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Gemeinderat, 59. Sitzung vom 29.04.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 89

 

der Macht jedes Gespür für die Menschen in dieser Stadt verloren hat, wenn er sich am Höhepunkt der Wirtschaftskrise - und wir haben das ja festgestellt - zum Feinschmecker des Jahres wählen lässt, dann ist das kein Zeichen von Instinkt, meine Damen und Herren. Dann fördert der Bürgermeister vielleicht die Kellnerlehrlinge im Steirereck, aber ganz sicherlich nicht den Großteil der Jugendlichen in dieser Stadt. Sie haben mit 100 000 Arbeitslosen versagt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber schauen wir nur zurück, wie im Wahljahr hier mit den Geldern der Stadt umgegangen wird! Meine Damen und Herren, in der Februar-Sitzung etwa wurden 7 Millionen EUR für die Volksbefragung hinausgeschmissen. Das ging dann so weiter. Ebenfalls im Februar hat der Bildungsausschuss 2 Millionen EUR beschlossen und so weiter. Die Gemeinderatswahlen im Herbst: 3,6 Millionen EUR, meine Damen und Herren. Wobei man ja in Erinnerung rufen muss, dass wir bei der letzten Wahl vor fünf Jahren, im Jahr 2005, hier noch mit 900 000 EUR ausgekommen sind - also eine Vervierfachung!

 

Meine Damen und Herren, das geht so weiter, auch in den ausgegliederten Betrieben, in den Stadtwerken etwa. Erinnern wir uns hier zurück: Vor fünf Jahren, im letzten Wahlkampf, haben die Stadtwerke 15 Millionen EUR in den Wahlkampf buttern müssen, Werbung für die SPÖ. Das Interessante ist ja: Fragt man nach den Gesamtzahlen für das Werbebudget, dann erhält man hier keine Auskunft, etwa was die Ausgliederungen betrifft. Dann verschweigt sich die SPÖ. Dann schreibt man hier etwa, auch was die Spitäler betrifft: „Die Beantwortung wäre nur durch einen hohen administrativen Aufwand möglich, der wirtschaftlich keinesfalls gerechtfertigt ist." – „Wirtschaftlich nicht gerechtfertigt", meine Damen und Herren! - Das Gleiche gilt beim Fonds Soziales Wien. Auch da erhalten wir keine Informationen über die Werbebudgets. Frau Brauner schreibt ganz offen über das Werbebudget der Wiener Stadtwerke: „Über die Höhe der Werbeausgaben kann leider keine Auskunft gegeben werden."

 

Meine Damen und Herren, da fragt man sich schon: Warum diese Geheimniskrämerei? Was soll hier verheimlicht werden? - Und wir wissen das, gerade was die Stadtwerke betrifft, ja genau seit dem letzten Rechnungshofbericht, wo der Rechnungshof - und das ist ja jetzt auch amtlich festgestellt - nicht nur bestätigt hat, dass wir bei den Gebühren in Wien – Wasser, Kanal - gigantische Überschüsse auf Kosten der Gebührenzahler haben, 130 Millionen EUR im Jahr (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt nicht!) - na, das bestätigt der Rechnungshof, Herr Strobl, sicher! -, sondern der Rechnungshof sagt auch, dass wir beim Gas im Spitzenfeld der Preise liegen. Der Rechnungshof begründet das auch damit, dass die Wiener Stadtwerke ja zum Ziel einer nachhaltigen Gewinnorientierung verpflichtet sind.

 

Meine Damen und Herren! Eine Gewinnmaximierung, das ist der klassische Fall des Missbrauchs eines öffentlichen Unternehmens, wenn Sie hier ein öffentliches Unternehmen dazu verpflichten, Gewinne zu maximieren auf Kosten der Stromkonsumenten, der Gaskonsumenten. Und, meine Damen und Herren, das ist ja erst der Anfang! Die Bundesregierung hat ja dankenswerterweise auch ihre Pläne bekannt gegeben: 4 Milliarden EUR an Belastung pro Jahr, im nächsten Jahr. Wenn man das umlegt, dann heißt das, dass jede Wienerin und jeder Wiener mit 500 EUR pro Jahr zusätzlich belastet wird – 500 EUR zusätzlich!

 

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie wollen davon ablenken, indem Sie Sondersteuern für Kapitalisten fordern. Dort zeigen Sie auf den Bösen, aber hier in Wien, wo Sie selbst verantwortlich sind, agieren Sie ja selbst kapitalistisch, äußerst kapitalistisch, nämlich nur für Ihre Gewinnmaximierung, meine Damen und Herren. Auch das werden wir den Menschen in diesem Wahlkampf ganz genau in Erinnerung rufen. Und wenn es nach dieser Wahl in dieser Stadt einen freiheitlichen Bürgermeister geben wird (Ironische Heiterkeit bei den GRen Prof Harry Kopietz und Friedrich Strobl.), dann wird es seine erste Aufgabe sein, die Strompreise zu senken und auch die Gaspreise zu senken, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber weiter zum Fragerecht: Warum ist die Verweigerung des Fragerechts so brisant? - Weil ja der Großteil der Gebarung der Stadt bereits im ausgegliederten Bereich stattfindet. Herr Professor, Herr Präsident, das Budget der Stadt macht 11 Milliarden EUR aus; der ausgegliederte Bereich ist bereits wesentlich höher. Das heißt, der Großteil der Gesamtgebarung der Stadt findet bereits außerhalb des Budgets statt. Das heißt, unsere Rechte hier, auch das Budgetrecht dieses Hauses, sind eigentlich nur mehr Makulatur, denn überall in diesen ausgegliederten Bereichen bekommen wir ja keine Antworten mehr. Und wir sind daher hier auch bei einer ganz grundlegenden Frage des Selbstverständnisses jedes einzelnen Gemeinderates angelangt, denn wir wissen ja, meine Damen und Herren, dass mit diesen Ausgliederungen – entgegen dem, was immer behauptet wird - ja überhaupt keine Entpolitisierung verbunden ist, ganz im Gegenteil: Es sind diese Ausgliederungen ja eigentlich zu einem Instrument geworden, um den direkten Durchgriff der SPÖ auf all diese Bereiche sicherzustellen. Und es gilt ja mittlerweile fast schon die Gleichung: Je weiter eine Einheit von diesem Haus weg ist, je weiter sie von ihrer Rechtsform her ausgegliedert ist, desto stärker ist dort der sozialistische Einfluss, meine Damen und Herren. Und es gilt dort eigentlich das Motto: Kontrolle hinaus, die brauchen wir nicht mehr, Opposition hinaus, die brauchen wir auch nicht mehr, aber SPÖ hinein!

 

Meine Damen und Herren! Hier ist das Selbstverständnis dieses Hauses, hier sind die demokratischen Rechte in ihrem Kern berührt. Hören Sie auf, uns das in der Verfassung garantierte Fragerecht vorzuenthalten! Hören Sie auf, die demokratischen Rechte dieses Hauses mit Füßen zu treten! Meine Damen und Herren und vor allem Frau Stadträtin - die Stadträtin und die Stadträte sind hier angesprochen -, geben Sie uns auf ordentlich

 

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