Gemeinderat,
42. Sitzung vom 19.12.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 115
ersten Quartal 2008 noch stark war, sich im zweiten Quartal jedoch eine deutliche Abschwächung der Konjunktur zeigte. Saisonbereinigt sei die Bruttowertschöpfung im zweiten Quartal 2008 nur mehr um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen.
Pessimistisch sind auch die Einschätzungen der
Geschäftslage durch die Unternehmen. Nach Daten des WIFO-Konjunkturtests
rechnet man in einem Viertel der Unternehmen in den nächsten sechs
Monaten – und diese Daten stammen noch aus der Zeit vor dem Sommer
2008 – mit einer Verschlechterung der Geschäftslage, und nur weniger als
ein Zehntel der Unternehmer rechnen mit einer Verbesserung. Auch der Anteil der
Unternehmen mit unzureichenden Auftragsbeständen sei deutlich gestiegen und
liege über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre.
Das war der Stand bis
Sommerbeginn 2008. Im heutigen „Standard“ finden sich zwei Schlagzeilen. Die
erste lautet: „Kündigungen und Privatkonkurse steigen stark an. 82 000
Personen bei AMS vorangemeldet. 8 570 Privatkonkurse bedeuten
Rekordstand.“ Und die zweite Schlagzeile lautet: „Frühwarnsystem in Hochbetrieb,
Kurzarbeit-Liste wird immer länger.“ In diesem Artikel heißt es dann: „Die Zahl
der beim Frühwarnsystem ... angemeldeten Kündigungen steigt ...
rasant.“ Sie legte um 26 Prozent zu, hauptbetroffen sei der Bau. –
Ich zitiere weiter aus diesem Artikel: „In der Industrie dominiert vorerst noch
die Kurzarbeit ... Hier waren im November knapp 9 000 Beschäftigte
registriert, im Dezember und Jänner kommen laut AMS rund 7 000 dazu.“
Das WIFO befürchtet einen Anstieg der
Arbeitslosenzahl bis 2013 – also nicht in der nächsten Zeit – um bis
zu 100 000 Personen.
Das heißt mit anderen Worten: Es besteht
Handlungsbedarf! Diesen Handlungsbedarf hat ganz offensichtlich auch der
Bundeskanzler erkannt und in einem Fünf-Punkte-Programm zusammengefasst, in dem
ein Punkt lautet: „Teuerungsstopp in allen möglichen Bereichen der Länder und
des Bundes für die nächsten zwölf Monate". – Wie das geht, zeigt uns
etwa das Einfrieren der ÖBB-Fahrpreise für zwölf Monate.
Für einen Teuerungsstopp gibt es hier viele
Möglichkeiten, etwa im Zusammenhang mit den Kanalgebühren, den Wassergebühren,
der Müllentsorgung und so weiter. Auch die inflationsbedingte Erhöhung von
Mieten sollte durch eine Änderung des Mietrechtsgesetzes erschwert
werden. – Was hat jedoch die Stadt Wien diesbezüglich getan? – Sie
hat die Wassergebühren herabgesetzt, sie hat die Gasgebühren gesenkt,
allerdings – wie wir wissen – um einen Minimalbetrag gegenüber der
Erhöhung der letzten drei Jahre, die fast 50 Prozent betrug, während die
Senkung lediglich bei 10 Prozent liegt. Die Strompreise, die
Abwassergebühren und die Kosten für die Müllentsorgung wurden nicht gesenkt.
Und es war eine Alibiaktion, den Zins in den Gemeindebauten für zwei oder drei
Monate nicht zu erhöhen, denn mit Jahresbeginn kommen wieder Erhöhungen. –
Das heißt, die Empfehlungen des Bundeskanzlers wurden auch in diesem Punkt in
keiner Weise in Angriff genommen.
Ich möchte daher ganz allgemein noch dazu sagen: Eine
antizyklische Budgetpolitik wäre unseres Erachtens auch für Wien höchst
notwendig, gemäß welcher die Staatseinnahmen gesenkt und die Ausgaben erhöht
werden. Wie ich schon gesagt habe, wird Wien diesem Ziel jedoch nicht gerecht.
In meiner letzten Wortmeldung habe ich schon Zahlen genannt, ich werde sie
daher jetzt nicht wiederholen.
Wichtig zu erwähnen ist, dass das Budget
wirtschaftspolitisch falsch ist. In den wesentlichen Investitionsbereichen, in
denen Arbeitsplätze gesichert und neu geschaffen werden könnten – etwa
durch Investitionen in Wiener Wohnen, Wohnbauförderung oder in den U-Bahn-Bau –,
gibt es Abstriche und keine Zuwächse. Das ist klar erkennbar. Bei Wiener Wohnen
gibt es ein Minus von 41 Millionen, bei der Wohnbauförderung von
8 Millionen und beim U-Bahn-Bau von 40 Millionen. Die kommunale
Investitionsquote sinkt daher um 0,4 Punkte. Wirtschaftsförderung findet im
Großen und Ganzen nicht statt. Es werden praktisch nur Alibiaktionen mit
Kleinstbeträgen gesetzt.
Die angesprochenen Gespräche der Banken haben
offensichtlich gerade begonnen. Ich habe allerdings den Eindruck, dass sie keine
Ergebnisse gebracht haben. Die Art und Weise, wie Klein- und Mittelbetriebe in
Bezug auf die Zurverfügungstellung von Krediten behandelt werden, hat sich in
keiner Weise geändert. Basel II hatte seine Wirkung, aber auch die der SPÖ
nicht ferne stehenden Banken, von denen es in Wien genug gibt, haben
offensichtlich bisher nicht reagiert. Ob der neue Bittgang der Wiener Behörden
und der Wiener Politik der Sozialdemokraten in diesem Bereich bei den eigenen
Banken Wirkung erzielen wird, werden wir in Bälde hören.
Wir sind der Meinung, dass es, wenn Wien ein
Konjunkturpaket braucht, am Geld nicht liegen kann, da in den letzten Jahren
gewaltige Überschüsse erzielt wurden. Allein die Überschüsse aus den Wasser-,
Kanal- und Müllgebühren machen in zwei Jahren 270 Millionen EUR aus,
und der Gewinn von Wien Energie betrug in den letzten beiden Geschäftsjahren
179 Millionen. Damit kommen wir in einen Bereich von 500 bis
600 Millionen EUR, und davon gibt die Gemeinde Wien gerade
100 Millionen für ein Konjunkturprogramm aus, während sie sonst – wie
ich meine – nur durch einige Budgetverschiebungen ein Konjunkturprogramm
vortäuscht.
Das Konjunkturprogramm, das wir
vorschlagen, ist sehr weitgehend. Wir glauben, dass eine Sonderinvestition in
verschiedenen Bereichen Platz greifen sollte. Wir haben es schon vorgestellt,
ich nenne jetzt nur die Überschriften: Vorziehen des Schulsanierungsprogramms,
Beschleunigung des U-Bahn-Ausbaus, Investitionsoffensive in den Wiener
Spitälern, um den Investitionsrückstau bei den Spitälern zu beheben, weiters
eine Sanierungsoffensive 2009 in allen geförderten Wohnungskategorien. Auch StR
Ludwig hat in der letzten Sitzung des Wien Fonds klar gesagt, dass das der
richtige Weg wäre, weil man so die arbeitsplatzintensivsten Arbeiten
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