Gemeinderat,
58. Sitzung vom 25.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 46
Grundstückskaufoption zugunsten des KAV, der die ganze Latte an
Ausschreibungsbedingungen mehr oder weniger wieder an den Start
zurückversetzte. Man fragt sich, wozu dieser ganze vergaberechtliche Zirkus rund
um die Mindestvoraussetzung Grundstück, wie das so schön heißt, wenn dann der
KAV sowieso selbst in dieser Frage die Zügel in die Hand nimmt? Was hätte es
für den potenziellen Bieterkreis bedeutet, wenn diese Absichten des KAV
betreffend den Grundstückskauf bereits zu Beginn bekannt gewesen wären?
Meine Damen und Herren! Ich frage das politisch, weil es rechtlich alle
möglichen Finten gibt. Ich frage es wirklich politisch. Lassen Sie sich aber
gesagt sein, nicht alles, auch wenn es rechtlich nicht angefochten wird, was
ich aber da nicht annehme, und wenn es rechtlich sozusagen okay ist, ist die
Frage, ob es fair ist, ob es richtig ist und ob es den Steuerzahlerinnen und
Steuerzahlern zuzumuten ist.
Tatsächlich wurde dann 2008 die Ausschreibung vom Konsortium
Vamed-Siemens-Porr gewonnen. Damit haben Sie durch die gewählte eingeschränkte
Ausschreibung nur noch einen Gesprächspartner und dieser kann natürlich die
Preise diktieren. Und das ist auch der Grund, warum zwischen Ihnen und dem
Konsortium ja noch Welten liegen. Man hört, es geht um fast
200 Millionen EUR. Und das war letztendlich die Ursache, dass wir
heute hier dieses Geschäftsstück zu beschließen haben.
Der KAV, der das Grundstück jetzt selbst kaufen will, versucht, seine
Position in den Verhandlungen zu verbessern, aber um Jahre zu spät und völlig
falsch. Und daher muss man sich fragen: Entspricht das dem Vergaberecht? Hier
gehen die Expertenmeinungen auseinander. Es ist sehr clever, das muss man
sagen, die Juristen haben hier dem KAV sehr gute Arbeit geleistet,
wirtschaftlich aber eine schlechte. Sie haben ein Gutachten, wir haben ein
Gutachten, beide Möglichkeiten sind durchaus gangbar. Sie behaupten, Ihre
Vorgangsweise sei wasserdicht, Frau Stadträtin. Ich wünsche es vor allem den
Wienerinnen und Wienern. Ich wünsche es auch Ihnen, weil wenn es nicht
wasserdicht ist, haben Sie das zu verantworten und das schaue ich mir an, wie
Ihre politische Karriere dann weitergeht. Ich sehe es als Wunschdenken, das ist
nämlich sehr realitätsfern. Es wird wahrscheinlich zu Rechtsstreitigkeiten und
zu Einsprüchen kommen und es wird vor allem auch weitere Verzögerungen geben.
Ich möchte jetzt noch zum Schluss ein paar Worte dazu sagen, weil mir
das wirklich ein Bedürfnis ist. Die verantwortlichen Damen und Herren der SPÖ,
an Sie ist das gerichtet: Sie haben viele Fehler gerade in dem Bereich Komplex
Krankenhaus Nord angehäuft. Aber es kommt der Zeitpunkt, da werden Sie den
Bürgerinnen und Bürgern Ihr Handeln erklären müssen. Und es kommt ein
Zeitpunkt, wo Sie die betroffenen Bürger ... (GRin Marianne Klicka: Wir
machen das ständig!) Bitte? (GRin Marianne Klicka: Wir machen das
ständig! Wir machen das ständig! - GR Franz Ekkamp: Ständig! Ständig!) Aber
da werden Sie sehr in Erklärungsnotstand kommen, Frau Präsidentin, das kann ich
Ihnen schon jetzt sagen. (GRin Marianne Klicka: Na sicher nicht! Sicher
nicht! - GR Kurt Wagner: Machen Sie sich keine Sorgen!) Und es wird der
Zeitpunkt kommen, wo Sie sich auch gegenüber den Patientinnen und Patienten -
und, Herr Wagner, das sollte Ihnen auch ein Anliegen sein, die Patientinnen und
Patienten, ja, - rechtfertigen werden müssen. Daher würde ich meinen,
Herr Wagner, nicht herausschreien, sondern gehen Sie in sich und überlegen Sie,
was von Ihrem politischen Handeln für die Menschen tatsächlich von Wert ist
(GR Kurt Wagner: Da machen Sie sich keine Sorgen!). Ich erkenne leider
sehr, sehr wenig. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Die Nächste am Wort ist Frau GRin Dipl-Ing Gretner.
Ich erteile es ihr.
GRin Dipl-Ing Sabine Gretner
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrte Damen und Herren!
Ich habe jetzt eigentlich damit gerechnet, dass ein Mandatar der SPÖ
einmal Stellung nimmt. Aber so habe ich die Gelegenheit, bei der Kritik noch
einmal eines draufzulegen. Es ist ja schon sehr vieles gesagt worden. Für mich
ist es ein klassisches Beispiel, wie man ein großes Bauvorhaben nicht macht,
wie man das nicht managet. Ich glaube auch, dass es möglicherweise als
Lehrbeispiel, wie man es nicht machen soll, in die Geschichtsbücher eingehen
wird.
Ich möchte wirklich gern wissen, wer in diesem Haus dafür
verantwortlich ist, diese Wahnsinnsidee zu machen, den Totalunternehmer an den
Liegenschaftsbesitz zu binden. Also wem das eingefallen ist, diese
verantwortliche Person möchte ich wirklich gern einmal genannt hören. Ich
verstehe auch nicht, warum das hier nicht ausgesprochen wird. Wenn es so eine
tolle Idee war, dann könnte ja auch derjenige sagen: „Ja, aus diesem Grund
haben wir das so entschieden.“ Aber es hat ja niemals eine Erklärung dazu
gegeben und es gibt auch keinen Verantwortlichen dafür. Man weiß nicht, war es
der Krankenanstaltenverbund, der diese glorreiche Idee geboren hat, oder jemand
aus der Finanz oder die Frau Stadträtin oder der Bürgermeister. Es ist absolut
undurchsichtig. Es gibt ja an dieser Koppelung des Totalunternehmers mit der
Grundstücksbesitzlage seit Beginn heftige Kritik, weil es einfach unlogisch
ist, ein riesiges Bauvorhaben zu errichten und als Stadt dieses Grundstück
nicht unabhängig von einer Baufirma schon in Besitz zu haben. Also ich möchte
das wirklich wissen, wer diese Idee hatte. Dieser Mensch wird sich zu
verantworten haben.
Es gab ja dann bei dem Verfahren noch Einsprüche,
die auch beim Vergabekontrollsenat im Jahr 2008 zweimal recht bekommen haben.
Die Firma Strabag hat da zweimal recht bekommen und hat sich dann
zurückgezogen. Wer die Bauwirtschaft in Österreich kennt, kann sich ungefähr
denken, wie das zustandegekommen ist. Es gibt eine Marktkonzentration. Also in
Wahrheit bauen bald nur noch Porr und Strabag in diesem Land. Und da muss sich
die Sozialdemokratie auch die Frage gefallen lassen, warum sie solchen Systemen
Vorschub leistet und nicht die klein- und mittelständigen Unternehmen
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