Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 74 von 118
noch niemanden so entlang gehen gesehen. Dort stehen
aber dutzende Räder angehängt. Gott sei Dank gibt es das. Bald werden dort
wirklich hunderte stehen. Obwohl wir es im Ausschuss beschlossen haben und brav
zugestimmt haben, sage ich Ihnen noch einmal die Zahl der Radabstellplätze: Wir
haben 800 000 Räder in der Stadt und haben jetzt, wenn es hoch geht,
dank der Offensive der Stadt Wien, 20 000, 22 000 Abstellplätze (GR
Karlheinz Hora: Wir fördern, fördern, fördern! Oder?) Wir fördern ...
Da liegt wer auf der Straße und blutet und der Arzt kommt und pickt ein
Pflaster drauf und noch eines und noch eines. Bitte,
800 000 Fahrräder und wie viel haben wir jetzt? Nicht einmal
20 000 Abstellplätze! (GR Karlheinz Hora: Wir fördern laufend!)
Also ja, es wird etwas gemacht, aber angesichts dessen - ja, so g’fretten wir
uns weiter, so g’fretten wir uns weiter, aber als große Vorgabe „Wien wird
Radstadt“ haben wir noch einen weiten, weiten Weg.
Das war Thema eins. Ich muss mich beeilen und komme
zu einem völlig anderen Thema, zum Stadtplanungsthema und zu einem konkreten
Vorschlag. Ich hatte vor ein paar Tagen die hohe Ehre, das große Vergnügen, mit
Hans Stimmann ein langes Gespräch zu führen. Die Stadtplaner werden ihn kennen.
Er war Stadtbaudirektor in Lübeck, war Stadtbaudirektor in Berlin und hat
einige sehr vorbildliche Projekte entwickelt. Ein Projekt hat mich besonders
interessiert und ich frage mich, warum so was in Wien nicht möglich ist.
Vielleicht ist es eh möglich.
Ich möchte Ihnen kurz die Friedrich Werder
Town-Houses beschreiben. Hätte ich jetzt einen Beamer, würde ich es Ihnen
zeigen, so erzähle ich Ihnen, was Sie jetzt virtuell hinter sich sehen: Ein
innerstädtisches Erweiterungsgebiet wurde auf 6 m oder 6,5 m
parzelliert und wurde individuell, ohne den Umweg über Baugenossenschaften,
Bauträger, direkt an die Bürgerinnen und Bürger verkauft, die es allein oder zu
zweit gekauft haben. Die haben dort vier- bis fünfgeschoßige, sehr urban
wirkende Häuser gebaut. Die sind nachgefragt wie irre. Der Stadt ist es
gelungen, relativ günstig dieses innerstädtische Projekt zu machen. Ich glaube,
es war vorher ein Kasernenareal. Und da jetzt viele hier vor ihrem Computer
sitzen: Schauen Sie die Bilder an, ich habe sie auf meinem Blog extra für Sie
draufgestellt. Das wirkt extrem urban. Das ist eine geschlossene Kante und das
Interessante ist, dort waren keine großen Gestaltungen notwendig, sondern man
hat zu den Leuten gesagt: „Baut’s, wie ihr glaubt.“ Wenn sozusagen der
Gesamtentwurf stimmt, hält das auch ein schiaches Haus aus. Wenn Sie sich jetzt
anschauen: 48 Häuser, 6 m bis 6,5 m breit, also sehr schmal,
fünfgeschoßig, so wirkt das erstens extrem elegant, zweitens extrem urban. Alle
haben dort eine Terrasse, einen Freiraum und trotzdem habe ich eine hohe
Verdichtung und ich erspare mir den Umweg über großvolumige
Baugenossenschaften, private Bauträger, gemeinnützige Bauträger, diese
unstädtischen Megastrukturen hinzubauen. Ich fände so ein Projekt in Wien
einmal als sehr interessant, es auszuprobieren. Ich glaube, dass es sehr viele
gäbe, die so etwas wollten, allein oder zu zweit oder zu dritt ein derartiges
eigenes Haus zu kaufen, zu entwickeln, die Bürgerschaft selbst zum Bauherrn,
zum Entwickler zu machen. Ich hielte das für ein extrem interessantes Modell.
Schauen Sie sich das an. Ich fände, das wäre einmal eine Kleinteiligkeit auf
der Parzelle, die ich interessant fände.
So und meine letzte Minute, da hat mich der Kollege
Gerstl motiviert. Er hat lange über die Finanzpolitik gesprochen. Ich spreche
auch kurz. Der Herr Stadtrat wird es mir eine Minute lang verzeihen. Jetzt bin
ich ja schon ganz, ganz lang in diesem Haus und ich mache heute etwas ganz
Neues. Ich zitiere aus der „Kronen Zeitung“. Das ist bei mir noch nie
vorgekommen, aber manchmal, in der Tat, erhellt das.
Herr Kollege Gerstl! Liebe Kolleginnen und Kollegen
oder Kollegen gerade von der ÖVP! Es ist ja interessant, was die letzten Tage
passiert ist und was passiert, wenn man sich zu nah zum Eigentümer der „Kronen
Zeitung“ begibt. Ich warne Sie. Vielleicht fragen Sie einmal beim
Bundeskanzler, wie das ist, sich erstens sozusagen darauf zu verlassen und wie
es halt dann geht, wenn man es nicht macht. Die neuen Lieblinge des Herrn
Dichand sind die beiden Prölls und wenn man Liebling ist, bekommt man einmal am
Sonntag ein großes Zwei-Seiten-Interview. Das ist sozusagen ein Kulturdokument
dessen, was wichtig ist und was denen, denen eine Chance gegeben ist, wichtig
wird. Eine Frage finde ich interessant und die Antwort des Erwin Pröll, der
sich anschickt, vielleicht Bundespräsident zu werden, finde ich bezeichnend,
die will ich dem Wiener Gemeinderat nicht vorenthalten. Frage der „Kronen
Zeitung“, Seite 29: „Sie, Herr Erwin Pröll, werden immer noch damit
zitiert, dass das einzige Buch, das Sie jemals gelesen haben, ‚Der Schatz im
Silbersee’ gewesen sei.“ Daraufhin antwortet Erwin Pröll: „Schauen Sie, der
eine liest halt und der andere hat es vom Herrgott mitbekommen.“ Ich habe das
Gefühl, dass dieses Zitat das Potenzial zum geflügelten Wort hat. Ich kann nur
sagen: Oh Lord, lieber Gott, bewahre uns vor einem derartigen
Bundespräsidenten! - Herzlichen Dank. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster am Wort ist Herr GR Hoch.
GR Alfred Hoch
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt
Wien): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr
geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Also auf die „Kronen Zeitung“
werde ich nicht eingehen. Ich widme mich in meinem Beitrag wieder dem Thema
Hauptbahnhof. Aber keine Angst, es geht diesmal nicht um den zweiten, für mich
notwendigen U-Bahn-Anschluss am Hauptbahnhof. Das haben übrigens auch schon
mehrere Kommentare in verschiedenen Zeitungen so gesehen. Ich thematisiere auch
nicht die reduzierte Höhenentwicklung am Hauptbahnhof, wo ja der zuständige
Stadtrat noch vor zirka zwei Jahren gesagt hat, es wird nicht reduziert, auch
wenn es die UNESCO möchte. Jetzt ist doch von 100 m auf 88 m
reduziert worden. Dazu fällt mir halt immer wieder nur
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