Gemeinderat,
55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 123
hören Sie nur gut zu! Der Polizeibeamte Pollak führt dieses Telefonat
mit einem gewissen Rechtsanwalt Singer. Da wird behauptet – das ist wörtlich –,
Alijew ist mit der halben Politik in Österreich verhabert. Er ist im Verein der
Freunde der Polizei Wiens – da gibt es übrigens noch ein paar andere hoch
interessante Aussagen, auch über den Herrn Bürgermeister, ich zitiere ja nur
eine –, er hat im Hotel Sacher einem Politiker – hören Sie gut zu; das sagt
jemand, der nicht weiß, dass er abgehört wird, der nichts davon hat, wenn er
jemanden anschwärzt, aber der als Staatspolizist aus dem Nähkästchen berichtet
–, hier hat einer im Hotel Sacher einem Politiker, vermutlich dem Häupl oder
Harry Kopietz, zwei Millionen gegeben.
Das ist die berühmte Geschichte des Koffers. Auch über die wird noch zu
reden sein. – Jetzt ist es ruhig in der SPÖ. Da schaut es ein bisschen anders
aus, meine Damen und Herren. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Da bleibt einem
die Spucke weg!)
Nein, meine Damen und Herren von der SPÖ, Sie haben die Gelegenheit
versäumt. Im nächsten Herbst – spätestens im nächsten Herbst, wahrscheinlich
werden Sie schon früher das Handtuch werfen – wird hier reiner Tisch gemacht,
und Sie werden sehen, wie die Wähler agieren. Sie werden darum zittern müssen,
nicht mehr um die absolute Mehrheit, wie wir heute so großspurig gehört haben,
Sie werden darum zittern müssen, ob überhaupt noch ein Vierer vorne ist oder ob
Sie nicht sogar einiges darunter liegen.
Es ist schade um das Geld, das Sie für eine Alibiabstimmung hier
hinausschmeißen (GR Godwin Schuster:
Lassen Sie das Wort weg! Das ist ja widerlich!) und den Wienern entziehen,
meine Damen und Herren. Das sind insgesamt mehr als 10 Millionen EUR,
die hier hinausgehen. Draußen, meine Damen und Herren, ist es saukalt (GR Kurt Wagner: In Kärnten ist es noch
kälter!), und wir haben in Wien über zehntausend Wohnungen, die nicht
geheizt sind, weil die Leute nicht einmal einen Heizungszuschuss bekommen, weil
Sie angeblich zu wenig Geld dafür haben. Das ist das soziale, das ist das rote
Wien. Mir reicht's! (Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Uns auch!)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Das Wort hat Herr GR Mag
Chorherr.
GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus):
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat!
Die wenigen, die hier von der Sozialdemokratie an einer ernsthaften
Auseinandersetzung interessiert sind und daran glauben, wissen, dass uns die
direkte Demokratie immer sehr wichtig war und auch wichtig ist.
Ich erzähle jetzt manchen kein Geheimnis, dass wir nach den
Diskussionen der letzten Tage gestern sehr intensiv auf Klubebene diskutiert
haben, und wissend, wie manche Fragen tendenziell kommen könnten, habe ich die
Position vertreten, dass wir dem zustimmen sollen. (GR Kurt Wagner: Warum
tun Sie es dann nicht?) Na warten Sie ein bisschen! Ersparen wir uns jetzt
eine Brüllerei, versuchen wir zu argumentieren.
Da habe ich einige Fragen schon gekannt und da habe ich gemeint, man
kann nicht einfach sagen, nein, man ist gegen eine Volksbefragung. Wir hätten
uns das anders vorgestellt, ich hätte mir das anders vorgestellt, aber so ist
es halt. Ein Ding wurde auch geändert, das will ich jetzt durchaus auch anmerken
im Positiven, und dann aus tiefer Überzeugung begründen – wer mich kennt, der
weiß, dass ich da jetzt keine Polemikrede am Nachmittag halte, wo keine
Journalisten mehr da sind –, warum ich das ablehne.
Ich sage auch, was positiv verändert wurde: Die unsinnige Frage, ob man
eine City-Maut rund um den Ring machen soll – polemisch könnte ich sagen, sind
Sie für eine City-Maut im Stephansdom –, das haben Sie dann nicht gemacht, es
stand dann richtigerweise allgemein: Soll in Wien eine City-Maut eingeführt
werden?
Ich sage Ihnen, was mich wirklich empört – das sage ich jetzt ohne
Emotion – und was ich für einen wirklichen Bärendienst an der Demokratie halte,
das sind Ihre Sätze davor. Jeder von Ihnen braucht nur ein Semester oder ein
Gespräch mit einem Meinungsforscher der Sozialwissenschaft, um zu wissen, dass
es von der Form der Fragestellung abhängt, welche Antwort du bekommst. Sie
kennen die berühmten Antworten, wo man bei einer Parteiumfrage 1 und einer
Parteiumfrage 2 zu vollkommen konträren Ergebnissen kommt, je nachdem, wie
man fragt.
Meine Damen und Herren! Das ist einfach zutiefst unredlich. Ich fange
jetzt mit einer Frage an, wo ich die Frage selbst mit einem leidenschaftlichen
Nein beantworten würde, aber dem vorgestellten Satz nach meiner ideologischen
Orientierung zustimme. Ja, ich bin für die Ganztagsschule, und, ja, es stimmt,
was da als Pro-Argument steht, dass die Ganztagsschule den entscheidenden
Erfolgsfaktor für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie darstellt und das
Bildungsniveau der Bevölkerung deutlich hebt. Ja, ich glaube das. Ich glaube
das, trotzdem halte ich es für total falsch, dass dieser Satz davorsteht, wenn
man ehrlichen Herzens fragt.
Es gibt auch Gegenargumente, Argumente, die ich nicht teile, sonst
könnte, wenn Sie dagegen wären, genauso da stehen: Sind Sie dafür, dass Kinder
zwangsweise, gegen den Willen ihrer Eltern in einer Schule gehalten werden, die
so ausschaut, wie die Schulen ausschauen? Ich teile diese Meinung nicht, aber
wenn man dagegen ist, fragt man so.
Hätten Sie diese Fragen, so wie sie da stehen, gestellt, ohne Ihre
Sätze davor, die mit einer fairen Volksbefragung in einer fairen direkten
Demokratie nicht übereinstimmen, hätte ich zugestimmt. Und das sage ich jetzt
nicht, weil mich irgendwer im Klub manipuliert, sondern aus ehrlicher
Überzeugung. Ich halte es für grundfalsch, eine Volksbefragung zu machen, wo
man durch die Vormelodie eindeutig eine Richtung vorgibt. Und ich finde es arg,
dass jetzt Rednerinnen und Redner aller Parteien darauf Bezug genommen haben,
und in wilder Polemik kein Einziger von ihnen auf das eingegangen ist. Das ist
der Kernpunkt, um den es mir bei dieser Sache geht. (Beifall bei GRÜNEN und
ÖVP.)
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