Gemeinderat,
38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 87 von 106
verzeihen, aber spätestens
im Jahr 2010 wird die Sozialdemokratie merken, dass die absolute Mehrheit weg
sein wird. (GRin Inge Zankl: Wann sind die 20 Minuten Redezeit um?) Die
GRÜNEN werden merken, dass sie auf den vierten Platz zurückgefallen sind. Und
die FPÖ wird mit Befriedigung zur Kenntnis nehmen, dass wir der SPÖ die
absolute Mehrheit abgejagt haben, dass wir mit großem Abstand wieder
zweitstärkste Partei in diesem Saal sein werden! - Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr StR Ellensohn hat sich gemeldet. - Bitte
schön.
StR David Ellensohn: Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine
Damen und Herren!
Ich hoffe, ich kann das
Meiste verdrängen, was ich hier gehört habe, aber ich werde es irgendwann
vergessen und dann brauche ich es nicht mehr verzeihen, weil ich mich nicht
mehr daran erinnern kann! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wir werden dem Aktenstück
sehr gerne zustimmen.
Ich spreche insofern zum
Geschäftsstück, als man sich natürlich auch zu Anträgen anderer Parteien äußern
darf. In dem Fall möchte ich das gerne tun, weil ich das nicht so im Protokoll
stehen lassen möchte. So einfach, wie das jetzt gesagt wurde, ist das nicht.
Ich möchte vor allem nicht, dass das so in einem Protokoll des Gemeinderats
stehen bleibt.
Aber nur in aller Kürze,
weil ich hier nicht eine größere Bühne als notwendig für diese Auswürfe der FPÖ
bieten möchte. Die GRÜNEN haben es nicht leicht mit Idolen. Es entspricht nicht
unserem Selbstverständnis, für uns muss es tatsächlich immer hinterfragt
werden. Führerprinzip sowieso keines, aber auch Idole werden stärker
hinterfragt. Wenn wir Diskussionen über Che Guevara führen, dann geht das
natürlich von diesem Mythos, der heute auch beschworen wurde, von dem großen
Verständnis dafür, hin zu einer tatsächlichen Bewertung. Die werden wir hier
aber nicht machen. Ich weiß nicht, ob es dem Herrn Mahdalik selbst darum geht,
aber es geht der FPÖ bei der Diskussion, die international geführt wird, eher
um die Demontage eines Mythos der Linken. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie
arbeiten selbst daran!) Das ist das Hauptproblem, weil das sind nicht
irgendwelche Menschen, die Ihnen am Herzen liegen, die in Kuba verstorben sind,
denn dann könnten Sie auch Gedenkminuten für alle abhalten, die vorher unter
Batista ermordet wurden.
Was ich auf gar keinen Fall
will, und deswegen habe ich mich in erster Linie gemeldet, ist, ich lasse mich
hier sicher nicht, wenn es um die Geschichte des 20. Jahrhunderts geht,
von der FPÖ belehren! Das gilt für alle Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts.
Das gilt insbesondere für die Jahrzehnte, über die Sie nicht gerne reden, gilt
aber auch für die 50er und 60er Jahre in Kuba. Die FPÖ erklärt mir nicht die
Geschichte des 20. Jahrhunderts, auch nicht den GRÜNEN. Das möchte ich
gerne hier festgehalten haben. (GR Mag Wolfgang Jung: Trotzdem sollte man es
irgendwann lernen!)
Eine noch abstrusere
Geschichte, die Sie heute ansprechen, habe ich jetzt beim Suchen gefunden, wenn
man es googelt, bei der NPD, bei den Nazis, die in Deutschland immer wieder zu
Wahlen antreten, leider manchmal auch mit Erfolg. Die treten mittlerweile auch
mit Palästinensertüchern und mit Che-Leibchen auf und sagen, das ist ein
nationaler Befreier. Die haben noch nicht einmal überrissen, dass das ein
Internationalist war, der von Argentinien gekommen ist, in Kuba, in Bolivien
und im Kongo versucht hat, für die Menschen die Bedingungen zu verbessern. All
das ist dort auch untergegangen. In eine ähnliche intelligente Höhe würde ich
den Vorschlag der FPÖ heute ungefähr stellen.
Wir werden diesem Antrag
selbstverständlich, logisch, wie immer man dazu sagen mag, ablehnen, das
Geschäftsstück aber gerne annehmen! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau
Berichterstatterin hat das Schlusswort.
Berichterstatterin GRin Mag
Sybille Straubinger: Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich möchte schon ganz kurz
etwas zu dem Projekt sagen, wo außer dem Titel jetzt nichts bekannt geworden
ist. Das, glaube ich, hat es sich nicht verdient, weil es ein sehr schönes
Projekt ist. „Verdrängen – Vergessen - Verzeihen" ist der Titel, ein Buch,
dass das Leben und die Erfahrungen von zehn jüdischen Persönlichkeiten aus Wien
dokumentiert, analysiert und reflektiert, wo Interviews mit diesen Menschen,
die allesamt Wien verlassen haben müssen - manche im Kindesalter, manche in der
Jugend, manche als Erwachsene -, geführt worden sind. Gleichzeitig dokumentiert
es auch zehn Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, die ihre Sicht auf diese
dunkelste Zeit der Geschichte beschreiben, die also sozusagen eine Brücke
zwischen denen schaffen, die das miterlebt haben und denen, die die übernächste
Generation sind und sich immer noch damit beschäftigen. Ich glaube, es ist ein
sehr schöner Beitrag zu diesem Gedenkjahr 2008.
Ich bitte um Zustimmung und
finde es persönlich sehr bedauerlich, dass die FPÖ aus unterschiedlichsten
Gründen oder auch aus keinen Gründen keinem einzigen dieser Posten und
Aktenstücke zustimmt, die sich mit einer kritischen Aufarbeitung beschäftigen.
Ich bitte aber zumindest die Mehrheit in diesem Saal um Zustimmung. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Wir kommen zur Abstimmung.
Wer von den Damen und Herren
für die Postnummer 26 ist, bitte um ein Zeichen der Zustimmung. -
Mehrstimmig, gegen die Stimmen der Freiheitlichen, beschlossen.
Wir können gleich den
Beschlussantrag der Freiheitlichen bezüglich der Zusatztafel am
Che-Guevara-Denkmal im Donaupark abstimmen. Die sofortige Abstimmung wurde
beantragt. Wer ist dafür? - Hat nicht die notwendige Mehrheit gefunden, SPÖ und
GRÜNE sind dagegen.
Es
gelangt die Postnummer 27 der Tagesordnung
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