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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 30.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 106

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum Wort gemeldet ist Herr StR Herzog. - Bitte.

 

StR Johann Herzog: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Eingangs möchte ich nicht wieder die Debatte von vorhin aufleben lassen, aber ich stelle fest, dass wir namens unserer Fraktion klar sagen, dass wir die Feststellungen des Gemeinderatsvorsitzenden zur Kenntnis nehmen und die Ausgewogenheit für richtig finden.

 

Des Weiteren möchte ich feststellen, dass wir mit Interesse zur Kenntnis genommen haben, dass es Ehrenmitglieder bei der ATIB gibt und wer als solches genannt wurde. Das haben wir nicht gewusst, und deshalb sind wir für die Mitteilung des Herrn Al-Rawi durchaus dankbar.

 

Wir kommen nun zu unserer eigentlichen Tagesordnung, und ich darf feststellen, dass wir, was den Punkt 4 betrifft, natürlich eine Zustimmung der FPÖ abgeben - zu der Sache Aufstockung des Förderbudgets der departure wirtschaft, kunst und kultur GmbH, zur Förderung der zusätzlichen Netzwerk- und Cluster-Maßnahmen sowie zu diesem Punkt: Der Magistrat wird ermächtigt, den Wiener Wirtschaftsförderungsfonds mit der Abwicklung der zusätzlichen Netzwerk- und Cluster-Maßnahmen zu betrauen.

 

Allerdings ist das auch alles, was ich zum Punkt 4 als solchen sagen werde: jedenfalls Zustimmung der FPÖ. Gedacht ist ja, glaube ich, der heutige Punkt in erster Linie als eine Fortsetzung der Wirtschaftsdebatte oder der Debatte über Finanzprobleme, sozusagen eine Fortsetzung dessen, was in der Aktuellen Stunde angerissen wurde. Ich möchte auch dort fortfahren, wo ich aufgehört habe, nämlich schlicht und einfach bei der Frage der Cross-Border-Leasing-Angelegenheiten.

 

Dazu möchte ich sagen, dass wir ein Doppelproblem haben: Auf der einen Seite die Problematik der Cross-Border-Leasing-Konstruktion als solche, die in ihrer Gesamtheit und in ihrer Ausweitung, glaube ich, zumindest am Beginn der Beschlussfassungen nicht in dem Ausmaß bekannt war, zumindest mir nicht. Wir haben als FPÖ ja der Cross-Border-Lösung bei Wiener Linien/U-Bahn zugestimmt, da war ich selbst dabei. Wir haben lange Debatten geführt, wobei uns gegenüber von den Fachleuten, von den Juristen festgestellt wurde, dass mit dem Ablauf eines kurzen Zeitraumes zur Verankerung des Vertrages für die Stadt Wien keine weiteren Folgen außer einer gewissen finanziellen Lukrierung erfolgen werden.

 

Das ist aber offensichtlich eine zu milde Betrachtungsweise. Denn offensichtlich gibt es hier ein weitergehendes juristisches Leben, es gibt juristische Folgeformen, die sich auf Grund der Tatsache ergeben, dass die Verträge auf 99 Jahre abgeschlossen wurden und dass das, zumindest was den Rückkauf betrifft, 35 Jahre für Wien gegeben ist.

 

Des Weiteren ist ein Doppelproblem insofern gegeben, als sich zu diesen sowieso schwierigen Konstruktionen rund ums Cross Border Leasing noch die Frage hinsichtlich der Situation des Finanzdebakels, das sich abzeichnet, und der Finanzkrise in der ganzen Welt dazugesellt, womit die Frage zu stellen ist - und diese ist von der Finanzstadträtin zu beantworten -, ob die Grundlagen dieser Geschäfte, die da abgeschlossen wurden für die U-Bahn/Wiener Linien, für den Kanal und für das Rechenwerk der Stadt Wien, noch halten und vorhanden sind. Wir wissen das nicht. Die Bonität der einzelnen Institute in Amerika ist in Frage zu stellen. Die Versicherung AIG ist gerade gerettet worden; was andere betrifft, ist das so eine Frage.

 

Grundsätzlich ist festzustellen, dass durch Cross Border Leasing etwa die Fiktion von zwei steuerlichen Eigentümern oder Inhabern aufgestellt wird, die in ihrem Land eine gewisse Lukrierung von Steuervorteilen erreichen und sich damit sozusagen Vorteile verschaffen können. Die jeweiligen Kommunen in Europa bekommen in etwa bis 8 Prozent als Barwertvorteil dieser Gesamttransaktion ausbezahlt. Wir wissen leider nicht, wie hoch in Wien diese Summen wirklich gewesen sind; sie wurden zumindest uns - auch damals, als ich im Ausschuss war - nicht mitgeteilt.

 

Aber jetzt kommen wir zu all den Fragen, die offen sind, insbesondere der Frage, welche Folgerungen daraus zu ziehen sind. Im Jahr 2004 wurden in den USA die Verträge verboten, die Steuergesetze wurden geändert, und es wurde festgestellt, dass das in den Vereinigten Staaten als missbräuchliche Steuerumgehung zu gelten hat. Das wäre noch zu verkraften gewesen, weil es nicht rückwirkend gedacht war. Aber im Jahr 2005 ist es sehr wohl dazu gekommen, dass die amerikanische Finanzverwaltung festgestellt hat: Diese missbräuchliche Steuerumgehung ist auch für in Vergangenheit stehende Verträge in Geltung.

 

Daher ist die Frage zu stellen, ob die abgeschlossenen Geschäfte noch lukriert werden können oder was die Folge sein wird. Wie schaut das in Bezug auf Wien aus? Hier ist ebenfalls die Klärung durch die Finanzstadträtin eine absolute Notwendigkeit.

 

Vielleicht müssen wir also rückblickend sagen, dass dieser Weg des Cross Border Leasings - nicht nur in Wien, nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa - ein gemeinsam europäischer Irrweg gewesen ist, der in seinen Konfliktdimensionen wahrscheinlich gar nicht richtig durchgedacht wurde. Die Zeiträume von 100 Jahren Vertragslaufzeit für den amerikanischen Partner und von 35 Jahren für den Rückkauf sind nämlich Zeiträume, die gewaltig sind. Wenn man im Jahr 2003 zum Beispiel eine Kanalisation in so einen Cross-Border-Leasing-Vertrag eingebracht hat, dann ist eben festzustellen, dass für Wien die Bindung bis 2038 gilt. Wir haben jetzt, im Jahr 2008, eine Finanzkrise sondergleichen, und die Frage ist, wie sich das in Zukunft auswirken wird.

 

Diese Frage ist dann die nächste: Müssen die Investitionen von Wien gemacht werden? Die Anlagen, so wie sie vertraglich mit den Amerikanern abgeschlossen wurden, sind zum festgelegten Zweck im gesamten Zeitraum aufrechtzuerhalten, und bei Veränderungen oder sonstigen Dingen sind Schadenersatzforderungen gegen die

 

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