Gemeinderat,
46. Sitzung vom 29.04.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 113
Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege
Ellensohn! Für die Rede hätte Sie weiland Genosse Breschnew links und rechts
abgebusselt wie Erich Honecker! (Beifall bei der ÖVP.)
Das war Klassenkampf pur,
aber es war ja nichts anderes zu erwarten! (GR Dipl-Ing Martin Margulies:
Weil er die OeNB zitiert hat?) Sie behaupten, dass wir positioniert sind,
und ich meine, Sie sind auch eindeutig positioniert! Das ist ja in einem
politischen Spektrum okay! Man muss allerdings den Diskurs vernünftig,
unemotional und unaufgeregt führen. Ich werde Ihnen nachher zeigen, dass das
nämlich nicht immer der Fall ist!
Ganz kurz zu dem heute
vorgestellten neuen Konjunkturprogramm. Mein Kollege Aichinger wird sich damit
dann noch ein bisschen genauer auseinandersetzen. Ich glaube, Frau VBgmin
Brauner wird es schaffen, uns das Konjunkturprogramm mit diesen 700 Millionen
nächstes Jahr auch noch einmal neu zu verkaufen! Das zieht sich einstweilen ja
schon über mehrere Jahre! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine
Damen und Herren! Das war schon im letzten Budget im Herbst vergangenen Jahres.
Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen, und die Krise hat sich inzwischen massiv
verschlechtert. Alles, was der SPÖ einfällt, waren heute aber nur diese 200 Millionen
Wohnbauanleihen und 20 Millionen für die Exportförderung.
Ich sage Ihnen – und
da bin ich jetzt mit Herrn Kollegen Ellensohn sogar einer Meinung –: Das
wird zu wenig sein! Das ist in Wirklichkeit für die größte weltwirtschaftliche Krise
seit der Depression der 30er Jahre ein Tropfen auf den heißen Stein! Erkennen
Sie das, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei der ÖVP.)
Und jetzt rühmt man sich
noch, wie gut es uns in Wien im Vergleich mit den anderen Bundesländern doch geht! –
Dazu sage ich: No na net! Wien ist ja ein Bundesland, das nicht so stark von
der Industrie abhängig ist, sondern eher vom Dienstleistungssektor. Ich brauche
aber keine Glaskugel wie die Frau Vizebürgermeisterin, um Ihnen vorauszusagen,
dass wir im Dienstleistungssektor nach der Industrie und der
Exportwirtschaft, die heute schon genannt wurden, Probleme haben werden.
Ich meine, im Dienstleistungsbereich wird es mit den
Schwierigkeiten im Sommer beziehungsweise Herbst dieses Jahres als logische Konsequenz
der anderen Problemzonen losgehen. Und für diesen Bereich haben wir noch
überhaupt nichts getan, meine Damen und Herren! Es wäre vor allem nötig, dass
die Stadt Wien in diesem Bereich mehr Garantieren für Unternehmen übernimmt,
die keine Kredite mehr bekommen. Daran sind nicht die Unternehmer schuld.
Jeder, der aus der Praxis kommt, weiß das heute. Es ist extrem schwierig
geworden, Kredite zu bekommen!
Ich kann jedes Mal nur lachen, wenn ich höre, dass es
keine Kreditklemme gibt! – Es gibt diese nämlich, meine Damen und Herren!
Es gibt genügend Banken, die nicht einmal mehr bereit sind, ein
Neukundengeschäft zu machen, geschweige denn, dass sie von ihren bestehenden
Kunden immer mehr Sicherheiten und höhere Eigenkapitalerfordernisse abfragen.
Und das bringt die mittelständische Wirtschaft über kurz oder lang um. Das ist
so sicher wie das Amen in der Kirche, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Frau Vizebürgermeisterin hat gesagt, dass es eine
Bankenwoche gegeben hat, bei der maßgeschneiderte Finanzierungen und
Förderberatung angeboten wurden. – Von dieser Beratung hat der Unternehmer
allerdings nicht sehr viel, wenn er am Schluss keinen Kredit bekommt!
Noch ein Satz zu Brauner: Ihrem Appell, dass wir
gemeinsam vorgehen sollen, kann ich sehr viel abgewinnen. Ich glaube auch, dass
außergewöhnliche Krisen außergewöhnliche Maßnahmen erfordern! Vielleicht kann
sich die SPÖ einmal dazu durchringen, sich auch mit den Oppositionsparteien an einen Tisch zu setzen, damit wir gemeinsam
überlegen können, und zwar unaufgeregt und abseits von politischem
Kleingeldwechsel, was für diese Stadt das Beste ist. – Die Bereitschaft
unserer Fraktion dazu kann ich jederzeit anbieten!
Ich möchte mich in der
Folge ein bisschen mit der Debatte um die Vermögens- und Eigentumsbesteuerung
auseinandersetzen. Ich gebe zuerst einmal offen zu, dass ich überrascht bin,
wenn ich mir die Anträge, die am SPÖ-Parteitag gestellt wurden, und das
anschaue, was heute herausgekommen ist. Da muss ja irgendetwas innerparteilich
geschehen sein! Die Bezirksorganisation Döbling forderte die Einführung einer
umfassenden Vermögenssteuer. Bei der Meidlingern ist von Wertschöpfungsabgaben
und auch von der Vermögenssteuer die Rede, ganz zu schweigen von den
Forderungen der jungen Generation. Sie kennen das ja wesentlich besser als wir!
Und ich nehme nicht an, dass all diese Anträge abgelehnt wurden!
All das schlägt sich jedoch
im heutigen Antrag von Kollegen Strobl, Kollegin Wehsely und Herrn Lindenmayr
nicht nieder! Da ist auf einmal von einer Vermögenssteuer nicht mehr die
Rede. – Dafür gibt es natürlich mehrere Interpretationen!
Erste Erklärung: Der Herr
Bundeskanzler hat ein Machtwort gesprochen, was ja durchaus möglich ist.
Zweitens will ich Ihnen
auch zugestehen, dass es einen Lernprozess gegeben hat und Sie seit letztem
Samstag erkannt haben, dass die Vermögenssteuer doch nicht der richtige Weg
ist.
Dritte
Variante: Sie haben einmal nachgerechnet, was eine Vermögenssteuer für den
größten Hauseigentümer in dieser Republik, nämlich für die Stadt Wien,
eigentlich bedeuten könnte, wenn man etwa, Schulmeister gehorchend, von
0,5 Prozent vom tatsächlichen Verkehrswert und nicht vom Einheitswert
ausgeht. Rechnen wir einmal kurz gemeinsam im Kopf: Der Wert der Wiener
Gemeindewohnungen beläuft sich etwa auf eine Größenordnung von 150 oder 200
Milliarden. Mit 0,5 Prozent davon kommen wir schon an 1 Milliarde
heran, die das Wiener Budget und damit die Wienerinnen und Wiener in letzter
Konsequenz in ihrem Säckel treffen würde, meine Damen und Herren!
Grundsteuer der Vermögenssteuer gerade für die Gemeinde Wien ist
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