Gemeinderat,
52. Sitzung vom 30.10.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 95
vom respektlosen Du schon auf Sie übergegangen ist, hat er dann
vernommen: „I bin aber net dazu da, dass ich Sie berate!" Das ist traurig!
Das ist traurig und macht auch ein Stück weit wütend. Der junge Mann
könnte Arbeitgeber sein, aber er ist im Moment arbeitslos gemeldet. Aber das
ist die Mentalität, mit der man in Wien mit Leuten umgeht, die etwas tun
wollen, die etwas bewegen wollen. (Beifall bei der ÖVP.)
Genauso traurig schaut es in der Integrationspolitik der Stadt Wien
aus. Wir haben viel davon gehört. Sie funktioniert nicht. Es reicht nicht,
einfach immer nur gut zuzureden. Es ist schön, dass wir gemeinsam kochen, es
ist schön, dass wir kleinteilige und großteilige Projekte fördern, es ist
schön, dass wir seit 13 Jahren immer wieder neue Integrationsprojekte
vorgestellt bekommen, es ist schön, dass Integration einmal zentral, einmal
dezentral gesehen wird, aber was fehlt, ist die entschieden eingebrachte
Forderung auf Respekt und Rücksichtnahme für beide Seiten, die Forderung nach
Akzeptanz unserer Gesetze und unseres Wertesystems. Ich sage bewusst nicht,
Spielregeln, denn Integration ist kein Spiel.
2009 wird in diesem Sinne wohl als Jahr der Erkenntnisse in die Stadt
Wien eingehen, denn eines möchte ich Ihnen zum Abschluss noch mitgeben, ein
Zitat des Bürgermeisters im Rahmen einer Veranstaltung im Radio Kulturhaus: „Es
mag sein, dass wir für manche Initiativen spät dran sind. Jetzt sind wir
bereit! Jetzt sind wir so weit!" – Für diese späte Erkenntnis gebührt ihm
mein persönlicher Respekt. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl:
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Frank.
GRin Henriette Frank (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Zuerst zum Herrn GR Hursky. Erstens: Wenn Sie jetzt nach Lösungen
suchen, gestehen Sie damit zu, dass es Probleme gibt. Das ist genau das, was
wir all die Jahre aufgezeigt haben.
Und das Zweite, und da sind Sie jetzt schon wahnsinnig respektlos, denn
das ganze Problem oder Respektlosigkeit auf einen Müllcontainer zu reduzieren,
das ist sehr wohl respektlos, wenn es um das Zusammenleben in Wohnhausanlagen
geht. Dem können wir uns so sicher überhaupt nicht anschließen.
Rücksichtnahme und Respekt für ein gutes Zusammenleben in Wien. Also
irgendwie kenne ich mich jetzt nicht so richtig aus, denn welche Zielgruppe
wollen Sie mit dieser Botschaft erreichen? Die Zuwanderer, die bisher ungehemmt
ihre Kultur ausleben konnten ohne Rücksicht auf irgendjemanden, vor allem nicht
im sozialen Wiener Wohnbau? Die einheimische Bevölkerung, die bereits jahrelang
unter dem Druck der Mitbewohner, vor allem auch unter dem Druck von Wiener
Wohnen leidet und sich zunehmend von diesem Wohnbau verabschiedet? Oder
sprechen Sie mit Rücksichtnahme und Respekt jene an, die seit Generationen in
Österreich leben und trotz aller Voraussetzungen rücksichtslos und respektlos
von Wiener Wohnen abgewiesen werden, wenn es darum geht, dass sie um
Gemeindewohnungen ansuchen.
Es ist gerade zu grotesk, dass jene Partei, die keine Gelegenheit
ausgelassen hat, sich gegen die FPÖ auszusprechen, wenn es darum ging, dass
Hausordnungen eingemahnt wurden, wenn darauf verwiesen wurde, dass Parkanlagen
für alle da seien und nicht nur für bestimmte Gruppen, oder wenn es darum ging,
dass Respekt von den Mitbewohnern eingemahnt wurde, gerade jene SPÖ jetzt eine
Aktuelle Stunde einberuft. Im Grunde genommen leugnen Sie die vorhandenen
Probleme noch immer!
Wenn 51 Prozent der türkischen Hausfrauen noch immer nicht Deutsch
sprechen, dann gibt hier auch eine Gruppe sehr deutlich zu verstehen, dass sie
mit der anderen Gruppe gar nichts zu tun haben will, diese weder respektiert
noch auf sie Rücksicht nehmen will. Denn sonst würde man in einem Land, wo
Deutsch die Muttersprache ist, schon zumindest Grundkenntnisse erwerben, um
sich in einem Dialog auszutauschen. Und das geschieht nicht! (Beifall bei
der FPÖ.)
Ich freue mich, dass Sie jetzt hier offensichtlich einen Rückwärtsgang
einlegen, weil ja die Wahlen vor der Tür stehen. (GR Christian Hursky: Vorwärtsgang!) Ob es nützt, werden wir
spätestens in einem Jahr sagen. Denn wäre es Ihnen mit dieser Aussage
irgendwann ernst gewesen, Sie hätten 60 Jahre generell Zeit gehabt, Wien so zu
verändern, wie Sie es uns jetzt darstellen wollen, aber in den letzten Jahren,
wo die Probleme in manchen Bereichen schon eskaliert sind, hätten Sie sicher
alles tun können. Es hätte Ihnen nicht einmal die Opposition widersprechen
können, weil die Opposition gar nicht genügend Prozente ausmacht, um Sie an
irgendetwas zu hindern. Aber Sie haben gar nichts getan und haben sich nur
zurückgelehnt.
Sie haben die Wiener Bevölkerung geradezu verhöhnt, indem Sie ihr immer
wieder vor Augen führten, dass Sie vom Procedere der Vergabe bei Wiener Wohnen
ausgeschlossen ist, Sie haben sie zurückgereiht, Sie haben ihr Ignoranz
entgegengebracht, wenn es darum ging, dass man Hilfe wollte, weil die
Hauszustände zu eskalieren drohten. Und Sie haben im Zweifelsfall Österreicher delogiert,
weil sie entweder von Neuzuwanderern angeschwärzt wurden oder man die Wohnungen
brauchte. Und bei Delogierungsprozessen wurden diese Österreicher dann nicht
einmal geladen. Auch das soll man hier einmal sagen, denn auch das hängt mit
Respekt zusammen, vor allem aber mit Gleichbehandlung, mit Gleichberechtigung,
von der wir meilenweit entfernt sind.
Bereits im Jahr 2002 hat Herr Mag Kabas darauf verwiesen, dass
wir, sollte man nicht schnell das Ruder herumreißen, massive Probleme kriegen. Schröder
und Blair haben jedes Mal vor einer Wahl härtere Maßnahmen angekündigt, so wie
Sie es jetzt tun mit Ihren Ordnungsberatern, „Night Watchers“ oder wie immer
die alle heißen mögen, aber schon alleine auf Grund der Zahl und ihrer
Befugnisse sieht man: Ernst nehmen tun Sie das ganze Problem auch heute noch
nicht.
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