Gemeinderat,
52. Sitzung vom 30.10.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 95
Wohnhausobjekten von Wiener Wohnen in allen 23 Wiener Bezirken bekannt
gemacht. Die Ausschreibung war insgesamt auf 48 Lose unterteilt. Als
Vergabesumme für die ausgeschriebenen Leistungen wurde sachverständig ein
geschätzter Auftragswert von 165 Millionen EUR ermittelt.
Im Jahr 2007 wurden sowohl die Ausschreibungsunterlagen als auch
nachfolgend die Zuschlagsentscheidungen für vier Lose beim Vergabekontrollsenat
Wien angefochten. Im Zusammenhang mit den Zuschlagsentscheidungen wurde vom
Antragsteller auch ein vermeintlicher Kartellrechtsverstoß behauptet. Der
Vergabekontrollsenat Wien hat in seinem Bescheid vom 28. Februar 2008 zwei
Anträge abgewiesen, zwei zurückgezogen und zu den vermeintlichen
Kartellrechtsverstößen festgehalten, dass diese nicht vorliegen.
Nach Abschluss der Vergabekontrollverfahren konnte in 31 von 48 Losen
der Zuschlag erteilt werden. Seit September des heurigen Jahres sind alle Lose
zugeschlagen.
Nunmehr wurde bei der Bundeswettbewerbsbehörde eine Anzeige wegen
vermeintlicher Kartellrechtsabsprache erstattet. Mit Schreiben der
Bundeswettbewerbsbehörde vom Jänner 2009 wurde Wiener Wohnen aufgefordert, zu
bestimmten Fragen Stellung zu nehmen beziehungsweise Unterlagen vorzulegen.
Dieser Aufforderung zur Auskunft und Vorlage von Unterlagen ist Wiener Wohnen
bereitwillig nachgekommen. Da Wiener Wohnen weder Partei im Verfahren vor der
Bundeswettbewerbsbehörde beziehungsweise in einem allfälligen Verfahren vor dem
Kartellgericht ist, hatte Wiener Wohnen weder von den Ermittlungen der
Bundeswettbewerbsbehörde noch zum Verfahrensstand Kenntnis. Der Stand des
Verfahrens vor dem Kartellgericht ist Wiener Wohnen mangels Parteistellung
nicht bekannt.
Zusammenfassend ist bis dato festzuhalten, dass derzeit zwar ein Antrag
auf Feststellung beziehungsweise Verhängung von Geldbußen beim Kartellgericht
aufliegt, dieses Verfahren aber noch keineswegs abgeschlossen ist.
Voraussetzung für weitere Schritte seitens der Stadt Wien - Wiener Wohnen, ist
aber das Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung des Kartellgerichtes als
Basis für die Geltendmachung allfälliger Schadenersatzforderungen durch den
geschädigten Hauseigentümer Stadt Wien - Wiener Wohnen.
In einem derartigen Gerichtsverfahren über Schadenersatz ist zu
erwarten, dass Sachverständigengutachten darüber erforderlich sein werden, ob
und in welcher Größenordnung die festgestellten Absprachen dazu führten, dass
zum Schaden des Auftraggebers und Hauseigentümers Stadt Wien - Wiener Wohnen
bei der Durchführung von Aufträgen aus dem Rahmenvertrag Gas-, Wasser- und
Heizungsinstallationen Gewinne jenseits der üblichen Marktspanne lukriert
werden konnten. Erst dann, wenn derartige Verfahren ebenfalls rechtskräftig
abgeschlossen werden konnten, wird feststehen, inwieweit Gelder seitens der an
Absprachen beteiligten Unternehmen an den Auftraggeber, die Stadt Wien –
Wiener Wohnen, zurückfließen.
Die betreffenden Arbeiten aus dem Rahmenvertrag werden nicht
unmittelbar durch die Mieter und Mieterinnen bezahlt wie etwa die
Betriebskosten, sondern fließen in die Hauptmietzinsabrechnung ein. Allenfalls
dann, wenn eine mit derart überhöhten Preisen belastete Hauptmietzinsabrechnung
Basis für die § 18-Entscheidung der Schlichtungsstelle oder des Gerichtes
im Zusammenhang mit einem Stornierungsverfahren gewesen ist, könnte über den
Umweg der erhöhten Mietzinse tatsächlich eine Belastung der Mieter und
Mieterinnen entstanden sein. Und nur in derartigen Fällen ist eine Rückzahlung
in den noch nicht verjährten beziehungsweise nicht abgeschlossenen
Sanierungsverfahren überhaupt denkbar.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. Die 1.
Zusatzfrage wird von Frau GRin Frank gestellt.
GRin Henriette Frank (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Herr Stadtrat!
Sie haben jetzt mit sehr viel „hätte, könnte, würde eintreffen, wenn
dieses und jenes passiert“ argumentiert. – In irgendeiner
Zeitungsaussendung haben Sie aber schon definitiv gesagt: „Ja, wir werden den
Schaden den MieterInnen selbstverständlich zurückzahlen.“ Jetzt stellen Sie das
allerdings so dar, als wäre eigentlich gar kein Schaden entstanden.
Es ist gut, wenn Sie Gutachter damit betrauen. Allerdings muss ich
schon sagen, dass man, wenn man diese Angebote gesehen hat, auch ohne Gutachter
sehr einfach feststellen könnte, dass hier sehr deutlich zu Lasten der
MieterInnen beziehungsweise derjenigen manipuliert wurde, die die Leistungen
dann in Anspruch nehmen werden.
Ich verstehe jetzt nicht, warum Sie nicht zu dem Zeitpunkt, als das
Ganze überhaupt spruchreif wurde, sofort eine Neuausschreibung verfügt haben
und von einer unabhängigen Instanz prüfen ließen, und zwar nicht von jener, die
diese Angebote geprüft und für richtig befunden hat, sondern von einer Instanz,
die sich nicht im Rathaus oder wo immer befindet und das bisher gemacht hat.
Vielmehr hätte man das auswärts zu einer wirklich unabhängigen, sachlichen
Prüfung zu vergeben gehabt, bei der man dann nicht selbst das Gesicht verliert,
wenn man das revidiert.
Meine erste Frage an Sie: Haben Sie in dieser Richtung die Absicht,
jetzt eine Neuausschreibung durchzuführen, bei der Sie jene Firmen, die
zumindest auch nur annähernd in diesen Skandal – um einen solchen handelt
es sich hier nämlich! – verwickelt sind, ausschließen und versuchen,
objektive Preise zu erreichen und diese gegenüberzustellen, um zu sehen, was
hier tatsächlich Sache ist.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr
Vizebürgermeister.
VBgm Dr Michael Ludwig: Ich muss noch
einmal darauf hinweisen, dass ein Vergabeverfahren ein sehr komplexes, aber
auch transparentes System mit ganz besonderen Richtlinien ist, die wir zu einem
großen Teil nicht beeinflussen können, weil diese auf Grund des
Bundesvergabegesetzes zum Teil nach europaweiten
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