Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 118
der SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Sehr
geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Ich danke Ihnen für die Einleitung zur
Diskussion über den Rechnungsabschluss 2008.
Bevor ich die Debatte eröffne, weise ich darauf hin, dass
wir in der Präsidialkonferenz vereinbart haben, dass die Erstredner zur
Generaldebatte 25 Minuten Redezeit haben, alle restlichen RednerInnen 20
Minuten für ihren Debattenbeitrag zur Verfügung haben.
Als erster Redner ist Herr GR DDr Schock
gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR DDr Eduard Schock (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und
Herren! Frau Finanzstadträtin!
Da verlieren Sie von der SPÖ bei einer Wahl
10 Prozent, da rennen Ihnen scharenweise die Wähler weg, und dann kommen
Sie hier heraus und reden alles schön, alles ist super. Die Frau Stadträtin,
die uns ja längst als Märchentante in diesem Gemeinderat bekannt ist (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ),
verschließt sich völlig der Realität und tut so, als ob es in dieser Stadt
überhaupt nichts zu verbessern gäbe. (GR
Mag Jürgen Wutzlhofer: Das hat sie nicht gesagt!)
Frau Stadträtin! Wieso verschließen Sie sich
eigentlich der Realität? Genügen Ihnen denn diese minus 10 Prozent, diese
Wahlniederlage immer noch nicht? Hören Sie doch auf, uns hier ein X für ein U
vorzumachen, hören Sie vor allem auf, sich selbst etwas vorzumachen, Frau
Stadträtin! (Beifall bei der FPÖ.)
Schauen wir uns einmal den Rechnungsabschluss an, die
Zahlen für 2008, denn über die Rechnungsabschlusszahlen haben Sie sehr wenig
gesagt, entgegen Ihren eigenen Ankündigungen. Sie haben von einer
Konjunkturmilliarde gesprochen, aber, Frau Stadträtin, in den Zahlen hier
findet man das nicht. Ja, ganz im Gegenteil! Da haben Sie bei den Spitälern
gekürzt, da haben Sie bei den Bezirken gekürzt. Bei den Bezirken gibt es im
Budgetvollzug ein Minus um 13 Millionen EUR, gerade dort, wo man
arbeitsmarktwirksam handeln könnte. Da gibt es auch insgesamt bei den
Investitionen einen Rückgang von 31 Millionen EUR, Frau Stadträtin,
und die Investitionsquote ist dadurch auch gefallen.
Ich frage Sie: Warum war es notwendig, gleichzeitig
bei den Stadtwerken zu kürzen, bei den Stadtwerken, die Sie ja selbst in einem
Bekenntnis zum öffentlichen Eigentum als ganz wichtig für die Stadt und für die
Investitionen herausgestrichen haben? Wieso war es notwendig, bei den
Stadtwerken zu kürzen? Bei den Stadtwerken gibt es ein Minus von
79 Millionen EUR.
Wieso war es wirklich notwendig, in der Rezession
Überschüsse auszuweisen, Überschüsse, die im Voranschlag mit
175 Millionen EUR budgetiert waren und die Sie noch um
84 Millionen EUR gesteigert haben? Das ist mehr, als Brüssel
verlangt. Frau Stadträtin, Sie haben sich daher wieder einmal als Musterschülerin
profiliert, und Sie haben auch eine Rechtfertigung dafür versucht. Sie haben
gemeint, die Bonität Österreichs hängt davon ab. Aber, Frau Stadträtin, die
Bonität hängt nicht davon ab, ob Sie 150 Millionen EUR oder
250 Millionen EUR Überschuss erwirtschaften oder vielleicht diesen
ganzen Überschuss wieder in die Wirtschaft investieren, nein, Frau Stadträtin,
die Bonität Österreichs und damit dieser Stadt hängt davon ab – und das weiß
jedermann –, wie viele faule Kredite der Bankensektor im Osten hat. Das ist in
Wirklichkeit entscheidend für die Bonität dieser Stadt.
Frau Stadträtin! Ich bleibe daher dabei: Sie hätten
etwas mutiger sein können. Sie hätten nicht mitten in der Rezession die
Musterschülerin spielen müssen. Schauen Sie in Zukunft weniger nach Brüssel,
sondern kümmern Sie sich mehr um Wien und um Österreich, Frau Stadträtin! (Beifall
bei der FPÖ.)
Sie haben
auch wieder etliche Studien genannt – die Mercer-Studie und heute auch den
„Economist" –, aber, Frau Stadträtin, es ist die Aufgabe der Opposition, hier
natürlich auch andere Studien zu zeigen, Studien, die darlegen, dass Wien eben
leider nicht überall an der Spitze liegt. Es ist ja erfreulich, wenn sich
internationale Manager bei uns wohl fühlen, aber es gibt eben andere Studien,
die auf die Abgabenbelastung abstellen, auf die Unternehmensfreundlichkeit,
etwa die Studie des Management Clubs, aus der man ersieht, dass wir im Vorjahr
vom 4. auf den 6. Platz zurückgefallen sind. Oder international, da gibt es
nicht nur die Mercer-Studie, da gibt es etwa auch die Studie von Cushman &
Wakefield, nach der wir auch vom 24. auf den 26. Platz zurückgefallen sind.
Heute liegen in dieser Studie osteuropäische Städte, unsere
Konkurrenzmetropolen wie Budapest, Warschau oder Prag bereits vor uns.
Diese
Studien, Frau Stadträtin, werden ja leider auch von der Realität bestätigt. Sie
haben heute ja wieder von einem Ansiedlungsrekord gesprochen, und es ist
natürlich richtig, dass sich Unternehmen in Wien ansiedeln, aber es ist genauso
richtig, Frau Stadträtin, dass Unternehmen absiedeln, es ist genauso richtig,
dass diese Absiedlungen leider sogar ansteigen und dass wir im Vorjahr in
Wahrheit einen Absiedlungsrekord verzeichnet haben.
Schauen
wir uns einmal diese Liste, diesen Absieldungsrekord an, zu dem Sie gar nichts
gesagt haben. Das war Rodamco, ein Immobilienkonzern, der seine
Osteuropazentrale in Wien gehabt hat und der im Vorjahr nach Prag gegangen ist.
Genauso wie IBM, das die Zukunftsmärkte in Osteuropa direkt vor Ort, nämlich in
Prag, bearbeiten wird.
Das heißt,
wir verlieren hier immer mehr unsere Rolle, die wir traditionell als
Brückenkopf, als Standort von Konzernen für ihren Schritt in den Osten hatten,
wir verlieren diese Stellung immer mehr. Aber wir verlieren leider auch
Richtung Westen, denn auch Richtung Westen wandern Konzerne ab.
Hier nur die Schlagworte, Frau
Stadträtin, und Sie sollten sich diese Liste einmal anschauen und
Gegenmaßnahmen überlegen. 2007: Der Pharma-Konzern MSD geht von Wien nach
München. 2008: Die Generali Versicherung verlegt das Ostgeschäft von Wien nach
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