Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 85 von 118
31 Prozent ist es auch nicht immer möglich, bei
Bedarf neue Kleider zu kaufen. Das heißt, es scheitert schon an den
Grundbedürfnissen, von Extras überhaupt nicht mehr zu reden.
Ich möchte jetzt auch noch auf die Wohnbauförderung
zu sprechen kommen. Jawohl, zwischen dem Jahr 2007 und 2008 ist sie gestiegen.
Allerdings haben wir das Niveau des Jahres 2000, wo es noch einmal um 100
Millionen mehr waren, immer noch nicht erreicht, und das zu einer Zeit, wo es
jetzt ganz besonders wichtig wäre. Hier ist sicher ein wesentlicher
Arbeitsplatzfaktor die Wohnhaussanierung, und dass diese Stadt Arbeitsplätze
braucht, ich glaube, darüber brauchen wir alle nicht zu diskutieren und sind
uns einig. Aber wie gründlich wurden die Kosten für die Thewosan ins Auge
gefasst? Es werden Abermillionenbeträge hineingesteckt, aber die Konsequenzen
sind noch nicht erforscht. Die Menschen heizen zu extrem und daher wird es
gerade in den gedämmten Wohnhausanlagen vermehrt zu Schimmelbildung kommen,
denn Stoßlüftungen, wenn die Bewohner arbeiten gehen, sind oft kaum möglich.
Die Beschattungen in den Wohnungen werden durch die dicke vorgesetzte
Dämmschicht größer. Bei den ersten Projekten waren die Handwerker nicht entsprechend
ausgebildet und das Material war schlecht. Die Folgen sind noch nicht
abschätzbar. Ebenso wenig der tatsächliche Nutzen für den Klimaschutz und die
Bevölkerung. Haben Sie bereits jemals errechnet, wie hoch die Energiekosten
beziehungsweise die Umweltbelastung durch die Produktion, den Transport, die
Verarbeitung und vor allem aber durch die Entsorgung der verarbeiteten
Materialien in späteren Jahren ist? Was bleibt dann noch übrig? Wissen Sie,
dass die aufgebrachten Dämmplatten extrem feuergefährlich sind? Welches Konzept
liegt vor, wenn es brennt und vielleicht Türen und Fenster als Fluchtwege
versperrt bleiben, weil das Material zu tropfen beginnt und giftige Dämpfe
entwickelt?
Ich befürworte Sanierungen jedweder Art. Wir sollten
aber hier nicht ein zweites Plattenbau- oder Asbestdrama aufbauen, sondern mit
Bedacht die Sanierung vorantreiben und versuchen, immer wieder auf den neuesten
Stand der Technik Rücksicht zu nehmen, bis man die Konsequenzen einigermaßen
abschätzen kann. Denn auch bei der Passivhausbauweise, die viel Geld kostet und
wo die Energieeinsparung noch fraglich ist, ist nicht geklärt, wie die ständige
Belüftung auf die Gesundheit der Menschen einwirkt. Vielen ist es nicht warm
genug und sie stellen Heizgeräte auf oder lüften zu viel. Vielleicht reduziert
es die Heizkosten, die Stromkosten steigen generell. Wenn wir diese Bauart
wählen, dann muss man der Bevölkerung aber nicht Sand in die Augen streuen von
wegen Nullenergie und so weiter, sondern sich klar mit den Konsequenzen konfrontieren.
Das heißt, möglicherweise nur verschobene Energiekosten.
Wie viele haben, wenn es so große Einsparungen durch
diese Thewosan gibt, schon Vergünstigungen durch Energieeinsparung
zurückbekommen? Rechtfertigt diese Maßnahme die höhere Miete, die auf Grund der
Sanierung entsteht? Also es gibt hier noch viele Fragen und ich will damit
eigentlich ja nur sagen, dass wir uns jetzt nicht in eine einzige Sanierungsart
verrennen sollen, sondern es gibt eine Menge anderer alternativer Energieformen
oder aber auch Energieformen, die sich erst schön langsam erforschen. Wir gehen
jetzt nur in einen Zweig und das flächendeckend und das kann ich in der Form so
nicht befürworten.
Unabhängig von den Betriebskosten möchte ich noch ein
paar Details zu den Bezirksbudgets sagen, und ich nehme jetzt hier als Beispiel
Favoriten heraus. Auch hier ist die Ankündigung jedes Mal größer als die
Durchführung. Wie das Amen im Gebet predigen Sie jedes Mal vor bevorstehenden
Wahlen: Erneuerung der Fußgängerzone Favoriten, Verlängerung der U1 in den
Süden, und so weiter. Aber wie sieht es denn wirklich aus? Die U1 soll
vielleicht gegen 2016 oder 2020 kommen, irgendwann in weiter Ferne, und die
Favoritenstraße? Seit 1996 gibt es Projekte für die Erneuerung und außer teuren
Werbeständern und Blumengitter, ein paar Tröge mit Pflanzen ist nichts
passiert. Der Kaufkraftverlust dieser einstmals Österreich-weit umsatzstärksten
Einkaufsstraße ist derart zurückgefallen, dass sie selbst in Wien nur mehr an
19. Stelle rangiert, und das ist allein auf Ihre Verantwortung
zurückzuführen! Geldverschwendung ohne Konzept. Während Favoriten noch im Jahr
2000 1 Million EUR als Rücklage verbuchen konnte, ist es jetzt
stolzer Ranglistenerster mit einem Vorgriff von 100 Millionen EUR!
Durch den Verfall der Einkaufsstraßen sinkt auch der
entsprechende Betriebsmittelanteil, der durch entsprechend weniger
Arbeitsplätze zum Tragen kommt und der eine Teilgrundlage des Bezirksbudgets
bildet. Diese Abwärtsspirale scheint derzeit kein Ende zu finden und ich kann
nur hoffen, dass hier das Grundkonzept Bezirksmittel selbstverständlich für
ganz Wien neu und zugunsten der Bezirke überdacht wird.
Aber gerade Favoriten hat ja auch einen hohen Anteil
an Schulen, an desolaten Schulen. Wenn noch in früheren Jahren der Anteil des
Bezirks bei Neubauten bei 10 Prozent lag, so werden sie jetzt mit
60 Prozent Eigenmittelanteil zur Kasse gebeten. Ständig wird den Bezirken
zentral von der Stadt etwas vorgelegt, finanzieren muss es der Bezirk, der
immer weniger Mittel zur Verfügung hat. Als gegen Ende der 90er Jahre das
Contracting für Schulen eingeführt wurde, musste der Bezirk tief in die Tasche
greifen. Aber, so wurde von Seiten der Stadt Wien versprochen, in zehn Jahren
hat sich alles amortisiert. Amortisiert hat sich gar nichts. Die Energiekosten
steigen permanent von Jahr zu Jahr und nun sollen wieder neue Modelle eines
Contractings finanziert werden. Die Freiheitlichen lehnen solche
Mittelvergeudungen ab und die Bezirke können sich das auf Dauer sowieso nicht
mehr leisten. Sie lassen nämlich die Bezirke sukzessive aushungern, um dann als
großer Gönner dazustehen.
Aber nicht nur ich habe schon über
Jahre hinweg immer wieder diese nicht nachvollziehbaren Praktiken der
Contracting-Unternehmen kritisiert, auch das Kontrollamt hat das sehr
eindringlich getan. Die
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