Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 118
(Beginn um 9 Uhr.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Meine
sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen!
Einige Tage interessanter Diskussion liegen vor uns.
Ich eröffne die 48. Sitzung des Wiener
Gemeinderates.
Entschuldigt für diese Sitzung sind Dipl-Ing Omar
Al-Rawi, GRin Cammerlander, GR Parzer, GR Prof Kopietz, GRin Praniess-Kastner
und GR Dipl-Ing Stiftner. Es sind mir auch einzelne Personen genannt worden,
die sich für wenige Stunden entschuldigt haben.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen,
gebe ich gemäß § 15 Abs 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass an
schriftlichen Anfragen von Gemeinderatsmitgliedern des SPÖ-Klubs eine, des
Grünen Klubs vier und des ÖVP-Klubs gleichfalls vier eingelangt sind.
Anträge sind logischerweise keine eingelangt. Wir
werden uns aber sicher über viele Anträge im Laufe der nächsten beiden Tage
freuen.
Die Postnummer 1 der Tagesordnung betrifft den
Rechnungsabschluss der Bundeshauptstadt Wien für das Jahr 2008.
Für die Beratung und Erledigung des
Rechnungsabschlusses schlage ich folgende Vorgangsweise vor: Nach einem
einleitenden Referat von Frau VBgmin Amtsf StRin für Finanzen,
Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke, Mag Brauner, folgen die
allgemeine Beratung des Rechnungsabschlusses und im Anschluss daran die Debatte
über die Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke.
Voraussichtlich am Dienstag dieser Woche nach dem
Schlusswort der Berichterstatterin wird über die Anträge zum Rechnungsabschluss
und zum Inventar abgestimmt werden.
Wird gegen diese Vorgangsweise ein Einwand erhoben? –
Ich sehe keinen Einwand.
Wir kommen daher zum Beginn, und ich bitte die
Berichterstatterin, Frau VBgmin Mag Brauner, die Verhandlung über die
Postnummer 1, den Rechnungsabschluss 2008, einzuleiten. – Bitte sehr, Frau
Vizebürgermeisterin.
Berichterstatterin VBgmin Mag Renate Brauner:
Herzlichen Dank, Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Einen schönen guten Morgen von meiner Seite! Ich
freue mich auf spannende Diskussionen.
Die Kollegen von der APA haben in den vorbereitenden
Berichten über unsere Sitzungswoche, die vor uns liegt – es ist ja nicht nur
ein Tag, es ist ja fast die ganze Woche –, den Begriff „Saisonabschluss im
Wiener Stadtparlament" geprägt. Das klingt ein bisschen so wie die
Abschlussrunde, die letzte Runde im Fußball – übrigens ein herzliches
Willkommen an die Presse bei dieser Gelegenheit; wir freuen uns, dass unser
Rechnungsabschluss auch öffentliche Aufmerksamkeit erregt –, und der Vergleich
mit dem Fußball gefällt mir sehr gut. Nicht nur, weil ich, wie man weiß, ja ein
großer Fußball-Fan bin, sondern weil ich denke, Fußball hat viel mit Eleganz,
mit ganzem Einsatz, mit Sportsgeist, mit Fairness zu tun, und so, hoffe ich,
werden wir auch die Stadtfinanzen in den nächsten Tagen diskutieren. Es ist
nicht so, dass ich ganz fix damit rechne, aber ich hoffe, dass diese Begriffe
Fairness und Sportsgeist unsere Diskussion prägen werden. Auch da fällt mir ein
Begriff aus dem Fußball ein: „Die Hoffnung lebt."
Sehr geehrte Damen und Herren! Die
Rechnungsabschlussdebatte findet in diesem Jahr unter ganz anderen Vorzeichen
statt, unter anderen Vorzeichen als im Jahr 2007 oder auch noch 2008, denn wir
alle wissen, wir haben unerfreuliche Rahmenbedingungen. Deswegen möchte ich
diesmal meine Rede als zuständiges Mitglied der Stadtregierung für Finanzen,
Wirtschaftspolitik und Stadtwerke in einen weiteren Konnex stellen und auch die
gesamtwirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt seit der Debatte, die wir über
den Rechnungsabschluss 2007 hatten, beleuchten. Ich möchte also diesen weiteren
Blick einbringen und zum Rechnungsabschluss im engeren Sinn im zweiten Teil
meiner heutigen Präsentation kommen.
Schauen wir uns ein wenig diese Vergleichszahlen an.
Im Juni 2008, als wir das letzte Mal den Rechnungsabschluss diskutiert haben,
war dieser von einer global sehr dynamischen Wirtschaftsentwicklung geprägt.
Jetzt haben die Auswirkungen einer hemmungslosen Spekulationswelle und das
Platzen dieser Immobilien- und Börsenblase, ausgehend von den USA, tiefe Spuren
in der Realwirtschaft in allen Teilen der Welt hinterlassen. Waren es vor einem
Jahr die steigende Inflation, die hohen Ölpreise, die unser zentrales Thema
waren, so geht es heute darum, Arbeitslosigkeit zu verhindern, die Wirtschaft
wieder zum Wachsen zu bringen oder, wenn wir uns jetzt die neuesten revidierten
Zahlen anschauen, den Schrumpfungsprozess einzubremsen und danach wieder zu Wachstum
zu kommen.
Aber es hat sich auch noch anderes, Politisches
entscheidend verändert. Der Staat und seine Gebietskörperschaften werden heute
wieder – ganz zu Recht, wie ich meine – als zentrale und wichtige Größe
gesehen, selbst in den USA. Wir brauchen, sehr geehrte Damen und Herren, starke
private Unternehmungen, aber wir brauchen gerade jetzt einen handlungsfähigen
und aktiven Staat, der nicht nur den gesetzlichen Rahmen für das Wirtschaften
vorgibt, sondern der zukunftsgerichtete Projekte und Investitionen vorantreibt
und umsetzt. Wir brauchen einen Staat, der auf der Ebene des Bundes, der
Länder, der Kommunen wichtige infrastrukturelle Weichenstellungen vornimmt, vom
Nahverkehr bis zum Ausbau der Breitbrandnetze, einen Staat, der eine wirkliche
aktive Arbeitsmarktpolitik betreibt, damit wir möglichst viele Menschen mit
zahlreichen Maßnahmen in Beschäftigung bringen und in Beschäftigung halten
können. Und wir brauchen einen Staat, der gerade die kleinen und mittleren
Unternehmungen stützt und ihnen mit ganz maßgeschneiderten Maßnahmen unter die
Arme greift. Das, sehr geehrte Damen und Herren, erwarten sich die Menschen von
uns.
Wir in Wien haben uns in den
vergangenen Jahren nie beirren lassen. Wir haben dem ständigen
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular