Gemeinderat,
53. Sitzung vom 24.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 101
Meiner Meinung nach ist die Art und Weise, wie wir mit dem Kapitel
Integration umgehen, zumindest bei einem Teil von uns durchaus bemüht, aber
sicher nicht das, was Wien verdient und was Wien braucht, um sicher zu sein,
dass wir in Zukunft die Nase vorne haben werden.
In diesem Sinne werden wir auch diesmal dem Budget unsere Zustimmung
nicht geben. Nicht, weil wir nicht möchten, dass in diesem Bereich etwas
passiert, sondern weil es einfach viel, viel, viel zu wenig ist. Wien hat mehr
verdient. (Beifall bei den Grünen.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Zu Wort gemeldet ist Frau Mag Feldmann. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Barbara Feldmann (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine Damen
und Herren!
Mit der Unterzeichnung der Europäischen
Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene durch Bgm Häupl hat sich die Stadt Wien
verpflichtet, einen umfassenden Gleichstellungsaktionsplan zu erstellen mit dem
Leitziel, für die Jahre 2010 bis 2012 eine Weiterentwicklung und Intensivierung
der Gleichstellung zu erreichen.
Ich möchte kurz
die sechs Handlungsfelder beschreiben. Das sind Arbeit, Beschäftigung, Wirtschaft,
Bildung, Kampf gegen Rollenstereotype, Gesundheit, soziale Sicherheit,
Sicherheit und Schutz vor Gewalt und interne Gleichstellungsförderung.
Man kann jetzt im
Wiener Gleichstellungsaktionsplan im Bereich Wirtschaft, Beschäftigung, Arbeit
lesen, dass die gleichberechtigte Teilnahme am Erwerbsleben die grundlegende
Voraussetzung für ökonomische Unabhängigkeit und Selbstständigkeit ist. Man
kann aber auch lesen, dass gleiche Chancen für Frauen und Männer noch nicht
bestehen und der Einkommensunterschied in Wien nach wie vor 22,5 Prozent
beträgt. Wir haben im letzten Ausschuss gehört, dass ein Umsetzungsaktionsplan
in Bearbeitung ist, ich mache mir aber die große Sorge, dass es mit diesem
limitierten Frauenbudget sehr schwierig werden wird, viele Aktionen, die
notwendig sind, umzusetzen, und ich stelle jetzt noch einmal den Vergleich von
11,44 Milliarden EUR Gesamtbudget zu einem Frauenbudget von
8,2 Millionen EUR, was 0,07 Prozent des Gesamtbudgets ausmacht,
in den Raum. Ich glaube, das spricht für sich. Das ist nicht besonders viel und
nicht sehr ambitioniert. Ein Großteil des Budgets ist verplant. Es bleiben
letztendlich zirka 1,8 Millionen EUR für andere Projekte zur
Verfügung. Wir brauchen aber eine Unzahl von Maßnahmen.
Um das zu
verdeutlichen, schauen wir uns das Bild ein wenig genauer an. Die generelle
Arbeitslosigkeit in Wien – das kennen wir alle – beträgt 7,4 Prozent –
Vergleich mit Tirol: 2,6 Prozent –, und wir wissen ja, dass es im
internationalen Vergleich, wenn man internationale Städte vergleicht, relativ
selten ist, dass die Arbeitslosigkeit in der Stadt höher ist als die
Arbeitslosenraten am Land. In Wien ist das so im Vergleich. Die
Arbeitslosenquote für Frauen mit 6,2 Prozent ist zwar niedriger als die
gesamte Arbeitslosigkeit, doch es ist die höchste österreichweit. Wieder ein
kurzer Vergleich: Salzburg 3,9 Prozent, Tirol 2,7 Prozent.
Um das zu
verdeutlichen, noch eine Zahl: In Wien waren 2008 im Jahresdurchschnitt
25 700 Frauen arbeitslos gemeldet. Das sind immerhin 32 Prozent aller
arbeitsuchenden Frauen in Österreich. Das ist eine sehr hohe Zahl. In den
letzten sieben Jahren ist die Frauenarbeitslosigkeit in Wien auch um
18,5 Prozent angestiegen. Und wenn ich jetzt vergleiche mit Ihrer
Homepage, wo Sie ja Punkte versprechen wie Eigenständigkeit, ökonomische
Unabhängigkeit, ein eigenes Einkommen, eine eigenständige Pension und auch
behaupten, dass Wien von allen Bundesländern die höchste
Frauenbeschäftigungsquote hat sowie einen deutlich geringeren Lohnunterschied
zwischen Männern und Frauen, kann ich nur sagen, es ist nicht ganz
nachvollziehbar, woher diese Versprechungen und Behauptungen kommen, denn wenn
wir uns jetzt nur eigenes Einkommen und ökonomische Unabhängigkeit ansehen und
die Zahlen, dass 32 Prozent aller arbeitsuchenden Frauen Österreichs in
Wien sind, passt das nicht zusammen.
Das Gleiche gilt
für die eigenständige Pension. Diese hohe Arbeitslosigkeit spricht nicht dafür,
dass jede Frau eine eigenständige Pension haben wird. Das Einzige, was dazu
beigetragen hat, war die große Pensionsreform unter Bundeskanzler Schüssel, die
immerhin die Anrechnungszeiten für die Frauen verbessert hat.
Drittens: die
höchste Frauenbeschäftigungsquote. In Wien sind Frauen sehr häufig in
atypischen Beschäftigungsverhältnissen und Teilzeitbeschäftigung. Genau
74 Prozent Frauenanteil bei Teilzeitbeschäftigung. Das ist jetzt auch für
das Einkommen und die Pensionsberechnung nachher ein nicht gerade positiver
Ausgangspunkt.
Ferner sind
34 000 Frauen in Österreich, das sind 6 Prozent, von akuter
Armut betroffen. Die Gründe dafür sind erschwerter Zugang zum Arbeitsmarkt,
schlechtere Bildung, unzureichende Kinderbetreuungsmöglichkeiten,
Pflegezuständigkeit für kranke Familienangehörige.
Was bräuchten wir
also in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit? Wir bräuchten gegensteuernde
Maßnahmen, einen sofortigen Gebührenstopp, reduzierte Mietpreise, Senkung der hohen
Energiepreise et cetera. Das heißt, besonders Alleinerzieherinnen, die dann in
der Folge auch in der Pension von Pensionsarmut und Altersarmut bedroht sind,
gehören hier unterstützt.
Ich bringe jetzt einen Antrag ein. Ich habe das
schon einmal eingebracht. Es geht um ein Konjunkturpaket für Frauen. Ich möchte
das jetzt nicht weiter ausführen, sondern nur zwei, drei Punkte erwähnen. Es
ist notwendig, eine flächendeckende Nachmittagsbetreuung auch an den Wiener
Pflichtschulen zu schaffen. Immerhin sind nur 30 Prozent der
Pflichtschulen mit einer Nachmittagsbetreuung für Kinder ausgestattet, im Gegensatz
zu einer fast 100-prozentigen Deckung bei Bundesschulen. Weiters eine massive
Investition in verschiedene Bereiche zur Schließung der Einkommensschere. Das
wäre zum Beispiel in Altenbetreuung, Bildung, Sanierung von Schulen und
Kindergärten, Forschung und Entwicklung
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