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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 106

 

noch viel entscheidender ist – nach 22.38 Uhr wird es, vom neuen Fahrplan ausgehend, keinen Zug mehr geben. Und das ist natürlich angesichts der sich verändert habenden Lebenswelten und Arbeitswelten absurd! Es ist für viele Leute mit ihrem Zeitplan nicht vereinbar, dass man das Wiener Umfeld zumindest Richtung Westen nach 11 Uhr am Abend nicht mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann.

 

Der zweite Punkt, den ich mir im Bereich des Verkehrsdienstvertrags anzumerken erlaube, hat überhaupt mit den neuen Fahrplänen der ÖBB zu tun, und ich denke, wir sollten in den kommenden Wochen im Finanzausschuss auch über den bestehenden Verkehrsdienstvertrag mit den ÖBB einmal diskutieren. Es ist nämlich in Wirklichkeit inakzeptabel, dass entlang der S1 Richtung Gänserndorf und entlang der S2 Richtung Wolkersdorf mit dem neuen Fahrplan in der Hauptverkehrszeit Züge gestrichen werden. Schon jetzt sind die Züge in der Morgenspitze und in der Nachmittags- und Abendspitze durchgehend voll, insbesondere im Bereich Landstraße bis Floridsdorf beziehungsweise weiter nach Leopoldau. Und es ist wirklich realitätsfremd, jetzt noch eine weitere Reduktion von Zügen Richtung Gänserndorf und Richtung Wolkersdorf durchzuführen, vor allem auch angesichts der noch vor wenigen Wochen vorherrschenden Benzinpreise und auch angesichts der Tatsache, dass sich in dieser Zeit wirklich immer mehr Menschen damit angefreundet haben oder anfreunden mussten, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Ich verstehe wirklich nicht, dass in dieser Zeit eine Reduktion von Bahnverbindungen in der Hauptverkehrszeit vorgenommen wird! Das ist meines Erachtens vollkommen absurd, und die Gemeinde Wien sollte den bestehenden Verkehrsdienstvertrag diesbezüglich überdenken.

 

Wir werden diesem zustimmen, weil wir glauben, dass die Intervallverdichtung auf der S50, was eine langjährige Forderung meiner Kollegin Sigrid Pilz ist, in geringem Maße jetzt erfüllt ist. Wir werden weiter daran arbeiten, dass sich das noch verbessert, aber das ist zumindest ein erster Schritt.

 

Ich möchte jetzt noch zu einem anderen Punkt kommen, weil man meiner Meinung nach beim Verkehrsdienstvertrag und im Zusammenhang mit den ÖBB das Thema Cross Border Leasing kurz streifen kann. Ich habe bewusst heute in der Debatte um die Finanzkrise auch aus Zeitmangel nicht darüber gesprochen, weil mir da nur 20 Minuten zur Verfügung gestanden sind, und ich will das auch jetzt nicht in die Länge ziehen. Ich glaube jedoch, dass man vorsichtig sein muss, nach wie vor Cross-Border-Leasing-Geschäfte als hundertprozentig sichere Transaktion darzustellen, wenngleich die Stadt Wien glücklicherweise – wie ich dazu sage – in diesem Zusammenhang tatsächlich nicht so fahrlässig agiert hat wie die ÖBB. Die ÖBB haben nämlich die Mittel aus den Cross-Border-Leasing-Verträgen vereinnahmt und dann damit gezockt und verloren, und letztlich fehlen 600 Millionen EUR.

 

Bei der Stadt Wien ist es, abgesehen von Geldern, die bislang für Depotwechsel und ähnliche Sicherstellungen notwendig waren, noch nicht zu großen Ausfällen gekommen. Ich verhehle allerdings nicht, dass die Kritik an den Cross-Border-Leasing-Geschäften grundsätzlich aufrecht bleibt, dass es sich um Scheingeschäfte gehandelt hat. Man hat auf Grund der steuerlichen Situation in den USA die dortigen Steuerzahler den Vorteil für Wien bezahlen lassen. Jeder weiß, dass das Scheingeschäfte waren, und genau diese Zockermentalität hat jetzt auf den Finanzmärkten dazu geführt, dass nur mehr 1 Prozent Realwirtschaft ist und de facto 99 Prozent Finanzwirtschaft, wo mit Derivaten, mit ungesicherten Krediten und vielen Dingen gehandelt wird, die man sich bis vor Kurzem nicht einmal vorstellen konnte. Das ist dieselbe Mentalität, und wir haben schon damals vor dieser Mentalität gewarnt. Jetzt stehen wir vor einer Weltwirtschaftskrise.

 

Die Cross-Border-Leasing-Geschäfte werden noch gut 20 Jahre laufen. Unter anderem hat der Depotfinanzdienstleister AIG nach den ersten 75 Milliarden Dollar, die er von der US-Regierung zur Stützung erhalten hat, mittlerweile noch einmal 39 Milliarden Dollar gebraucht, und wer momentan auf die Seite von CNBC schaut, wird erkennen, dass AIG weiterhin in Schwierigkeiten ist.

 

Im Hinblick darauf stellen wir den Antrag, dass es sinnvoll ist, mit den Investoren wegen einer vorzeitigen Auflösung der bestehenden Cross-Border-Leasing-Geschäfte in Kontakt zu treten. – Ich gebe zu: Ich bin kein Feind des Geldes der Gemeinde Wien. Es gibt also Grenzen. Selbstverständlich können wir jetzt nicht Milliarden an Euro an Pönalzahlungen aufwenden. Aber ich denke, der Betrag, den wir aus den diesbezüglichen Barwertvorteilen aus diesen Scheingeschäften erhalten haben, könnte in etwa der Rahmenbetrag sein, bis zu dem die Gemeinde Wien auch Auflösungskosten in Kauf nehmen könnten. Man enthebt sich damit des Risikos, eine viel größere Summe für den Fall des Konkurses der Depot gebenden Banken aufwenden zu müssen.

 

Liebe Freundinnen und Freunde! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer von Ihnen glaubt denn tatsächlich heute noch daran, dass es wirklich so etwas wie hundertprozentig gegen Konkurs abgesicherte Einlagen gibt? – Ich hoffe – angesichts der gegenwärtigen Finanzmarktsituation – niemand! Denn gäbe es das tatsächlich, dann stünden wir momentan nicht an der Kippe zu einer Rezession und zu einer Weltwirtschaftskrise!

 

Damit wir das auch in Ruhe diskutieren können, fordern wir in diesem Antrag nicht die sofortige Abstimmung, sondern die Zuweisung an den Gemeinderatsauschuss für Finanzen, Wirtschaft und Wiener Stadtwerke. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster zu Wort gelangt GR Mag Gerstl. – Bitte.

 

GR Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Herr Berichterstatter!

 

Auch die Wiener Volkspartei hat im Verkehrsausschuss dem Verkehrsdienstvertrag zwischen den ÖBB und der Stadt Wien hinsichtlich Verstärkung der Linie

 

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