Gemeinderat,
45. Sitzung vom 26.03.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 106
Meine Frage an Sie, Herr Bürgermeister: Die Wiener
Wahl rückt näher. Sie werden sich natürlich auch in sicherheitspolitischen
Fragen auf eine vernünftige Basis begeben müssen. Wann kommt das generelle
Bettelverbot für Wien?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte,
Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Völlig unabhängig
von den Wahlen sage ich Ihnen: Mit Sicherheit gar nicht, so lange ich hier Bürgermeister
bin! Denn das halte ich für menschenunwürdig. Man muss sehr genau
differenzieren: Dort, wo Recht gebrochen wird, ist einzuschreiten, dort, wo
ordnungspolitische Maßnahmen zu setzen sind, werden diese ordnungspolitischen
Maßnahmen gesetzt. Aber selbstverständlich ist auch dort zu helfen, wo Hilfe
benötigt wird.
Daher wird es ein generelles Bettelverbot aus meiner
Sicht nicht geben, denn dann werden wir auch jene Menschen, denen wir helfen
wollen, nicht erreichen können. Daher wird es genau diese Differenzierung
geben: Kriminalitätsbekämpfung, Ordnung einhalten und Hilfe für die Menschen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke,
Herr Bürgermeister für die Beantwortung der 3. Anfrage.
Die 4. Anfrage (FSP - 01212-2009/0001 -
KGR/GM) wurde von Frau GRin Mag Vassilakou gestellt und ist an
den Herrn amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau und
Stadterneuerung gerichtet. (Sehr geehrter Herr Stadtrat, der Rassismus
Report 2008 von ZARA ist soeben erschienen. Laut Aussage von ZARA kommen viele
Beschwerden wegen Rassismus im Bereich Wohnen/Nachbarschaftskonflikte aus
Wiener Gemeindebauten. Was werden Sie, Herr Stadtrat, über die bisher gesetzten
Schritte hinaus unternehmen, um diesen Missstand nachhaltig zu beheben?)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Sehr
geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Hoher
Gemeinderat!
Sehr geehrte Frau Klubvorsitzende GRin Vassilakou, in
Beantwortung der Frage über den Bericht des Vereins ZARA über Rassismus im
Wohnbereich möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen: Ich habe mir diesen Bericht
ebenfalls sehr genau angesehen, und in der Tat ist jeder Fall, der hier
dokumentiert wird, ein Fall zu viel. Es sind insgesamt 704 Vorfälle; insgesamt,
im gesamten Stadtgebiet und zum Teil sogar weit darüber hinaus.
Den Bereich Wohnen betreffen im Wesentlichen
14 Berichte. Ich möchte das vielleicht auch ein wenig aufschlüsseln, um zu
zeigen, dass diese 14 Berichte, die sich auf das Thema Wohnen
konzentrieren, hier auch ganz unterschiedliche Bereiche abdecken. Es sind drei
Berichte, die überhaupt nicht Wien betreffen, die zwar in Wien eingebracht
worden sind, aber unsere Stadt nicht betreffen, ein Bericht bezieht sich auf
eine Eigentumswohnung, ein Bericht auf ein Geschäftslokal, zwei Berichte stehen
im Zusammenhang mit Wohnungssuche am Privatmarkt, ein Bericht bezieht sich auf
einen Zweitwohnsitz, vier Berichte lassen sich nicht genau zuordnen, und zwei
Berichte beziehen sich mit Sicherheit auf Vorfälle, die in Wiener
Gemeindebauten stattgefunden haben. Das heißt, zwei Vorfälle sind wirklich als
Vorfälle in einem Gemeindebau zu deklarieren. Das ist, wenn man jetzt die Summe
der Wohnungen heranzieht – wir haben in Wien 220 000 Gemeindewohnungen,
und es wohnt fast eine halbe Million Menschen in diesen Gemeindebauten –, eine
Größenordnung, die zweifellos das Zitat von „vielen Beschwerden wegen Rassismus
im Gemeindebau" als nicht zutreffend oder zumindest nicht nachvollziehbar
erscheinen lässt. Wie gesagt, auch diese zwei Vorfälle sind zweifellos zu viel,
aber in Summe der gesamten Wohnungen und der Menschen, die hier leben, sehe ich
hier keine Besonderheit auch im Vergleich zu anderen Wohnbereichen.
Dennoch haben wir uns entschlossen in der Stadt Wien,
Maßnahmen zu setzen, insbesondere deshalb, weil wir nicht warten wollen, dass
es rassistische Konflikte gibt oder Konflikte, die einen rassistischen
Hintergrund haben, sondern weil wir auch eingreifen wollen, wenn wir den
Eindruck haben, dass es Nachbarschaftsauseinandersetzungen oder Diskussionen
gibt, die vielleicht auch einen interkulturellen Hintergrund haben. Das ist
auch der Grund, warum wir eine ganze Reihe von Einrichtungen geschaffen haben,
die sich mit dieser Frage ganz konkret auseinandersetzen.
Das ist zum Beispiel ein
interkultureller Mediatoren-Pool, den wir angeboten haben, der über die
Gebietsbetreuungen abgerufen werden kann und wo speziell ausgebildete
Mediatorinnen und Mediatoren sich mit Konflikten im Wohnbereich auseinandersetzen,
die möglicherweise oder mit Wahrscheinlichkeit auch einen interkulturellen
Hintergrund haben können. Das sind zum Teil ganz unterschiedliche
Themenstellungen, die oft im nachbarschaftlichen Zusammenleben virulent werden.
Das sind Themen wie zum Beispiel Lärmerregung, Musik beispielsweise, aber auch
die Frage, wie gekocht wird, welche Gerüche beispielsweise Nachbarinnen und
Nachbarn stören oder ärgern. Das sind aber natürlich auch
Generationenkonflikte, die oft auch über diese interkulturelle Schiene
abgewickelt werden.
Da ist der interkulturelle Mediatoren-Pool ganz
besonders kompetent, auch auf Grund der Ausbildung der Mitwirkenden, hier
einzugreifen. Es ist eine zusätzliche sprachliche Kompetenz, die sie
einbringen, aber natürlich auch viele soziale Kompetenzen, die hier gefragt
sind.
Ein weiterer wichtiger Bereich bei diesem Thema sind
natürlich die Gebietsbetreuungen im Bereich der städtischen Wohnhausanlagen,
die ich auch personell und finanziell verstärkt habe und wo ich jetzt vorhabe,
diese Struktur auch noch effizienter zu gestalten, sie auch in einem neuen
organisatorischen Zusammenwirken pointierter noch auf diese Fragen zugehen zu
lassen und sie auch mit weiteren finanziellen, materiellen und auch personellen
Möglichkeiten auszustatten.
Von daher denke ich, dass wir mit
dieser Frage sehr sensibel umgehen. Und wenn es auch quantitativ wenige
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