Gemeinderat, 1. Sitzung vom 25.11.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 51
sonders wichtig war und ist: unser Wort vor der Wahl gilt auch nach der Wahl. Bei den Grünen ist dies leider offenbar nicht der Fall.
Meine Damen und Herren von den Grünen und ganz besonders Frau VBgmin Vassilakou! Ich möchte Ihr Augenmerk gerne auf den Mai des heurigen Jahres lenken. Da haben die Wiener Oppositionsparteien – und hier noch einmal ganz klar zur Erinnerung: ÖVP, FPÖ und Grüne, Frau Vizebürgermeisterin – einen Notariatsakt unterzeichnet, in dem wir gemeinsam ganz klar und unmissverständlich festgehalten haben, dass wir uns im Falle des Verlustes der absoluten Mandatsmehrheit der SPÖ gemeinsam zu einer Reform des ungerechten Wiener Wahlrechtes verpflichten. Ich verstehe mittlerweile auch, Frau Vassilakou, warum Sie sich im Frühling so dagegen gewehrt haben, im Notariatsakt explizit festzuhalten, dass die Selbstverpflichtung sowohl im Falle einer Regierungsbeteiligung als auch als Koalitionsbedingung und ebenso in der Opposition gilt. Ich beginne zu verstehen, meine Damen und Herren.
Frau Vizebürgermeisterin! Sie haben vor ein paar Tagen in einem Interview auch gesagt: „Im Pakt steht eindeutig, dass wir ein modernes Verhältniswahlrecht anstreben. Wir wollen die Reform bis 2012 umsetzen. Das heißt, die nächste Gemeinderatswahl wird nach einem neuen Wahlrecht abgehalten werden, und wir werden nicht von unserer Vorstellung eines fairen Wahlrechtes abrücken.“
Aber, Frau Vassilakou, im Notariatsakt steht nicht eindeutig, dass wir ein modernes Verhältniswahlrecht anstreben, es steht vielmehr eindeutig, dass es analog zur Nationalratswahlordnung ein landesweites Ermittlungsverfahren geben soll, in dem die Gesamtmandatszahlen der Parteien nach d'Hondt ermittelt werden sollen. Und genau das werden wir beziehungsweise werden wir gemeinsam – leider nur mit den Stimmen der FPÖ; das Angebot an die Grünen ist ergangen, meine Damen und Herren – nun in einem Antrag, wortident mit dem Notariatsakt, auf den Weg bringen. Und in diesem Sinne darf ich diesen Antrag einbringen, meine Damen und Herren, nämlich den Beschlussantrag der GRin Christine Marek, ÖVP und des GR Mag Johann Gudenus, FPÖ betreffend umgehende Umsetzung der Wiener Wahlrechtsreform im Hinblick auf ein faires Wahlrecht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Frau Vizebürgermeisterin! Meine Damen und Herren! Da geht es nicht nur schwammig um ein modernes Verhältniswahlrecht – was immer das sein soll; wie gesagt, Arbeitsgruppe, wird erst diskutiert, wird erst erarbeitet –, sondern wir haben es im Pakt sehr genau definiert, und ich frage mich, warum Sie sich einfach so scheuen, das auch konkret zu sagen, Frau Vizebürgermeisterin.
Ich habe übrigens hier für Sie zur Gedächtnisauffrischung (Die Rednerin stellt ein Plakat so auf, dass es in Richtung der GRÜNEN weist.) den von Ihnen unterschriebenen Notariatsakt auch noch einmal mitgebracht. Ich glaube, das ist Ihre Unterschrift, Frau Vassilakou, die Sie durchaus erkennen, und ich frage mich ernsthaft: Was ist Ihre Unterschrift wert, Frau VBgmin Vassilakou? Wir wollen und wir sollen es jetzt angehen, nämlich jetzt und nicht irgendwann.
Zwischen den Parteien ÖVP, FPÖ und den Grünen ist alles klar. Der Notariatsakt ist die Grundlage. Das haben wir so vereinbart. Es braucht keine Arbeitsgruppenverhandlungen mehr, Frau Vizebürgermeisterin, meine Damen und Herren von den Grünen. Dort kann man andere Punkte einer Wahlrechtsreform besprechen, das ist gut und das ist durchaus richtig, aber für das faire Mandatsberechnungsverfahren ist alles gesagt. Es liegt alles vereinbart auf dem Tisch, man muss nur das tun, was man vereinbart hat und vor einem Notar unterschrieben hat, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Das ist es, was Sie offensichtlich nicht tun wollen, und das, meine Damen und Herren, werden Sie auch zu verantworten haben. Wir von Seiten der ÖVP werden deshalb den rot-grünen Antrag auch ablehnen.
Wenn der neue Klubobmann Ellensohn meint, dass die Grünen bei Anträgen, die aus der Hüfte geschossen sind, nicht mitgehen werden, dann frage ich mich: Gilt das auch für Ihre Unterschrift unter einem Dokument oder war diese Unterschrift unter diesem Notariatsakt, für dessen Abstimmung wir übrigens – und Sie werden sich erinnern – Wochen gebraucht haben, damals doch überlegt? Aber, Frau Vassilakou, da kann man nur sagen: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Das hat ein Parteifreund von Ihnen gesagt!)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Gudenus. Ich erteile es ihm.
†GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es wurde ja schon bei der Diskussion zur Bürgermeisterwahl einiges gesagt, ich darf aber noch ganz kurz eingangs unterstreichen – ich werde dann noch darauf eingehen –: Pacta sunt servanda! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin, das gilt auch nach der Wahl, und es kann nicht sein, dass Sie alle Ihre Prinzipien und Ihre Unterschriftstreue über Bord werfen, nur um da mitnaschen zu können, um in der Regierung zu sitzen und hier am Kuchen der SPÖ irgendeinen Platz zu finden. Pacta sunt servanda, sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)
Wir haben ja in den letzten Tagen schon das zweifelhafte Vergnügen gehabt, das Regierungsübereinkommen zu lesen, und wir haben heute die Wortmeldungen vom Herrn Bürgermeister und von der Frau Vizebürgermeisterin gehört, und ich frage mich schon: Gibt es da ein Seminar für Phrasendrescherei? Phrasendrescherei für Anfänger, Phrasendrescherei für Fortgeschrittene? (Ironische Heiterkeit bei SPÖ und GRÜNEN.) Gibt es da so was? Bitte, können Sie uns das weiterempfehlen. (Beifall bei der FPÖ. – VBgmin Mag Renate Brauner: Das war gut!) Das passt nämlich ganz genau zu Ihrer Politik. So viel leere Worthülsen und Platituden, die wir hier heute hören durften und in den letzten Tagen im Regierungsprogramm lesen durften, das passt ja wirklich
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