Gemeinderat,
55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 123
und das de facto Wegfallen der Übergangsjahreszeiten, mehr als spürbar
geworden. Schanigärten im November zu besuchen, ist auf der einen Seite
charmant und hat einen Bequemlichkeitscharakter, andererseits sollten wir sehr
nachdenklich sein und darüber nachdenken, wie das überhaupt möglich wurde.
Das in der Menschheitsgeschichte beispiellose Verbrennen von fossilen
Primärenergieträgern, gepaart mit der Explosion der Weltbevölkerung, begleitet
von Ernährungsproblemen, und schlussendlich der Raubbau an den tropischen
Regenwäldern können einfach nicht ohne elementare Folgen bleiben! Schneller als
die Zahl der unverbesserlichen Zweifler an der menschenverursachten
Klimaänderung schmelzen derzeit nur mehr die Polkappen ab.
Erfreulicherweise kann festgestellt werden, dass Wien schon zum denkbar
frühesten Zeitpunkt all diesen Phänomenen mit Seriosität entgegengeblickt und
entsprechende Vorkehrung getroffen hat. Wir können sagen, unbeschadet unserer
relativen Kleinheit von nur 431 km² waren wir sehr rasch bemüht, in diesem
turbulenten Meer der Klimaverwandlungen und des Klimawechsels eine kleine, aber
feine Arche Noah aufzubauen.
Manchen Unkenrufen zum Trotz wurde nach fast zweijähriger fundierter
Vorbereitungsarbeit mit zahlreichen internen und externen Experten ein
umfassendes und, was noch viel wichtiger ist, ein obligatorisch verpflichtendes
Klimaschutzprogramm für Wien entwickelt und mit einer breiten Mehrheit - vier
der damals im Gemeinderat vertretenen Parteien haben dem zugestimmt - auch
beschlossen. Dieses KliP I umfasst Handlungsfelder in der Energieerzeugung
und –distribution, für Wien klarerweise bei Strom und Fernwärme, im Großbereich
Wohnen, in der Evaluierung der Betriebe, in der Stadtverfassung, in ihrer
Eigenverantwortung und Vorbildrolle beim Beschaffungswesen und der
Abfallwirtschaft und schlussendlich im Großfaktor Mobilität, mit der Steuerung
von Modal-Split in Richtung Umweltverbund und damit Dominanz einer sanften
Mobilität. Dazu wurden 36 Maßnahmenprogramme definiert und 341 konkrete
Einzelmaßnahmen tatsächlich in die Welt gesetzt.
Zugleich mit der Implementierung des KliP in das gesamte Entscheidungs-
und Verwaltungsgeschehen des Magistrats und der Unternehmungsgruppe Stadtwerke
Holding wurde eine zentrale Forderung des KliP erfüllt - und das war mir damals
als einem, der die Freude hatte, nicht unwesentlich daran beteiligt gewesen zu
sein, ein ganz spezielles Anliegen -: Es wurde eine unabhängige, weisungsfreie
Instanz geschaffen und installiert, die evaluierend begleitend, aber auch
kritisch kontrollierend diesem Ablauf des KliP als Partner gegenübersteht,
nämlich die Klimaschutzkoordinationsstelle in der Magistratsdirektion. Diese
ist es auch, die uns heute den vierten und vorläufig abschließenden Bericht zur
Evaluierung des KliP als Voraussetzung für weitere richtungsweisende Maßnahmen
setzt.
Was sind nun die Kernaussagen, die auf Grund des Evaluierungsberichtes,
von der Klimaschutzkoordination beauftragt, an die österreichische
Energieagentur, also eine außenstehende, objektive und unbefangene Instanz, so
zusammengefasst wurden?
Erstens: Alle Maßnahmenprogramme mit sämtlichen Einzelmaßnahmen wurden
auch ganz konkret in Angriff genommen. Vergleichsweise zu anderen Megaprogrammen
- wie das KliP zweifelsohne positiv benannt werden kann - ist das an und für
sich schon ein toller Erfolg und es hebt sich das Wiener KliP wohltuend von
zahlreichen anderen Programmen und erst recht von internationalen
Klimaprogrammen ab, wenn wir hier einen sorgenvollen Blick nach Kopenhagen
richten wollen.
Zweitens: Die bis 2010 dimensionierte KliP-Umsetzung hat bereits zum
Ultimo des Jahres 2008 3,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalentvermeidung
und de facto -einsparung gebracht.
Drittens: Das absolute, ursprünglich klar definierte Ziel der
Einsparung von nur 2,6 Millionen Tonnen wurde schon 2006 erreicht, und damit
kann viertens am Beginn des Klimazieljahres 2010, also konkret in
14 Tagen, eine deutliche Übererfüllung des Klimazielpotenzials an
eingesparten CO2-Äquivalenten erreicht werden.
Fünftens - und das zeigt auch, dass das Klimaschutzprogramm in Wien
einen ernormen Impulsfaktor für das Wirtschaftsleben und die innovativen Kräfte
in dieser Stadt bedeutet -: Bis Ende 2008 haben alle von der Energieagentur
untersuchten Maßnahmen Direktinvestitionen von 11 Milliarden EUR nach
sich gezogen und Wertschöpfungseffekte von 25 Milliarden EUR
ausgelöst.
Sechstens - und das ist der Sozialdemokratie ein spezielles Anliegen:
Es wurden geschätzte 56 000 Arbeitsplätze, die im
unmittelbaren Konnex mit der Verwirklichung des KliP stehen, in dieser
Stadt entweder neu geschaffen oder in ihrer grundlegenden Substanz abgesichert.
Somit, geschätzte Damen und Herren des Wiener Gemeinderats, kann
festgehalten werden: Das Wiener Klimaschutzprogramm ist bis dato ein absoluter
multifunktioneller Erfolg und hat Wien an die Spitze aller Bundesländer im
offensiven Kampf gegen den Klimawandel gebracht.
Pars pro toto seien hier die wichtigsten Elemente der KliP-Realisierung
angeführt:
Die Fernwärme Wien verfügt mittlerweile über 300 000 Privatkunden.
In 300 000 Wiener Haushalten wird die Fernwärme mit Wasser und
Wärmeproduktion spürbar. Die Zahl ihrer Kunden konnte seit 1999 um ein sattes
Drittel gesteigert werden.
Die Effizienzverbesserung im Wiener Kraftwerkspark, sprich, die
Brennstoffausnützung, ist durch obligatorische Einbauten von
Kraft-Wärme-Kopplungen in allen Verbrennungsanlagen Wiens sowie durch den
Austausch der Blöcke 1 und 2 im Kraftwerk Simmering durch zeitgemäße
moderne Installationen von 60 auf 70 Prozent erreicht worden.
Das KliP brachte weiters die Errichtung des
europaweit größten Waldbiomassekraftwerkes in Simmering mit
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