das tut, aber ich hätte gerne eine Maßnahme, die von Haus aus greift und die dafür sorgt, dass es gar nicht erst so weit kommt. Das ist machbar, es sind solche Mechanismen machbar. Es ist hier zum Beispiel möglich, eine bessere Verzahnung mit der Jugendwohlfahrt zu erreichen. Es ist hier möglich, eine bessere Verzahnung mit Sozialarbeit zu erreichen und einmal mehr dafür zu sorgen, dass es ein Frühwarnsystem gibt und dass wir sicherstellen, dass solchen Familien nicht die Heizung abgedreht werden kann und sich hinterher, ich weiß nicht, wie viele Menschen damit befassen müssen, dass sie wieder aufgedreht wird, und dass solche Familien nicht von Haus aus delogiert werden und wir dann erst recht mit dem Auffangnetz schauen müssen, was mit dieser Familie passiert.

 

Ich denke, dass das Schritte sind, die wertvoll sind, die wichtig sind und die einfach bedeuten, dass soziale Sicherheit wächst, vor allem für die Betroffenen und vor allem für Kinder, die nicht in Armut und vor allem auch nicht in Angst vor dem, was der morgige Tag mit sich bringt, aufwachsen müssen.

 

Ich meine abschließend, dass wir unabhängig von unserem heutigen Fokus auf Kinder auch darüber nachdenken müssen, eigentlich gar nicht darüber nachdenken müssen, sondern zur Tat schreiten müssen und sicherstellen müssen, dass die Grundsicherung, eine soziale Maßnahme, über die in den vergangenen fünf Jahren schon unendlich viel diskutiert worden ist, eine Maßnahme, die sich im letzten Bundesregierungsübereinkommen und auch im aktuellen gefunden hat, eine Maßnahme, die ununterbrochen angekündigt und nicht umgesetzt wird, weil sie stets, aus welchen Gründen auch immer, im letzten Moment verschoben werden muss, dass also diese sehr, sehr wertvolle und sinnvolle sozialpolitische Maßnahme in Wien umgesetzt wird, und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt, in diesem Herbst!

 

Es geht darum, dass wir die Grundsicherung in diesem Herbst umsetzen, notfalls auch im Alleingang, dass wir nicht darauf warten, dass die Bundesregierung nachzieht, sondern dass wir dafür sorgen, dass ab Herbst jeder Wienerin und jedem Wiener 950 EUR als Minimum zur Verfügung stehen, von denen man halbwegs in Würde leben kann, wenn man von Armut bedroht ist.

 

Was Sie auf alle Fälle heute schon machen können - heute schon, können wir uns darauf verständigen? -,

 

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