Gemeinderat,
46. Sitzung vom 29.04.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 113
TTTech geht in den Export. Das Unternehmen hat Büros in Kalifornien, in Deutschland, in Rumänien, in Japan, in Italien. Die offenen Märkte haben viele unserer Unternehmungen sehr erfolgreich gemacht. Viele haben sich auch nicht zuletzt Dank unserer Unterstützung in den letzten 15 Jahren erfolgreich internationalisiert. Aber natürlich, diese positiven Seiten der Internationalisierung bedeuten eine massive internationale Vernetzung, und jetzt gilt es, mit einer weltweit rapid veränderten Situation umzugehen, einer Situation, die für uns ganz neu ist und die uns vor neue Herausforderungen stellt.
Und so, wie dieses erwähnte Forschungsunternehmen
seine Chance nutzt, so gehen auch wir mit den Schwierigkeiten um, indem wir die
Herausforderung annehmen. Denken wir zurück: Im Sommer 2008 waren die Zeitungen
voll mit Fragen des Preisauftriebs bei den Energiemärkten, hohe Inflationsrate,
und manche haben sich gedacht: Na ja, da werden halt ein paar Immobilienspekulanten
auf die Nase fallen, das interessiert uns nicht. - Uns hat das interessiert!
Wien hat die Vorboten richtig gedeutet, und nicht deswegen, weil der Herr
Finanzdirektor und ich eine allwissende Glaskugel auf dem Tisch stehen haben,
nein, sondern weil diese Vorzeichen schon deutlich zu erkennen waren, und
deswegen haben wir nicht den Kopf in den Sand gesteckt, sondern haben Maßnahmen
gesetzt: Maßnahmen für die Arbeitsplätze, für die Wirtschaft, für die Klein-
und Mittelunternehmungen. Und das deswegen, weil wir wollen, dass die Menschen
sich auf uns verlassen können, dass sie uns vertrauen können. - Und das können
sie, gerade jetzt!
Wir haben deswegen schon beim Voranschlag 2009 eine
Rekordsumme - Sie wissen es - von 573 Millionen EUR zusätzlich an
nachfragewirksamen Ausgaben vorgesehen, und im zweiten Schritt, als sich die
Krise verschärft hat, noch einmal 100 Millionen EUR draufgelegt für
unser jetziges Konjunkturpaket, durch das fast 700 Millionen EUR
ausgegeben werden.
Und diese 700 Millionen EUR geben wir
wohlüberlegt aus, gezielt aus, eng abgestimmt mit den Partnern und
verantwortungsvoll. Denn eines hat überhaupt keinen Sinn, und ich habe ja schon
in der Öffentlichkeit einige dieser Kassandra-Rufe gehört: Es muss immer mehr
werden, man überbietet sich mit 200 Millionen, 500 Millionen,
1 Milliarde. - Sehr geehrte Damen und Herren, etwas wird nicht
funktionieren: Wenn man auf der einen Seite sagt, die Stadt soll noch sehr viel
mehr ausgeben, gleichzeitig darf sie aber keine neuen Einnahmen tätigen und
gleichzeitig darf man auch keine Schulden machen. Das, sehr geehrte Damen und
Herren, ist sogar einem Sechsjährigen beim DKT klar, dass das nicht
funktionieren kann! (Beifall bei der
SPÖ.)
Wir gehen einen anderen Weg. Wir schauen sehr genau:
wo sind Maßnahmen nötig?, und dort setzen wir sie. Wir achten sehr darauf, dass
die Stadt ihre gute Position als eine sehr stabile Stadt mit wenig Schulden
bestmöglich erhält. Wir schauen: was ist notwendig für die Wirtschaft?, was ist
notwendig für die Wiener und Wienerinnen?, und dort setzen wir die Maßnahmen -
ganz gezielt, ganz genau, ganz wohlüberlegt. Und wenn wir dafür Schulden machen
müssen, werden wir es tun - aber nicht als Selbstzweck, sondern immer genau
abgestimmt darauf, wo die Maßnahmen auch wirklich Sinn machen und wo die
Maßnahmen auch gezielt eingesetzt werden. Und ich denke, die Ergebnisse geben
uns recht, dass wir hier sehr erfolgreich unterwegs sind.
Aber natürlich, sehr geehrte Damen und Herren, sehen
wir, dass auch die Wirtschaftskrise Wien noch verstärkt erreicht. Wir haben
beim Tourismus zum Beispiel Rückgänge von 10 bis 15 Prozent. Gleichzeitig
muss man aber sagen, dieser Februar, in dem ein Minus von 15 Prozent zu
verzeichnen war, ist immer noch der zweitbeste Februar aller Zeiten! Auch hier
muss man also relativieren. Aber wir nehmen diese Vorzeichen und diese Zeichen
sehr, sehr ernst. Auch am Arbeitsmarkt: Wenn wir sehen, dass Wien bei der
Arbeitslosigkeit nur eine
Steigerung von 7 Prozent hat, während das restliche Österreich 28 Prozent
hat, dann nehmen wir trotzdem diese Steigerung ernst, denn jeder und jede
einzelne Arbeitslose ist einer/eine zu viel, und wir setzen entsprechende
Maßnahmen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir dürfen uns hier,
so sehr wir uns darüber freuen, dass sich Wien noch sehr gut hält, nicht
Illusionen machen. Denn wenn zum Beispiel in der VOEST 6 000 Menschen in
Kurzarbeit sind, dann hat das natürlich auch Auswirkungen auf Wien. Wien ist
hier nicht isoliert von der Welt, nicht isoliert vom restlichen Österreich, und
wir werden auch hier, sowohl am Arbeitsmarkt als auch in der Wirtschaft und
damit auch in den öffentlichen Haushalten, bemerken, dass wir diese Krise noch
verstärkt zu spüren bekommen. Wir haben das Ende der Fahnenstange noch nicht
erreicht.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir bekennen uns dazu,
dass es im Bund eine Steuerreform gegeben hat, die gerade auch von Wien immer
wieder eingefordert wurde. Und wir wissen natürlich, dass wirtschaftliche
Probleme sich auf die Einnahmen auswirken, und das wird natürlich auch für Wien
bedeuten, dass wir hier einen Rückgang an Einnahmen haben werden. Umso
wichtiger ist es, dass wir unsere Verwaltung immer verbessern und modernisieren
und effizienter gestalten. Und ich denke, gerade Wien hat da sehr gute Best-Practice-Modelle.
So konnten wir vor Kurzem unser SAP-Modell abschließen, wo wir ein Tool, ein
Instrument für eine effiziente Verwaltung in dieser Stadt eingesetzt haben, und
der Chef von SAP Österreich hat mir vor Kurzem erzählt, dass Wien hier Vorbild
ist und dass es keine andere Stadt gibt, die bei dieser Verwaltungsreform so
weit ist wie wir Wiener und Wienerinnen.
Etwas ist ebenfalls zu sagen, sehr
geehrte Damen und Herren, wenn wir jetzt über die Krise und über die Bewältigung
der Krise reden: Jawohl, wir stellen uns der Verantwortung, die wir haben, wir
stellen uns gegen die Krise, aber es kann nicht so sein, dass wir als Politiker
und Politikerinnen hier ein reines Räum- und Kehrkommando sind, frei nach dem
Motto: Wir räumen auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene die
Trümmer eines außer Rand und Band geratenen Finanzsystems
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