Gemeinderat,
43. Sitzung vom 29.01.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 70
prahlen –, wie viel Service man nicht macht und wie
viel nicht investiert wird.
Herr Hora! Frau Stadträtin! Ich denke, Sie sind, wie viele
hier im Saal, schon ein bisschen zu lange in der Politik, um den Blick für die
Realität noch zu bewahren. Ihre ständigen Jubelmeldungen und Schönredereien –
Herr Hora hat es ja gerade vorhin wieder auf die Spitze getrieben –, die schon
wieder eine Tariferhöhung rechtfertigen sollten, genügen nicht mehr, meine
Damen und Herren von den Sozialdemokraten. Glauben Sie nicht immer, die
Bevölkerung sei dumm. Glauben Sie das nicht. Und wenn Sie glauben, dass Sie
heuer eine Tariferhöhung machen und die Menschen, die Wienerinnen und Wiener im
nächsten Jahr das vergessen lassen könnten, dass Sie schon wieder eine
Tariferhöhung vollzogen haben, und zwar gerade in wirtschaftlich schlechten
Zeiten vollzogen haben, meine Damen und Herren, werden wir Grüne Sie daran erinnern. Das ganze
Jahr hindurch bis zu den Wahlen werden wir Sie daran erinnern, dass Sie die
Wienerinnen und Wiener nur abgezockt haben.
Zum Abschluss möchte ich der Finanzstadträtin mit
Nachdruck noch einmal einen Tipp geben, wo sie sich vielleicht das Geld
wirklich holen könnte. Ich weise nachdrücklich noch auf diesen
Rechnungshofbericht hin, meine Damen und Herren, wo es schwarz auf weiß steht.
Frau Finanzstadträtin, hier können Sie sich 9 Millionen EUR holen,
die durch Fehlverrechnungen an Mehrkosten entstanden sind, und nicht immer die
Wienerinnen und Wiener ausquetschen. Und wenn schon Stellungnahme, dann geben
Sie mir doch eine Stellungnahme – wir warten darauf –, wieso diese
Fehlverrechnungen zustande gekommen sind. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster am Wort ist Herr GR Dipl-Ing Stiftner.
GR Dipl-Ing Roman Stiftner
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt
Wien): Schönen guten Morgen, Frau
Vorsitzende! Sehr geehrten Damen und Herren!
Eines der großen Probleme
dieser Stadt sind die täglichen Verkehrsstaus, und mich wundert es ja, Herr GR
Hora, dass Sie hier heute wieder eine Jubelrede über die Wiener Linien halten,
so wie viele andere, aber es offensichtlich nicht schaffen, vermehrt die
Autofahrer auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu übertragen, zu transferieren.
(GR Karlheinz Hora: Immerhin 30 Prozent!) Es gelingt Ihnen schlicht
und einfach nicht, und das ist das Hauptproblem, das Sie mit Ihrer
Verkehrspolitik in dieser Stadt zu verantworten haben. (Beifall bei der ÖVP.
– GR Karlheinz Hora: Herr Kollege, Sie wissen auch warum!)
Ich weiß auch, warum.
Reden wir doch offen darüber, warum das so ist. Die Attraktivität der Wiener
Linien ist einfach nicht gegeben. (GR Christian Oxonitsch: Wieso kommt es
dann zu den gesteigerten Fahrgastzahlen?) Der Komfort entspricht nicht den
Anforderungen, die die Leute im dritten Jahrtausend haben, und die
Pünktlichkeit ist auch nicht dadurch zu verbessern, dass man irgendwo Taferl
hinhängt mit irgendwelchen Zahlen, die nichts mit einer Uhr zu tun haben,
sondern bestenfalls freundliche Hinweise sind. Und die Sauberkeit ist auch
nicht wirklich in der Form gegeben. Ich war vor Kurzem beruflich in Tokyo,
einer viel größeren Stadt, da ist eine andere Sauberkeit in öffentlichen
Verkehrsmitteln, auch in der Stoßzeit, gegeben. Fahren Sie einmal hin, schauen
Sie sich das einmal an, nehmen Sie sich ein Beispiel, dann hätten Sie auch die
Chance, dass mehr Autofahrer auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, sehr
geehrten Damen und Herren.
Das Angebot steht in
keinem Verhältnis zu den Kosten, die man als Unternehmen produziert, und es
steht auch in keinem Verhältnis zu dem, was Sie den Leuten in Form von
Ticket-Preisen verrechnen.
Ich habe Ihnen mit sehr
großer Präzision zugehört, Herr Kollege Hora. Sie haben die Tarife heute mit
keinem Wort in den Mund genommen. Das bedeutet implizit und damit schlüssig,
dass Sie damit heute bestätigt haben, dass Sie sehr wohl beabsichtigen, die
Tarife zu erhöhen. Und genau dann haben wir das Problem, dass noch weniger
umsteigen werden, und Sie haben die Verantwortung, dass diese gescheiterte
Verkehrspolitik dieser Stadt weiter fortgeschrieben wird, sehr geehrte Damen
und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Ist es nicht eigentlich
eine der primären Aufgaben einer Stadtregierung, für die Infrastruktur und
damit auch für die Verflüssigung des Verkehrs zu sorgen, damit alles in
geordneten Bahnen läuft? Ich glaube, das ist eine der wesentlichen Komponenten,
die Sie kaum schaffen. Sie machen nichts. Die Maxime Ihres Nichthandelns ist
Passivität. Die Autofahrer werden schon irgendwann einmal resignieren, wenn sie
lange genug im Stau stehen, wenn sie lange genug einen Parkplatz suchen.
Irgendwann einmal, so hoffen Sie, wird das funktionieren.
Nur, Sie sollten wissen,
dass dieses pädagogische Instrument nicht greift. Die Leute sind nur durch
positive Elemente zu motivieren und zum Umstieg zu motivieren. Nur dann, wenn
Sie die öffentlichen Verkehrsmittel attraktivieren, haben Sie eine Chance, dass
wirklich Leute umsteigen, aber nicht durch Schikanen, so wie Sie sie immer
beabsichtigen, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Dieses
Bürgervertreibungsprogramm, das Sie damit auslösen, nämlich dass die Leute dann
in vermeintlich ruhigere oder infrastrukturell besser aufgeschlossene Gebiete
an den Stadtrand oder letztendlich auch nach Niederösterreich übersiedeln, hat
den Nachteil, dass man natürlich wieder entsprechend Verkehr produziert, weil
sie wieder zurückfahren müssen. Und genau diesen Negativkreislauf fördern Sie
damit und haben damit das Problem, dass es gerade in den Außenbezirken ein
Verkehrschaos gibt. Ich komme aus einem Außenbezirk, ich lebe dort, ich weiß,
welchem täglichen Verkehrschaos man in allen Außenbezirken ausgesetzt ist, aber
speziell, wenn man sich den Süd- und Westgürtel anschaut – Penzing, Hietzing,
Liesing –, haben wir jeden Tag das Problem. Warum? Weil Sie keine Angebote
richten an jene, die einpendeln, und weil Sie es durch Ihre Zersiedelung
verursacht haben, dass die Menschen nach außen gehen.
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