Gemeinderat,
57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 111
gestört hat, was nicht in Ordnung sein kann, warum viele Experten, warum
viele Meinungsträger dieses Landes sagen, dass es nicht klug war, wie Sie das
durchgeführt haben, dass Sie hier möglicherweise auch einen Schaden für die
direkte Demokratie herbeigeführt haben.
Ich würde mir wünschen, dass Sie aus dieser Perspektive heraus zu einer
Änderung des Volksbegehrensgesetzes kommen, in eine Änderung der Wiener
Stadtverfassung in diesem Bereich auch hineingehen, damit in dieser Stadt in
Zukunft ehrlicher, rücksichtsvoller und demütiger vorgegangen wird. (Beifall
bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Als nächster Redner
ist Herr GR Deutsch gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Christian Deutsch (Sozialdemokratische Fraktion des
Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
Mit einer Beteiligung von nahezu 36 Prozent an der Volksbefragung
liegt diese Volksbefragung an der zweiten Stelle aller bisherigen Wiener
Volksbefragungen, und das ist ein schöner Erfolg, über den wir uns auch freuen
und den wir uns von Ihnen mit Sicherheit nicht miesmachen und schlechtreden
lassen. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie waren von Anfang an gegen die Befragung, Sie haben permanent
dagegen opponiert, Sie haben die Volksbefragung schlechtgeredet und haben nun sogar
das Problem, einen demokratischen Entscheidungsprozess nicht zur Kenntnis
nehmen zu wollen. Ich frage Sie daher: Wo bleibt ihr Demokratieverständnis?
Diese Frage werden Sie noch zu beantworten haben. Das werden die Wienerinnen
und Wiener in ihrer Entscheidung am 10. Oktober auch berücksichtigen, dass
die Wiener Oppositionsparteien kein Interesse daran haben, die Bevölkerung zu
fragen und mitentscheiden zu lassen. (Beifall bei der SPÖ. – GR
Dipl-Ing Martin Margulies: Schauen wir einmal!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bürgermeister Dr Michael
Häupl hat von Anfang an gesagt, und er hat es heute in seiner Mitteilung noch
einmal betont: Das Ergebnis der Volksbefragung ist für ihn verbindlich, es ist
ein Arbeitsauftrag, und diese Ergebnisse werden auch umgesetzt. Die Wienerinnen
und Wiener können sich auf die SPÖ und auf ihren Bürgermeister verlassen, denn
wir nehmen die Anliegen ernst, wir präsentieren Lösungen für Probleme, und wir
setzen diese Konzepte auch konsequent um. Wir beweisen damit aber auch Tag für
Tag, Woche für Woche Problemlösungs- und Handlungskompetenz, eine
Problemlösungs- und Handlungskompetenz, von der Sie, meine sehr geehrten Damen
und Herren, nur träumen können, denn was Sie in den letzten Wochen, aber auch
heute hier geboten haben, spottet ja wirklich jeder Beschreibung.
Ich beginne vielleicht beim entlarvenden Verhalten der Wiener Grünen. Sie haben sich in den letzten
Wochen wirklich vorgestellt, Sie, die sie gerne immer vom Einsatz und vom
Ausbau der demokratischen Instrumente philosophieren, aber wenn es dann konkret
wird, sich davon verabschieden. Der Vorschlag der Frau Vassilakou ist ja
mittlerweile legendär, denn sie wollte die Bevölkerung eigentlich aussperren.
Ihr Vorschlag hier in diesem Hause war ja, dass sich die Parteivorsitzenden im
stillen Kämmerlein treffen, die Projekte vereinbaren und dann entsprechend
umsetzen. Sie hatten kein Interesse daran, hier die Wienerinnen und Wiener
einzubeziehen. (GR Dipl-Ing Martin
Margulies: Da ist es um die Fragestellungen gegangen!) Aber, meine sehr
geehrten Damen und Herren, für dieses unmoralische Angebot waren wir natürlich
nicht zu haben, davon halten wir auch nichts. Mit so einem Angebot können Sie
sich an Ihre neuen Freunde bei der ÖVP und bei der FPÖ wenden, aber sicherlich
nicht an uns. (Beifall bei der SPÖ. – GR Dipl-Ing Martin Margulies: Wir sind
nur so enttäuscht von Ihrem Verhalten gegenüber der Öffentlichkeit!)
Aber Sie nehmen ja nicht einmal Entscheidungen vergangener
Volksbefragungen zur Kenntnis. Eine dieser Entscheidungen war vom März 1980, wo
die Bevölkerung entschieden hat, dass es außerhalb von Wahlzeiten keine
Dreieckständer in der Stadt geben soll. Das war Ihnen völlig wurscht. (GR
Dipl-Ing Martin Margulies: Ja, denn Volksbefragungen sind Wahlen!) Sie
haben einfach, weil Sie diese Entscheidung ignorieren wollten, begonnen,
Dreieckständer aufzustellen und haben dann in Ihrer wehleidigen Art
herumgejammert, als diese Dreieckständer zu Recht wieder abtransportiert
wurden. Aber ich kann Ihnen sagen, auch die Grünen
müssen sich an diese Entscheidungen halten. (GR Dipl-Ing Martin Margulies:
Darf man jetzt welche aufstellen bei einer Volksbefragung oder nicht?) Nein! (GR Dipl-Ing Martin Margulies:
Ja!) Nein, darf man nicht. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Sie
kennen die Verordnung nicht einmal!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sind ja noch einen Schritt
weitergegangen. Sie wollten eigentlich den Wienerinnen und Wienern ... (GR
Dipl-Ing Martin Margulies: Das ist so ein Unsinn!) Nein, das ist kein Unsinn, das ist eine Verordnung, mit der
diese Volksbefragung vom März 1980 auch zur Kenntnis genommen wurde. Aber Sie
wollten eigentlich den Wienerinnen und Wienern die Stimmabgabe sogar noch
erschweren, denn Sie waren sogar gegen die Aufstellung der Postkästen. Sie
waren gegen alles. Ihr einziges Ziel war es, die Volksbefragung zu
verunmöglichen, und jetzt haben Sie das Problem. (GR Dipl-Ing Martin
Margulies: Die WienerInnen würden sie brauchen! Warum sind die Postkästen
wieder weg? – GR Mag Wolfgang Jung: Es gibt viel zu wenig Postkästen in
Wien!)
Sie waren dagegen, dass sehr breite Möglichkeiten angeboten wurden, an
dieser Volksbefragung teilzunehmen. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Sie haben
den WienerInnen die Postkästen weggenommen!) Daher brauchen Sie uns mit Bürgerbeteiligung, Mitbestimmung und
Partizipation eigentlich nicht mehr daherzukommen. Sie haben eindrucksvoll
demonstriert, was Sie von der Mitbestimmung der Wienerinnen und Wiener halten,
indem Sie sich dann, wenn es konkret wird, eigentlich davon verabschieden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ÖVP
wiederum hat sogar öffentlich demonstriert, was Sie davon hält, die Bevölkerung
in den Entscheidungsprozess
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