Gemeinderat,
56. Sitzung vom 27.01.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 93
Dringliche Anfrage zur Kriminalitätssituation ein, und Ihre ersten
Fragen, die Sie konkret stellen, sind Fragen nach einem Erstaufnahmezentrum für
Asylwerber, womit eines wieder ... (GR Mag Wolfgang Jung: Ja, weil es die Wiener interessiert! Die
wollen es wissen!) Ich komme schon darauf zurück, ein kleines bisschen
Geduld! Ich will nur einen kleinen Unterschied hervorheben, der Ihnen ja
vielleicht auch angenehm ist, nämlich zwischen dem, was ich dazu denke, und
dem, was Sie dazu meinen.
Wer glaubt, dass er in diesem Land in Permanenz Menschen, die zu uns
kommen, weil sie an Leib und Leben bedroht sind und um Hilfe bitten, a priori
als Kriminelle hinstellen kann, der wird mit diesem Problem niemals vernünftig
umgehen können - niemals! (Beifall bei
SPÖ und GRÜNEN.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es gibt
auch unter jenen, die hier um Asyl ansuchen, Kriminelle. (GR
Mag Wolfgang Jung: Einen beträchtlichen Prozentsatz!) Ja, es gibt auch
unter jenen, die hier zuwandern, Kriminelle. Ja, es gibt auch unter jenen, die
hier seit vielen, vielen Generationen leben und sozusagen als autochthone
Wiener bezeichnet werden können, Kriminelle.
Kriminalität ist zu bekämpfen. Daher sage ich Ihnen: Versetzen Sie die
Polizei in die Lage, dass sie tatsächlich gegen die Kriminalität ankämpfen
kann. Aber lassen Sie jene in Ruhe, die aus reinem Herzen zu uns kommen und uns
um Hilfe bitten! Das sage ich Ihnen auch. (Beifall
bei SPÖ und GRÜNEN. - GR Mag Wolfgang
Jung: Aber wenn 70 Prozent importiert sind, schaut es anders aus!
70 Prozent importiert!)
Ich kann hier nur alle davor warnen: Wir werden das Problem des Asyls,
generell gesehen, weder in Europa noch in Österreich noch in irgendeinem
Bundesland lösen können, wenn wir permanent Asylanten per definitionem und a
priori als Kriminelle darstellen. (StR Johann Herzog: Das tut niemand!)
Dann werden wir dieses Problem niemals lösen können!
Daher bitte ich Sie, zumindest das Mindestmaß einzuhalten, das nicht
zuletzt durch die Menschenrechtskonvention und durch die Menschenrechte
vorgeschrieben ist und das letztendlich auch die Grundlage unserer Verfassung
ist. Daher halte ich es für notwendig, dass das hier auch gesagt wird. Denn
einmal mehr haben Sie in dieser Dringlichen Anfrage genau das bewiesen, und es
war mir wichtig, dass ich auch darauf hinweisen konnte: Mit mir nicht! (Beifall bei der SPÖ.)
Die Bevölkerung hat das Recht, sich am 10. Oktober dieses Jahres
zwischen dem zu entscheiden, was Ihre Vorstellungen dazu sind, und dem, was
meine sind. Das ist Gott sei Dank etwas, was in einer Demokratie möglich ist. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ. -
Beifall bei der SPÖ.) Ich bin neugierig, ob Sie am Abend des
10. Oktober genauso klatschen, Herr General. (GR Mag Wolfgang Jung:
Mehr als Sie!) Da bin ich wirklich sehr neugierig. (GR Mag Wolfgang
Jung: Ja, mehr als Sie!) Na, schauen wir einmal - schauen wir einmal! (GR
Mag Wolfgang Jung: Jetzt stimme ich
Ihnen zu, und auch da sind Sie bös! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Zu Ihren Fragen 1 bis 3: Im aktuellen Übereinkommen der Bundesregierung
ist die Absicht zur Errichtung einer Erstaufnahmestelle zur Entlastung der
Kapazitäten in den bestehenden Erstaufnahmestellen im Süden Österreichs
festgehalten. Im Hinblick auf die geographische Lage Wiens - zweifelsohne nicht
im Süden Österreichs - erübrigen sich daher Spekulationen jedweder Art. (GR
Mag Wolfgang Jung: Die SPÖ hat
doch gesagt: In jedem Bundesland!)
Erlauben Sie mir ein paar Bemerkungen in einem verzweifelten,
möglicherweise pädagogisch völlig unzureichenden Versuch, Sie von irgendetwas
zu überzeugen, ja selbst nur davon, dass Sie mir wenigstens zuhören - aber
handhaben Sie das, wie Sie wollen! (GR Mag Wolfgang Jung: Das habe ich gestern ...!)
Ich denke, in dieser aktuellen Diskussion, wenn man sie nun vernünftig
führen will - was ich Ihnen, Herr General, a priori abspreche -, wird man
natürlich darüber nachdenken müssen, ob in der Tat alle Voraussetzungen so ohne
Weiteres gegeben sind, um diese Frage hic et nunc zu entscheiden, ein
zusätzliches Erstaufnahmelager in Österreich zu errichten. Denn wir haben zum
einen die Situation, dass in den Erstaufnahmelagern - und wer immer sich das in
Traiskirchen angeschaut hat, und ich habe das, oder auch in Oberösterreich -
Menschen aufhältig sind über viele, viele Wochen, ja über viele Monate.
Das ist nicht der Sinn eines Erstaufnahmelagers, in dem festgestellt
werden soll, a) wer die Person ist und b) ob sie in der Tat das Anrecht hat,
einen Asylantrag entsprechend zu stellen. Das ist mit Sicherheit auch anders
machbar, indem man innerhalb einer Woche zumindest in 95 Prozent der Fälle
feststellen kann, um welche Person es sich handelt, und zum Zweiten auch
feststellen kann, ob sie um diesen Aufenthaltstitel ansuchen kann. (StR
Johann Herzog: In Traiskirchen hat der sozialistische Bürgermeister ...! -
Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Reden Sie nicht, das waren doch nicht wir! Entschuldigen Sie, das ist
doch vollkommener Unsinn. Wir organisieren ja diese Dinge nicht, also hören Sie
doch damit auf! Wir organisieren auch nicht die Dauer der Asylverfahren. Wer
hat denn zu verantworten, dass es Asylverfahren in dem Land gibt, die fünf
Jahre, sechs Jahre, zehn Jahre dauern, wodurch auch entsprechend verfestigte Aufenthaltstitel
und viele der Probleme entstehen? Selbstverständlich ist das alles in jener
Zeit entstanden, als die FPÖ entsprechende Regierungsmitverantwortung getragen
hat. Das ist außer jedem Zweifel! Da können Sie noch so lachen, das steht fest. (Beifall bei der SPÖ. - Zwischenrufe bei
der FPÖ.)
Daher ist erstens selbstverständlich die
Verfahrensbeschleunigung ein entsprechend wichtiger Punkt, und zum Zweiten ist
sehr klar festzuhalten, dass möglichst rasch festgestellt werden kann, wer die
Person ist und ob sie nun das Recht hat, auch um einen Aufenthaltstitel
anzusuchen. Wer das nicht hat, muss abgeschoben werden. Wer das hat, ist dann
sehr rasch auch den Ländern in die entsprechende Grundversorgung zu
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