Gemeinderat,
57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 111
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diesen Vorwurf müssen Sie sich
gefallen lassen, denn Sie haben in den letzten Wochen sehr viel Energie
aufgewendet, die Volksbefragung schlechtzumachen, schlechtzureden, aufzurufen,
nicht daran teilzunehmen, dann die Wahlbeteiligung zu kritisieren und nachher
nicht einmal das Ergebnis anerkennen zu wollen. Das war eigentlich der Gipfel
der Unverfrorenheit vorgestern in der Stadtwahlbehörde, nämlich die Kenntnisnahme
des Abstimmungsergebnisses verweigern zu wollen, und zwar durch ÖVP und Grüne. Die FPÖ ist ja bei der
Stadtwahlbehörde gar nicht erschienen (StR Johann Herzog: Wir haben keine
Einladung bekommen!), aber
Sie haben sich bei der Bevölkerung ja ohnehin bereits abgemeldet. Aber ich
halte es für einen demokratiepolitischen Skandal, dass diese beiden Parteien,
die anwesend waren, diese Ergebnisse der Volksbefragung nicht akzeptieren
wollten, nicht zur Kenntnis nehmen wollten. Wir nehmen das Ergebnis natürlich
ernst, haben dieses natürlich in der Stadtwahlbehörde auch zur Kenntnis
genommen und wollen auf Grund des Votums der Bevölkerung diese Ergebnisse auch
umsetzen.
Die Grünen allerdings
haben – nachdem der Kollege Margulies so ausführlich darauf eingegangen ist,
möchte ich dazu auch noch Stellung nehmen – den Wienerinnen und Wienern, deren
Wahlkarte vor dem 13. Februar 18 Uhr ausgefüllt wurde, was diese auch
mit ihrer Unterschrift bestätigt haben, deren Wahlkarte aber nach dem
13. Februar, jedoch innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist bei der
Wahlbehörde eingelangt ist, Wahlbetrug, Missbrauch, Demokratiebetrug
unterstellt. Und das ist eine ungeheuerliche Ignoranz gegenüber dem Votum der
Bevölkerung, das zwar einer gewissen oppositionellen Wehleidigkeit und einem
Beleidigtsein entspringen mag, aber das sind absurde Vorwürfe, die wirklich
durch nichts zu belegen sind. Ich möchte Sie daher wirklich auffordern, das
hier auch zu widerrufen.
Frau StRin Frauenberger hat bereits in der Fragestunde darauf hingewiesen,
dass die Wiener Briefwahlregelung der Bundesregelung der
Nationalratswahlordnung entspricht und diese Bundesregelung auch von den
Ländern umzusetzen ist, weil es auch darum geht, dass jenen Personen, die sich
im Ausland befinden, die Möglichkeit gegeben sein soll, innerhalb dieser Frist
die Wahlkarten zurückzusenden. Es entspricht aber auch – darauf haben Juristen
hingewiesen – dem verfassungsrechtlichen Homogenitätsprinzip, dass ein Land
eben keine Regelungen fassen kann, die enger sind als jene des Bundes.
Daher fordere ich sie noch einmal auf, entweder Beweise für die
ungeheuren Vorwürfe, die Sie heute hier wieder erhoben haben, auf den Tisch zu
legen oder diese Vorwürfe mit dem Ausdruck des Bedauerns und der Entschuldigung
zurückzuziehen. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme damit zum Schluss. Der
Wiener SPÖ und Bgm Michael Häupl war und ist es ein wichtiges politisches
Anliegen, die Wienerinnen und Wiener, die Betroffenen in den demokratischen
Meinungs- und Entscheidungsbildungsprozess einzubeziehen und ihnen damit auch
die Wahlmöglichkeit zu geben. Diesen Weg einer bürgernahen Politik, die
Menschen nicht ausgrenzt, sondern Menschen einbezieht, werden wir auch in
Zukunft fortsetzen. (Beifall bei der
SPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm:
Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr GR
Dr Tschirf.
GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Ich werde zu dieser verspäteten Faschingsdarbietung sonst nichts sagen,
aber ein paar Dinge doch zurechtrücken.
Erstens einmal ist es unrichtig, dass die Frau Staatssekretärin gegen
direkte Demokratie auftritt. Das ist ja völliger Blödsinn, das wissen Sie ganz
genau. In Wirklichkeit geht es eben darum, dass man ein Instrument der direkten
Demokratie ernst nimmt und nicht als Wahlkampf-Gag, so wie Sie das jetzt getan
haben, abtut. Das ist die Wahrheit. (Beifall
bei der ÖVP und von Gemeinderäten der FPÖ.)
Es gehört dazu, dass es nicht um Suggestivfragen geht, sondern darum,
die Bürger ernst zunehmen. Das ist die Realität, nur damit können Sie sich
nicht anfreunden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das Zweite: Das gilt genauso für diese absurden Beschuldigungen
hinsichtlich unserer beiden Stadträte. Sie wissen ganz genau, dass diese darauf
hingewiesen haben, dass es darum geht, dass man ernsthafte Fragen stellt und in
ernsthafter Weise diskutiert. Aber das wollen Sie nicht. (Beifall bei der
ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Eines ist klar, und das können Sie mitnehmen: Es gibt einen, der an
einer Diskussion über direkte Demokratie kein Interesse hat, das ist der Wiener
Bürgermeister, denn der glänzt durch Abwesenheit. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm:
Herr GR Dipl-Ing Margulies, ebenfalls zu einer tatsächlichen Berichtigung.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus):
Ursprünglich war es eine, während der Rede von Christian Deutsch sind es
mittlerweile, glaube ich, fünf oder sechs geworden. Deshalb in aller Kürze.
Das erste Unrichtige war: Während einer Volksbefragung dürfen keine
Werbeständer aufgestellt werden.
Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend
Freihaltung des Stadtbildes, § 2: Maximal 1 100 mit fortlaufender
Nummer gekennzeichnete Anlagen je wahlwerbender Partei, die ausschließlich der
politischen Wahlwerbung vorbehalten sind, sind vom Verbot nach Abs 1 zu
Wahlzeiten ausgenommen. Als Wahlzeit gilt jeweils bei der Wahl des
Bundespräsidenten und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, zum
Nationalrat, zum Gemeinderat, zu den Bezirksvertretungen der Zeitraum von fünf
Wochen vor der Wahl bis zum Ablauf einer Woche nach dem Wahltag, sowie bei
Volksabstimmungen nach bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften der Zeitraum
von fünf Wochen vor der Volksabstimmung
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular