Gemeinderat,
56. Sitzung vom 27.01.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 93
ist Herr GR Dr Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
GR Dr Kurt Stürzenbecher
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen!
Es wurde mehrmals der falsche Vorwurf erhoben, es handle sich bei
dieser Fragestellung um Suggestivfragen. – Ich habe mir jetzt im Internet
dazu gerade eine Definition angesehen. – Da steht: „Suggestivfragen sind
Fragen, die dem Angesprochenen die Antwort in den Mund legen.“ Als Beispiel
wird gebracht: „Sie sind doch sicher auch der Meinung, dass ...“ –
Das habe ich bei den fünf Fragen nirgends gesehen! Oder: „Sie stimmen doch
gewiss zu, wenn ich sage ...“ – Auch das habe ich nirgends bei den fünf
Fragen gesehen! Und auch „Sie wollen doch bestimmt, dass ...“ haben wir
nirgends gesehen! – Ich stelle also fest: Bei der Volksbefragung werden
keine Suggestivfragen, sondern seriöse Fragen gestellt! (Beifall bei der
SPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)
Kollege Gerstl hat einen Haufen Zitate gebracht. Ich komme in den fünf
Minuten jetzt nicht dazu, darauf einzugehen, sondern möchte nur sagen: Herr
Kollege Wolf! Sie werden wohl nicht behaupten, dass der „Kurier“ ein sozialdemokratisches
Zentralorgan ist. Im „Kurier“ ist aber am 22. Jänner ein sehr interessanter
Artikel von Doris Knecht erschienen. In diesem geht sie insofern durchaus
leicht kritisch mit der Fragestellung um, als sie zuerst sagt: „Bei Schweizer
Volksbefragungen wird über größere Themen abgestimmt.“ – Das stimmt, weil
es sich dort ja um Bundesbefragungen handelt und wir sozusagen nur über den
eigenen Bereich eine Befragung abhalten. (Zwischenruf von
GR Mag Wolfgang Jung.) Ja, das gibt es auch! Die Knecht hat sich
aber auf diese bezogen!
Weiter sagt sie: „Außerdem haben wir eine repräsentative Demokratie mit
einer Ergänzung der direkten Demokratie, und dazu bekennen wir uns.“ – Die
Schweiz hingegen ist eines der ganz wenigen Länder dieser Welt, in dem die
direkte Demokratie eindeutig im Vordergrund steht. Das muss man auch wissen.
Doris Knecht schreibt auch: „Es sind wichtige zukunftsweisende, aber im
Vergleich zu vielen Schweizer Vorlagen relativ harmlose Fragen, und man ist
geneigt, diese abgeschwächte Form der direkten Demokratie innerhalb einer
repräsentativen Demokratie der fast schon basisdemokratischen Schweizer
Variante vorzuziehen.“
Es ist dies also eine eindeutig positive Einschätzung dieser
Volksbefragung durch den „Kurier“, und ich glaube, das trifft auch den Punkt:
Wir haben nämlich ganz deutlich gesagt, dass wir nur Fragen stellen, deren
Inhalt wir bei einem entsprechenden Ergebnis auch umsetzen können. Deswegen
befassen wir uns hier nur mit Landes- und Gemeindethemen.
Weiters bin auch ich der Meinung, dass es, falls dieses Instrument von
den Bürgerinnen und Bürgern positiv angenommen wird – und diesbezüglich
bin ich zuversichtlich –, das nächste Mal nicht 19 Jahre dauern wird, bis
wir wieder Volksbefragungen abhalten, sondern diese früher stattfinden werden.
In diesem Punkt bin ich sehr zuversichtlich. (Beifall bei der SPÖ.)
Aufs Schärfste weise ich natürlich die Unterstellungen von Herrn
Dr Tschirf zurück, dass hier das Wahlgeheimnis verletzt werden würde. Wo
das der Fall ist, muss man wirklich nachweisen! Bevor man einen dermaßen
gravierenden Vorwurf erhebt, muss man einen Nachweis erbringen. Das ist
schärfstens zurückzuweisen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei
der ÖVP.)
Wir
stellen also fünf interessante Fragen und keine „No-na-Fragen“. Ich weiß zum
Beispiel nicht, wie die Frage mit dem 24 Stunden Betrieb ausgehen wird. Für
meinen Sohn ist das zum Beispiel eine sehr wichtige Frage. Er ist eindeutig
dafür. Umgekehrt hat es bei uns in der Parteiorganisation durchaus auch
sachliche Argumente dafür gegeben, dass es nicht wert ist, dafür fünf Millionen
auszugeben. Ich bin also sehr gespannt, wie diese kontroversielle Frage
ausgeht!
Etwas ist aber ganz sicher, Kollege Madejski: Wir werden uns zu
100 Prozent an das Ergebnis der Volksbefragung halten. Das hat der
Bürgermeister mehrmals betont. (Zwischenruf von GR Dr Herbert
Madejski.) Sie haben das in Zweifel gezogen!
Ich möchte noch einmal klarstellen, dass wir uns voll an das Ergebnis
halten werden. Es ist dies eine wirklich sinnvolle Bereicherung für unsere
Demokratie. – Noch einmal: Die repräsentative Demokratie ist der
Schwerpunkt, aber sie wird ergänzt und bereichert durch Formen der direkten
Demokratie. Und diese fünf Fragen sind wirklich – wie Doris Knecht
schreibt – sehr interessante und wichtige Fragen.
Ich freue mich schon, dass die Wiener Bevölkerung sehr intensiv
teilnehmen wird, dass unsere Stadt dadurch noch demokratischer geworden ist und
dass wir dann diese fünf Ergebnisse mit Energie umsetzen werden. – Danke
schön. (Beifall bei der SPÖ)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Die Aktuelle Stunde ist
beendet.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß
§ 15 Abs 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass an schriftlichen
Anfragen von Gemeindratsmitgliedern des Klubs der Wiener Freiheitlichen 4, des
Grünen Klubs im Rathaus 3 und des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien 14
eingelangt sind.
Von den GRen Mag Johann Gudenus, Mag Wolfgang Jung, Henriette
Frank und David Lasar wurde eine Anfrage an den Herrn Bürgermeister betreffend
Kriminalitätsalarm in Wien gerichtet.
Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage wurde von der
notwendigen Anzahl von Gemeinderäten unterzeichnet. Gemäß § 36 Abs 5
der Geschäftsordnung wird die Beantwortung der Dringlichen Anfrage vor Schluss
der öffentlichen Sitzung erfolgen. Ist diese um 16 Uhr noch nicht zu Ende, wird
die Gemeinderatssitzung zur Tagesordnung mit der Behandlung der Dringlichen
Anfrage unterbrochen.
Vor Sitzungsbeginn sind von Gemeinderatsmitgliedern
des Grünen Klubs im Rathaus eine und des ÖVP-
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