Gemeinderat,
45. Sitzung vom 26.03.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 106
oder reagieren Sie, Herr Bürgermeister, als Großkunde
für Kleinabnehmer? Haben Sie überhaupt die Absicht, dem Sinken der Strompreise
auf internationaler Ebene gerecht zu werden, die Kosten zu senken und Ihre
Mieter von überzogenen Gebühren zu befreien?
Mit den Gaspreisen verhält es sich kongruent. Seit
vergangenem Herbst sind die Importpreise für Gas um fast die Hälfte gefallen,
im April werden sie laut Berechnungen der E-Control nur noch 40 Prozent
des Wertes vom Oktober ausmachen. Bei der Erhöhung waren Sie rasch. Die
Senkung, die in Krisenzeiten eine spürbare Entlastung für die Bevölkerung wäre,
lässt hingegen auf sich warten, so sie denn überhaupt kommt!
Zu allem Überfluss müssen jetzt auch noch sozial
Schwache für Sie ein kostenloses Darlehen in der Form gewähren, dass beim
Auszug für Gas- und Stromleitungen je 5 000 bis 7 000 EUR
verlangt werden, bis die Wohnung weiter vermietet wird. Wissen Sie, was das
bedeutet? – Die Mieter des Gemeindebaus
verfügen nicht über solche Reserven, und einen Kredit in einer solchen Höhe
bekommen sie auch nicht. Sie holen sich von diesen Menschen ein zinsenloses
Darlehen für eine Leistung, die Sie als Vermieter betrifft! Das ist schäbig und
durch nichts zu rechtfertigen!
Inwieweit werden Sie noch zulassen, dass diesen Armen
buchstäblich die Daumenschraube im Sinn von „Zahlen oder Gehen“ angesetzt wird?
Besonders zimperlich geht man da wirklich nicht vor!
Bei den Betriebskosten ist außerdem auffällig, dass
es hier offensichtlich verschiedene Abrechnungsmodi gibt. Anders ist nämlich
wirklich nicht zu erklären, dass bei manchen größeren Bauvorhaben die Größen
der Gesamtanlagen jedes Jahr um einige Quadratmeter schwanken. Bei einem
Gebäude waren es jetzt 500.
Zu Konflikten im Gemeindebau kommt es auch auf Grund
des Waschküchenproblems, dass hausfremde Personen ihre Wäsche waschen lassen.
Das erhöht Strom-, Wasser- und Kanalgebühren. Zusätzlich lässt nicht
ordnungsgemäßer Sondermüll in der Form, dass Kühlschränke, Stühle, Kästen et
cetera einfach neben die Tonnen gestellt werden, die Entsorgungskosten um bis
zu 50 Prozent steigen. Dazu kommt noch Vandalismus innerhalb und außerhalb
der Wohnungen. Auch die Geduld der Mieter ist inzwischen am Ende, aber Sie
ziehen noch immer keine Konsequenzen. All jene, die damals mit dem
seinerzeitigen Stadtrat Werner Faymann in England waren, haben gesehen, dass
dort jene Mieter eines sozialen Wohnbaus, die sich vorbildlich verhalten, mit
Mietenzahlungen belohnt werden. Ich würde hier den umgekehrten Weg gehen, dass
nämlich all jene, die meinen, sich hier an keine Vorschrift halten und keine
Rücksicht nehmen zu müssen, ihrer Gemeindewohnung verlustig gehen sollen.
Wenn man auch noch bauliche Schäden wie etwa
Schimmelbildung in vielen Wohnungen im Gemeindebau in Betracht zieht, die
leider oft gar nicht oder nur sehr oberflächlich behandelt werden, dann ist daran
zu zweifeln, dass ein lebenswertes oder konfliktfreies Leben im Gemeindebau
möglich ist. Sie reagieren aber nicht einmal, wenn Kinder davon betroffen sind!
Mehr als unglücklich verlief
auch der Einsatz der Wiener Hausbetreuung. Zuerst wurde dem Chef, Herrn Jansky,
das Dienstauto entzogen, und jetzt musste er selbst den Hut nehmen. Auch
diesfalls brachten die Freiheitlichen die Missstände ins Rollen, und das
Kontrollamt hat die Vorwürfe bestätigt.
Nur wenn man ständig das Ohr am Bürger hat, ist man auch
für die Probleme sensibilisiert und kann sie aufdecken.
Meine Nachredner werden wiederum darauf verweisen,
wie hoch die Akzeptanz der Bewohner im Gemeindebau auf Grund der Umfrage zu
sein scheint. Ich aber muss Ihnen sagen: Wenn ein Haubenkoch zu einem Menü lädt
und anschließend die Gäste befragt, ob es ihnen geschmeckt hat, und die Antwort
„eher schon!“ bekommt, wie dies in erster Linie bei den Antworten der
Gemeindebaubewohner der Fall war, dann weiß der Haubenkoch, dass er versagt
hat. Und Sie wissen das auch!
Herr Bürgermeister! Sorgen Sie dafür, dass die Stadt
Wien Gemeindebauten nicht zwangsläufig errichtet, um international Anerkennung
zu bekommen und ständig mit neuen Projekten die öffentliche Aufmerksamkeit zu
erregen, sondern um möglichst vielen Wienern und Wienerinnen ein würdiges
Zuhause zu bieten. Engagieren Sie sich dafür, dass Jugendliche nicht in die
Obdachlosigkeit fallen, ältere Menschen so lange wie möglich nicht ihre
vertraute Umgebung verlassen müssen und dass diese und andere Bevölkerungsgruppen
wie etwa Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher ein großes Angebot an
finanziell verträglichen Wohnungen vorfinden und dort ein konfliktfreies Leben
genießen können! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Ich
danke für die Begründung.
Zur Beantwortung der
Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bürgermeister zu Wort gemeldet. Ich
erteile es ihm.
Bgm
Dr Michael Häupl: Sehr
geehrte Frau Gemeinderätin!
Sie werden verstehen, dass ich Ihre Fragestellungen
einfach ohne Kommentar beantworten werde und will.
Zu Frage 1: Der in der ersten Frage erwähnte
Anteil von 37 Prozent von BewohnerInnen mit Migrationshintergrund in
Gemeindebauten ist weder der Stadtverwaltung noch dem Herrn amtsführenden
Stadtrat für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung Dr Michael Ludwig bekannt
noch hat er diese Zahl jemals in der Öffentlichkeit genannt.
Ferner ist festzuhalten, dass
Wiener Wohnen keine Aufzeichnungen über den Geburtsort und das Geburtsland des
Wohnwerbers führt. Im Statistischen Jahrbuch der Stadt Wien 2008 wird der
Anteil der Wiener Bevölkerung mit Migrationshintergrund mit 32,1 Prozent
ausgewiesen. Nach der von der Stadt Wien in Auftrag gegebenen IFES-Studie
„Lebensqualität im Wiener Wohnbau“ vom Mai 2007 beträgt der Migrationsanteil
rund ein Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner der
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