Gemeinderat,
40. Sitzung vom 26.11.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 46
Satz.
StRin Ing Isabella Leeb (fortsetzend):
... und zwar das Thema Bildung. Das ist das Thema, das uns eigentlich
allen am meisten am Herzen liegen sollte. Ich darf Ihnen versichern, ich werde
nicht nur kritisieren und Fragen stellen, sondern möchte hiermit alle Parteien
und Gestalter dieser Stadt einladen, mit mir gemeinsam die Punkte anzupacken,
die es zu verbessern gilt, um diese Stadt so lebens- und liebenswert zu
erhalten, wie die Wienerinnen und Wiener es auch verdienen. - Danke. (Beifall
bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als erster
Redner zum eigentlichen Geschäftsstück ist Herr Mag Gudenus gemeldet. - Bitte.
GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr
geehrte Frau Vorsitzende!
Zuerst einmal stehe ich nicht an, der neu gewählten
Stadträtin herzlich zu ihrer Wahl zu gratulieren. Ich möchte aber jetzt
trotzdem zu einer anderen Baustelle kommen, nämlich zur Baustelle Kultur.
Wir haben schon gestern - Herr Kollege Ebinger hat
das getan - das Thema Festwochen besprochen, und wir haben unsere negative
Haltung zum Thema Festwochen bekräftigt. Heute möchte ich im Rahmen des
Kulturschwerpunktes doch auch zu einem etwas anderen Bereich der Kultur kommen,
nämlich zu Wien als Musikhauptstadt. Es bleibt zu hoffen, dass Wien den Ruf als
Musikhauptstadt auch in Zukunft behalten wird.
Ich wage zu behaupten, dieser Ruf als Musikhauptstadt
ist in Gefahr, wenn man vor allem den Zustand der Musikschulen in Wien
betrachtet. Was die Musikerziehung hier in Wien angeht, rangiert Wien sowohl im
internationalen Vergleich als auch im Vergleich mit den anderen
österreichischen Bundesländern sehr, sehr weit hintennach und ist seit vielen
Jahren ins Hintertreffen geraten. Alle Bemühungen, Anträge und Bestrebungen in
diesem Bereich, sowohl von den Freiheitlichen als auch von den anderen
Oppositionsparteien, sind bisher fruchtlos geblieben.
Man braucht nur das Statistische Jahrbuch der
Musikschulen in Österreich zur Hand zu nehmen: Da stehen schon ganz klar und
mit objektivem Zahlenmaterial die Defizite im Musikschulbereich in Wien
bewiesen. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind groß und auch von
sehr, sehr nachhaltiger Wirkung vor allem in die Zukunft. Es steht in diesem
Statistischen Jahrbuch leider auch ganz klar geschrieben, dass Wien das
Schlusslicht im Vergleich mit den anderen Bundesländern ist. Da ist eben ein
enormer Aufholbedarf vorhanden.
Einige Beispiele: In Österreich gibt es rund
150 000 Musikschüler und insgesamt 6 700 Musikschullehrer in 416
Musikschulen. Allein Niederösterreich und Oberösterreich stellen mehr als die
Hälfte aller Musikschüler. In Niederösterreich gibt es rund 45 000
Musikschüler, in Oberösterreich 36 000 Musikschüler, aber in Wien
insgesamt nur 5 000 Musikschüler. Meine sehr geehrten Damen und Herren,
soll das wirklich ein Gütezeichen für die Musikhauptstadt Wien sein? Was für
Talente gehen eigentlich verloren, wenn man sich hier den Zustand der
Musikschulen anschaut, meine sehr geehrten Damen und Herren? Zum Beispiel in
Niederösterreich gibt es 168 Hauptanstalten, in Oberösterreich 65
Hauptanstalten, in der Steiermark 47 und in Wien gibt es nur 17 Musikschulen.
Das ist, glaube ich, einer Musikhauptstadt Wien, solange sie noch eine bleiben
wird, nicht würdig.
Erst gestern wurde seitens der roten
Mehrheitsfraktion ein Antrag meines Kollegen Wolf abgelehnt. Man sieht also,
dass hier anscheinend der Wille nicht vorhanden ist, auf diesem Gebiet tätig zu
werden. Es wäre aber durchaus wichtig.
Die Studie zeigt auch ganz dramatisch auf, dass in
Wien nur 10 von insgesamt 1 000 Schülern Musikschüler sind. Im Vergleich
dazu sind in Vorarlberg 95 von 1 000 Schülern Musikschüler, gefolgt von
Niederösterreich mit 87 und Oberösterreich mit 73. Allein an diesem Anteil
sieht man schon, dass hier einiges im Argen liegt. Das gilt auch für die
Öffnungszeiten. Da die meisten Musikschulen in Volksschulen angesiedelt sind,
sind sie nur von 14 bis 20 Uhr zugänglich und am Freitag überhaupt schon
ab 12 Uhr geschlossen. Man sieht also, es ist hier ganz, ganz wichtig,
eine dringliche und rasche Initiative seitens der Stadt Wien zu setzen.
Auch die weiteren Zahlen beweisen, dass hier
Handlungsbedarf besteht. Zum Beispiel werden 42 Prozent der Bewerberinnen
und Bewerber abgelehnt. Es gibt in Wien zur Zeit 700 Wartende, die allesamt
schon eine Aufnahmsprüfung bestanden haben, die aber vergeblich auf einen
Unterrichtsplatz warten. So kann es doch in der Musikhauptstadt Wien nicht
weitergehen, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Dazu kommen noch die Bestrebungen seitens des
Ressorts Laska, den Ausbau des Gruppenunterrichts zu fördern, obwohl Experten
immer wieder betonen, dass nur in Ausnahmefällen und nur auf Wunsch der Lehrer
aus pädagogischen Gründen ein Gruppenunterricht für die Förderung der Schüler
sinnvoll ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese seit
Jahren zutage getretenen Defizite und Mängel des Musikschulwesens in Wien
müssen so rasch wie möglich behoben werden, damit unsere Jugend das optimalste
Umfeld zur Entfaltung ihrer musikalischen Anlagen und Fähigkeiten hat und
vorfinden kann. Deswegen stelle ich gemeinsam mit Kollegen Ebinger folgenden
Beschlussantrag:
„Der Bürgermeister der Stadt Wien möge dafür Sorge
tragen, dass eine Sonderdotierung im Musikschulbereich sofort zur Verfügung
gestellt wird.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung dieses
Antrags an den Herrn Bürgermeister beantragt." (Beifall bei der FPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Zum Abschluss: Wir werden dieses Thema, weil es uns ein Herzensanliegen
ist, natürlich auch morgen im Landtag behandeln. Wir werden dort einen eigenen
Antrag einbringen, der auch die Förderung aktiver musischer
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