Gemeinderat,
46. Sitzung vom 29.04.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 113
Sinnhaftigkeit nicht im Mindesten!
Außerdem wissen Sie eh alle, dass eine
Vermögenssteuer letzten Endes eine Dreifachbesteuerung ist. Es ist ja nicht so,
dass ein vorhandenes Vermögen noch nie besteuert wurde. Dazu kommt die
Kapitalertragssteuer, und dann würde die Substanz noch einmal besteuert werden.
Es gibt genügend Rechenmodelle gerade im Immobilienbesitzbereich: Auch wenn
jemand auf den ersten Blick reich ausschaut, wenn er ein Haus und ein paar 100
000 EUR Sparguthaben hat, kann in schlechteren Zeiten eine derartige
Substanzsteuer zum echten Problem auch sehr wohl für den gehobenen Mittelstand
werden! (Beifall bei der ÖVP.).)
Abgesehen davon ist die Vermögenssteuer wahnsinnig
aufwändig in der Administration: Jeder Bürger müsste wieder einen Anlagespiegel
führen, was er auf der einen und anderen Seite hat. Und Sie kennen das
wahrscheinlich aus der Praxis oder zumindest vom Hörensagen. Was war das früher
vor der Abschaffung der Erbschaftssteuer immer für ein Theater, was man beim
Notar oder bei der Verlassenschaft deklarieren musste, ob jetzt der Schmuck der
Oma dazukommt oder nicht und was mit den Sparbüchern zu geschehen hat!
Wollen wir uns all das wieder anfangen, gerade mit
der Erbschaftssteuer? – Im Jahr 2006 gab es 62 000
Erbschaftssteuerfälle, davon hatten nur 95 einen Wert von 365 000 EUR und
16 Fälle von über einer Million Euro. Da sehen Sie einmal, wie viele
Superreiche es im Erbschaftsbereich in Österreich gibt, meine Damen und Herren!
(GR Heinz Hufnagl: Sie wissen, wie man rechtzeitig andere Wege wählt!)
Über Wege aus der Krise sollten wir eigentlich
gemeinsam viel intensiver reden! Ich halte die Diskussion im Hinblick darauf,
wie auf dem Markt oder im Staat vorgegangen wird, für völlig falsch, denn es
geht in Wirklichkeit um das Miteinander und die Frage: Wie müssen sich Markt
und Staat miteinander positionieren? Da besteht kein Gegensatz! Das ist der
Denkfehler in diesen Schablonen! Da besteht überhaupt kein Gegensatz!
Sozialstaat und Kapitalismus bilden keinen Gegensatz, weil ein Sozialstaat ohne
Kapitalismus scheitert. In der DDR gab es bis vor 20 Jahren ein
diesbezügliches Eins-zu-eins-Modell!
Märkte sind kreativ und dynamisch, aber sie sind
manchmal auch unstabil. Der Staat hingegen kann genau diese Stabilität geben, die
der Markt nicht hat, und deshalb müssen wir über die Regeln reden, wie dieses
Miteinander in Zukunft ausschauen soll.
Verstaatlichung oder keine Aktien mehr ist ein
Retro-Konzept, das überhaupt keinen Sinn macht. Der Markt ist nicht schlecht.
Das verhält sich so wie mit dem alten Spruch: Demokratie ist eine schlechte
Staatsform, aber es gibt keine bessere. Ähnliches gilt für den Markt. Natürlich
ist er nicht perfekt, aber es gibt keine bessere Lösung. Und viele Maßnahmen,
über die wir reden, haben auf lokaler Ebene gar keinen Sinn. Vielmehr müssen
wir über globale Maßnahmen nachdenken, denn alles, was den Bereich der
Finanzregeln betrifft, muss global sein, sonst hat es keine Wirkung. Sonst
könnte man heute im Zeitalter des Internet ja sofort auch von Österreich seine
Transaktionen anderswo durchführen.
Apropos Transaktionssteuer: Das ist etwas auf europa-
oder weltweiter Basis, worüber man durchaus reden kann. Aber es hat keinen
Sinn, wenn wir das einführen. Das muss zumindest auf europäischer Ebene geschehen.
Sie merken schon: Wir halten die Diskussion über
zusätzliche Steuern für unnötig. – Ich bringe im Hinblick darauf heute
einen entsprechenden Antrag mit meinem Kollegen Aichinger ein, in dem wir uns
gegen die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie gegen die
verstärkte Besteuerung von Vermögen und Eigentum aussprechen. (Beifall bei
der ÖVP.)
Herr Vorsitzender! Ich komme somit schon zu meinen
Schlusssätzen. Ich möchte Ihnen noch zwei Sozialdemokraten zitieren, die, wie
ich glaube, sehr maßvoll und vernünftig agieren. Einer davon ist Kollege
Hundstorfer, den wir alle hier in diesem Haus bestens kennen. Er sagt: „Ich
halte die Diskussion für legitim, aber die Steuer nicht für sofort
umsetzbar.“ – Ich glaube, daran sollte man sich halten!
Leider hat die SPÖ nicht wirklich sehr viele
herzeigbare Unternehmerpersönlichkeiten. Einen, der fast der Doyen der
Unternehmer bei der SPÖ ist, gibt es, und dieser wird von Ihnen auch immer,
wenn es um Konzepte geht, befragt: Hannes Androsch hat am 15. April, also erst
vor wenigen Tagen, gesagt: „Die nunmehr ausgelöste Steuerdebatte ist
überflüssig, weil Österreich seit Langem ein Hochsteuerland ist. Die
Gesamtsteuerlast fällt in unserem Land deutlich höher aus als in Deutschland.
Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer kann nicht als zielführend betrachtet
werden, wenn eine höhere Wirtschafts- und Innovationsleistung erreicht, mehr
Arbeitsplätze und höhere Einkommen geschaffen und letztlich auch ausreichend
Steuereinnahmen zu Finanzierung generiert werden sollen.“ Bitte zuhören, meine
Damen und Herren! „Fazit: Die in die öffentliche Diskussion eingebrachten
steuerlichen Vorschläge verkennen die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge und
würden nicht zukunftsfördernd, sondern vielmehr zukunftshemmend wirken. Sie
sind in der Krise das falsche Signal.“ – Dieser Meinung sind wir zu
100 Prozent auch! Das wäre dafür jetzt die Unzeit. Die Krise wird damit
nicht bekämpft, vielmehr wird dadurch der Weg aus der Krise erschwert. –
Lernen Sie Ihren Androsch, meine Damen und Herren! (Beifall der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Herr GR Strobl hat sich gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Friedrich Strobl (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Die anwesenden Gemeinderätinnen und
Gemeinderäte der Sozialdemokratischen
Fraktion weisen Schilder mit der Aufschrift „Wien ist Nummer 1 der Welt bei
Lebensqualität“ vor.)
Das ist der Lohn der Arbeit für
die Menschen und vor allem mit den Menschen in dieser Stadt, und darauf sollten
wir alle gemeinsam stolz sein! (Beifall bei der
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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