Gemeinderat,
58. Sitzung vom 25.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 46
(Beginn um 9 Uhr.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich wünsche einen
wunderschönen guten Morgen und eröffne die 58. Sitzung des Wiener
Gemeinderates.
Entschuldigt für die heutige Sitzung während des gesamten Tages sind
GRin Mag Lachkovics, GR Niedermühlbichler, GR Dipl-Ing Stiftner, GR
Dr Troch und Frau StRin Ing Leeb.
Wir kommen zur Fragestunde, und ich bitte, die
Privatgespräche etwas zu reduzieren.
Die 1. Frage (FSP – 01063-2010/0001 – KFP/GM)
wurde von Herrn GR David Lasar gestellt und ist an die Frau amtsführende
Stadträtin der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales gerichtet. (Wiens
Drogenszene ufert laut jüngsten Zeitungsberichten aus. Täglich werden
7 000 Spritzen abgegeben, alle paar Minuten spritzen sich Süchtige Heroin,
und Substitol wird unter Vorspiegelung von Drogensucht bei Ärzten erschlichen
und weiterverkauft. Für Wiens Drogenkoordinator Dressel sind dies lediglich
Einzelfälle. Welche Schritte werden Sie unternehmen, um diesen unhaltbaren
Zuständen Einhalt zu gebieten?)
Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely:
Einen schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege
Lasar!
Sie dürften sehr stark sozusagen auf Ihre
eigene Öffentlichkeitsarbeit hineingefallen sein, denn es ist schon
interessant, dass Sie hier eine Anfrage auf Grund eines Zeitungsberichts
stellen, in dem Sie selbst mit diesen Zahlen zitiert sind. Das ist an sich
interessant! Der wesentliche Punkt, der auch für die Nachwelt und für die, die
interessiert auch übers Internet zuschauen, wichtig ist, ist aber die Aussage,
dass die Drogenszene in Wien ausufert. – Das ist vielleicht die Wahrheit,
die Sie zu produzieren versuchen, das entspricht aber nicht der objektiven Wahrheit,
sondern ist schlicht und ergreifend falsch.
Vielmehr hat sich die Beschwerdelage deutlich
entspannt. Man kann die Beschwerdelage nicht in einer objektiven Zahl
ausdrücken, kann daran aber schon messen, dass die Zahl der Menschen, die sich
beschweren, deutlich zurückgeht, und zwar nicht nur bei der Sucht- und
Drogenkoordination, sondern auch beim Bürgerdienst und bei den Wiener Linien.
Wenn Sie von der Problematik des
Spritzentausches sprechen, dann ist das meines Erachtens eine ähnliche
Argumentations- und Verhaltensweise, wie sie die Freiheitliche Partei auch bei
der Frage der Deutschkenntnisse von Migrantinnen und Migranten anwendet: Auf
der einen Seite fordert sie, dass sie Deutsch können sollen, auf der anderen
Seite ist es aber nur möglich, einstimmige Beschlüsse im Stadtsenat darüber zu
fassen, wenn Herr Kollege Herzog entschuldigt ist, weil er sonst immer gegen
jeden Deutschkurs stimmt.
Genau dasselbe findet in diesem Zusammenhang
statt: Sie wollen offensichtlich, dass es Probleme in einem Bereich gibt, den
wir relativ gut im Griff haben! Sie werden keine Millionenstadt der Welt
finden, in der es nicht Drogenprobleme gibt, aber es kann selbstverständlich
verhindert werden, dass es zu größeren, insbesondere gesundheitlichen Problemen
kommt, denn jede getauschte Spritze ist ein Garant dafür, dass es weniger HIV-
und Hepatitis-Infektionen gibt. Deswegen haben wir auch eine im internationalen
Vergleich sehr geringe Hepatitis-Rate und auch eine sehr geringe Rate von
HIV-Infektionen bei Drogenkranken, und das liegt nicht an der guten Luft in
Wien, sondern das liegt am Spritzentauschprogramm!
Deswegen ist mir jede Spritze, die getauscht
wird, recht! Ihre Alternative dazu – und das ist meiner Meinung nach der
Fehler in Ihrem Gedankenbild –, dass kein Spritzentausch auch weniger
Drogenkonsum bedeutet, ist nämlich falsch, denn das bedeutet, dass der
Drogenkonsum gleich bleibt, aber die Menschen noch mehr krank werden, und dafür
stehe ich nicht!
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Danke. Die 1. Zusatzfrage wird von GR Lasar gestellt. – Bitte.
GR David Lasar (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Danke, Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau
Stadträtin! Ich kann Ihnen jetzt leider auf Ihre Antworten nicht replizieren,
aber ich werde es heute in der Aktuellen Stunde mit Sicherheit tun.
Sie wissen, dass es eine sehr angespannte
Situation bei den Therapieplätzen in Wien gibt. Die Wartezeiten betragen bis
sechs Monate und manchmal länger. Daher meine Frage: Werden Sie etwas dazu tun,
dass die Wartezeiten verkürzt werden?
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely:
Herr Kollege Lasar!
Sie legen jetzt wieder eine Falschbehauptung
an den Tag! Es gibt in Wien keine Wartezeiten, die länger sind, als es
therapeutisch notwendig ist. Ich habe Ihnen schon mehrmals das Angebot gemacht,
dass mein Büro und der Herr Drogenkoordinator, wenn Sie den Eindruck haben,
dass es irgendwo ein Problem gibt, jederzeit bereit sind, sich das anzuschauen.
Wir haben in Wien eine hervorragende
Versorgung für drogenkranke Menschen. Wofür wir nicht stehen, jedoch Ihre
Partei sowie Frau Bezirksvorsteherin Stenzel stehen – von Herrn
Bezirksvorsteher-Stellvertreter Timel weiß ich das noch nicht genau, aber
Stenzel hat sich jetzt klar geäußert –, ist eine Zwangsbehandlung von
Drogenkranken, denn alle Expertinnen und Experten auf der Welt sind der
Meinung, dass das keinen Sinn macht.
Um aber Ihre Frage ganz klar zu beantworten:
Es ist unwahr und unrichtig, dass es in Wien sechs Monate Wartezeit auf
Therapieplätze gibt! Wir haben eine sehr gute Versorgung, und für alle, die das
brauchen und auf Grund ihrer psychischen und physischen Verfassung annehmen
können, besteht das Angebot, und sie bekommen auch einen Therapieplatz.
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Danke. Die 2. Zusatzfrage wird von GRin Cammerlander gestellt. –
Bitte.
GRin Heidemarie Cammerlander
(Grüner Klub im Rathaus): Danke, Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau
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