Gemeinderat,
52. Sitzung vom 30.10.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 95
Richtung Konfliktprävention, aber auch in Richtung Initiieren von einem
guten Zusammenleben.
Der fünfte Punkt ist ein Punkt, auf den ich mich auch schon sehr freue,
weil ich selbst immer dabei sein werde, das sind die Bassena-Gespräche. Da geht
es darum, dass wir in die Wohngrätzel gehen und mit den Leuten übers
Zusammenleben reden.
Diese fünf Punkte sind sozusagen das Herzstück in dieser Schiene
„Zusammenleben" in unserem Konzept. „Sei dabei" hat auch noch einen
Untertitel, nämlich „Wien für Dich – Du für Wien!" Da geht es auch
wiederum darum, ganz klar und deutlich zu machen, dass Integration eben keine
Einbahnstraße ist, dass man mit solchen Maßnahmen natürlich diesem Klima der
Angst gut begegnet und dass wir möglichst viele Leute mitnehmen können auf den
Weg.
Wir waren sehr erfolgreich im Ausbau der Schiene Sprache. Wir haben
ganz neu, seit einem Jahr, eine Niederlassungs- und Integrationsbegleitung
laufen, mit der wir durchschnittlich 76 Prozent der Menschen erreichen,
und jetzt geht es eben darum, mit „Sei dabei" in der Schiene
„Zusammenleben" eben ein Zeichen, ein zivilcouragiertes Zeichen für
Integration zu setzen.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. –
Die 1. Zusatzfrage zu dieser Frage wird von Frau GRin Matiasek gestellt.
GRin Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen): Guten Morgen, Frau
Stadträtin!
Eine neue Studie zeigt, dass zwei Drittel
der jungen Zuwanderer türkischer Herkunft die Regeln ihrer Religion über die
Regeln unserer Demokratie stellen. Ein weiterer Punkt ist, dass die Hälfte
türkischer Zuwanderer – jetzt nicht nur auf die Jungen bezogen – wünscht, dass
der Islam Eingang in unser Justizsystem findet.
Ich frage Sie jetzt: Wie gedenken Sie dieser
doch alarmierenden Tatsache – die Menschen sind teilweise schon lange hier,
haben österreichische Staatsbürgerschaft, sind hier geboren und denken trotzdem
so – zu begegnen?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Frau Stadtrat!
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Unter anderem mit „Sei
dabei", weil wir wissen, dass wir einzelne Zielgruppen haben, die sich auf
Grund ihrer Perspektivenlosigkeit in ihrem eigenen Integrationsprozess wirklich
sehr, sehr schwer tun. Die muss ich auf der einen Seite mit dem Spracherwerb
unterstützen, die muss ich auf der anderen Seite mit Maßnahmen in Richtung
Ausbildung unterstützen, damit sie in eine eigenständige Existenzsicherung
kommen, aber die muss ich auch unterstützen mit Zusammenleben-Projekten.
Ich kann Ihnen – und das ist eigentlich sozusagen wirklich mein Credo
in der gesamten Integrationsarbeit – zu all Ihren negativen Bildern, die Sie
permanent bringen in dieser Auseinandersetzung, immer positive Bilder bringen.
Ich habe in der Niederlassungs- und Integrationsbegleitung „Start
Wien" eine Maßnahme für Jugendliche, die zwischen 19 und 25 sind, also
keine Schulpflicht mehr haben, und die über „Start Wien" 600 Stunden in
Deutschkurse gehen, wo sie zusätzlich für den Arbeitsmarkt „jobready", wie
man das nennt, gemacht werden, wo Perspektivenarbeit gemacht wird mit den
jungen Menschen – sie sind überwiegend männlich und türkisch – und wo wir mit
denen gemeinsam wirklich konzentriert daran arbeiten, dass sie gut Fuß fassen
können und dass sie eine Perspektive haben. Aber nicht nur das. Sie nehmen auf
diesem Weg auch noch viele andere türkische Burschen mit und sind da gemeinsam
sehr erfolgreich.
Und das ist das Bild, das
ich Ihrem Bild gegenüberstellen möchte. Das heißt, mir geht es darum, nicht im
Sinne der Defizitlacke herumzutümpeln, sondern immer auch im Sinne des
Potenzials zu schauen, okay, ja, da ist eine Gruppe, wo wir durchaus Probleme
haben – das kennen wir, aber das sind nicht nur die türkischen Burschen, da
gibt es noch viele, viele andere mit und ohne Migrationshintergrund –, und dann
muss man eben ganz konkrete Projekte setzen. Bei „Sei dabei" habe ich zum
Beispiel für genau diese Zielgruppe schon einige eingereichte Projekte, wo
Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund sehr engagiert gemeinsam
Freizeitgeschichten machen und schauen, dass das Zusammenleben gut
funktioniert. Also ich bin da sehr zuversichtlich.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die
2. Zusatzfrage wird von GRin Mag Vassilakou gestellt. – Bitte.
GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Zweifelsohne ist
es ein guter Weg, Grätzelprojekte zu fördern, nichtsdestotrotz findet sich
unter der Rubrik „Probleme, die die Stadt bewegen" immer wieder das ganze
Kapitel Alltagskonflikte, nicht zuletzt auch im Gemeindebau. Es ist ein Thema,
das die Stadt bewegt und von dem ich auch ausgehe, dass es unter Umständen für die kommenden
Gemeinderatswahlen von besonderer Bedeutung sein wird.
Ich frage Sie daher: Können Sie mir bestätigen, dass nach wie vor auch
für 212 000 Gemeindewohnungen lediglich zwölf ausgebildete
KonfliktmediatorInnen zur Verfügung stehen, wovon lediglich drei mehrsprachig
sein sollen? Finden Sie, dass das ausreichend ist, finden Sie, dass das ein
erfolgversprechender Weg ist?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Wir
sind gerade, was die Konfliktbewältigung betrifft, glaube ich, sehr gut
aufgestellt in der Stadt, denn wir reden ja nicht nur von den MediatorInnen,
die jetzt von der Gebietsbetreuung zur Verfügung gestellt werden, sondern wir
haben ja auch welche im Bereich der MA 17. Ich hab gemeinsam mit Herrn StR
Ludwig einen Pool an MediatorInnen präsentiert, die noch zusätzlich zur
Verfügung stehen, und auch in der Neuausrichtung der MA 17, wo wir vor Ort
diese fünf Außenstellen integriert haben, haben wir MitarbeiterInnen –
selbstverständlich muttersprachlich; da haben wir besonders darauf geschaut,
dass die sehr gut durchmischt sind –, die genau für solche Konflikte zur
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